Angst beherrscht die Menschen in Palästina - in Gaza vor Luftangriffen, in Sderot vor Raketen der Hamas. Bilder zum Thema

Sderot/Gaza. Panzerkolonnen an der Grenze zum Gazastreifen: Die israelische Armee hat ihre Vorbereitungen für eine Bodenoffensive abgeschlossen. Derweil fliegt die Luftwaffe noch immer Angriffe auf Stellungen, Gebäude und Einrichtungen der radikalislamischen Hamas. Rund 370 Tote gibt es inzwischen auf palästinensischer Seite.

Die israelische Grenzstadt Sderot gleicht derweil einer Geisterstadt. Wegen der Raketenangriffe militanter Palästinenser aus dem Gazastreifen haben die Behörden die Bevölkerung aufgefordert, zu Hause zu bleiben.

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Morgens um 08.09 Uhr gibt es zweimal hintereinander einen dumpfen Knall. Irgendwo in der Nähe von Sderot sind zwei Mörsergranaten oder Raketen im Boden eingeschlagen. Die Vorwarnung hat dieses Mal versagt. Aber selbst wenn die Warnung "Code rot" aus den Straßenlautsprechern ertönt, bleiben nur 15 Sekunden, um sich in Sicherheit zu bringen. Weil niemand weiß, wann und wo eine Rakete einschlägt, wird das Überleben in Sderot zum russischen Roulette.

Auf der Polizeistation in der Herzl-Straße gibt ein Polizist ein kurzes Überlebenstraining: "Ganz flach auf den Boden legen. Bloß nicht in die Hocke gehen, sonst können dich Schrapnelle treffen. Wenn man zu Hause ist, im Treppenflur Schutz suchen. Auf jeden Fall weg von den Fenstern." In einem langen, mehrstöckigen Regal auf dem Hof der Polizeistation sind die Überreste von Dutzenden Raketen gestapelt - alle vom Dezember. Jede militante Palästinenserorganisation hat einen eigenen Namen für ihre Raketen. Die Hamas feuert die "al-Kassam", der Islamische Dschihad die "al-Quds" und die Volkswiderstandsgruppen die "al-Nasr". Alle Raketen haben eines gemeinsam: Sie sind rund 1,60 Meter lang und mit sechs Kilo Sprengstoff gefüllt. Um möglichst viele Israelis in den Tod zu reißen, haben die Raketenbauer noch Muttern, Bolzen oder Schrauben beigefügt.

"Die Menschen hier sind nur noch Nervenwracks", sagt Andy David, der Vizesprecher des israelischen Außenministeriums, der seinen Arbeitsplatz nach Sderot verlagert hat. "Einige haben sich völlig verschlossen. Andere können nicht mehr weinen. Andere sind wie Puppen. Man sieht keinerlei Emotionen mehr."

10 046 Raketen sind nach Zählung einer Bürgerinitiative in den vergangenen acht Jahren in Sderot und Umgebung eingeschlagen. Die Unterstützung der Einwohner für die israelische Militäroffensive im Gazastreifen, mit der die Raketenangriffe nach Armeeangaben auf ein Minimum reduziert werden sollen, ist groß. Ministerpräsident Ehud Olmert sagte, dass sich die Offensive noch in "der ersten Phase" befinde. Das Sicherheitskabinett habe bereits grünes Licht für mehrere noch folgende Phasen.

Der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak formulierte drei Ziele der Militäroffensive. Danach will Israel der Hamas einen schweren Schlag versetzen, die Situation im Gazastreifen grundlegend verändern und einen Stopp der Raketenangriffe auf Israel bewirken.

Bei den israelischen Luftangriffen wurde auch ein Haus von Deutschen in der Stadt Gaza weitgehend zerstört. Die langjährige Leiterin der Außenstelle Gaza der deutschen Vertretung, Anke Abu Sitta und ihr Mann, der ARD-Mitarbeiter Fawaz Abu Sitta, überlebten das Bombardement im Keller ihres Hauses, wie der Leiter des ARD-Hörfunkstudios in Tel Aviv, Clemens Verenkotte, mitteilte.

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