Deutschland und Katar wollen bei der Eindämmung der Gewalt in Syrien eng zusammenarbeiten. Golfstaaten: Friedensplan Annans steht auf der Kippe.

Dschidda/Doha/Damaskus. Während die Kämpfe zwischen Regimetruppen und Gegnern immer heftiger werden, streitet die Staatengemeinschaft weiter über einen Weg aus der tiefen Krise. Angesichts der Eskalation in Syrien mehren sich die Zweifel am Friedensplan des internationalen Gesandten Kofi Annan. Deutschland und Katar sind sich derweil einig: Die beiden Länder wollen bei der Eindämmung der Gewalt in Syrien eng zusammenarbeiten. Entsprechende Verabredungen traf Außenminister Guido Westerwelle (FDP) bei seinen politischen Gesprächen am Dienstag in der katarischen Hauptstadt Doha. Derweil rüstet die Opposition in Syrien massiv auf.

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Beide Seiten seien sich einig gewesen, dass der Druck auf das Assad-Regime weiter erhöht werden müsse, hieß es aus Delegationskreisen. Katar ist zwar nur halb so groß wie Hessen, der Golfstaat ist diplomatisch allerdings sehr aktiv und spielt eine wichtige Rolle in der Arabischen Liga. Bei Westerwelles jeweils fast einstündigen Treffen mit dem katarischen Emir Hamad bin Chalifa al Thani und Außenminister Scheich Hamad bin Jassim bin Dschabor el Thani sei deutlich geworden, dass sich Deutschland und Katar in der internationalen Gemeinschaft für eine politische Lösung und einen friedlichen Übergang in Syrien einsetzten, hieß es aus Teilnehmerkreisen.

Im Gespräch mit dem Nachrichtensender Al Dschasira sagte Westerwelle, die internationale Gemeinschaft müsse sich „mit Nachdruck hinter den Friedensplan von Kofi Annan stellen“. Gemeinsam sollte darüber nachgedacht werden, ob der Druck durch eine sanktionsbewehrte Resolution nach Kapitel VII der Uno-Charta erhöht werden könnte. Dies sei „ausdrücklich keine Militärintervention“, sagte Westerwelle, der sich offensichtlich auf Sanktionen gemäß Artikel 41 bezog. Diese sehen keine militärische Gewalt vor, jene unter Artikel 42 erlauben den Einsatz von Truppen zu Land, zu Wasser und in der Luft.

Westerwelle war am Montagabend in Doha, der ersten Station seiner insgesamt fünftägigen Nahost-Reise eingetroffen. Der Minister erklärte, er könne die Golfstaaten gut verstehen, wenn diese noch mehr Druck auf das Assad-Regime forderten. „Ich halte das für ein berechtigtes Anliegen. Ein Anliegen, das wir selber auch teilen.“ Die am Dienstag von Damaskus bekannt gegebene Ausweisung westlicher Botschafter bezeichnete Westerwelle als „weiteren Beitrag zur Selbstisolierung des Regimes“. Aus Protest gegen das harte Vorgehen der Regierung in Damaskus gegen die eigene Bevölkerung sowie gegen das Massaker von Hula haben zahlreiche Länder, auch Deutschland, Ende Mai syrische Diplomaten ausgewiesen. Syrien erklärte nun seinerseits 17 Diplomaten des Westens zu unerwünschten Personen.

Russland und China beschwören weiter politische Lösung

Der saudiarabische Außenminister Saud al-Faisal erklärte am Dienstag, die Golfstaaten verlören langsam den Glauben an den Friedensplan Annans. Insbesondere Russland und China beschworen dagegen eine rein politische Lösung. Am Vortag hatte Annans Sprecher eingeräumt, dass Syrien in einen Bürgerkrieg abgeglitten sein könnte.

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Al-Faisal sprach in Dschidda nach einem Treffen des Golfkooperationsrates. „Wir verlieren den Glauben an die Möglichkeit, innerhalb dieses Rahmens zu einer Lösung zu kommen“, sagte er über den Friedensplan. Der Uno-Sicherheitsrat stehe in der Pflicht, die „notwendigen Schritte“ zu unternehmen, um die sofortige Anwendung des Plans sicherzustellen. Im Rat haben Russland und China bislang weitergehende Schritte gegen die Regierung von Syriens Präsident Baschar al-Assad verhindert. Auch am Dienstag riefen Russlands Präsident Wladimir Putin und sein chinesischer Kollege Hu Jintao dazu auf, an der politischen Lösung festzuhalten.

Die Aufständischen hatten den Friedensplan am Montag aufgekündigt und dabei auf ununterbrochene Angriffe der Regierungstruppen verwiesen. Der Plan sieht unter anderem eine Waffenruhe vor, die seit 12. April gelten sollte, aber seither wiederholt gebrochen wurde. Für die Verletzung der Waffenruhe hatten sich beide Seiten gegenseitig verantwortlich gemacht.

Annan versucht im Auftrag der Uno und der Arabischen Liga in dem Konflikt zu vermitteln, bei dem schätzungsweise mehr als 10.000 Menschen getötet wurden. Inzwischen sind 300 Uno-Beobachter in Syrien im Einsatz. Die überwiegend sunnitischen Golf-Staaten haben sich für eine Ablösung Assads ausgesprochen, während die Regierung in Damaskus mit dem schiitischen Iran verbündet ist.

Heftige Kämpfe in Latakia

Die Kämpfe in Latakia erstreckten sich derweil auf mehrere Städte und Dörfer. „Es sind die schlimmsten Zusammenstöße in der Gegend seit Beginn des Aufstands“, sagte Rami Abdelrahman, Chef der Syrischen Beobachterstelle für Menschenrechte. Die Kämpfe dauerten über mehrere Stunden an. Mindestens acht Kämpfer und bis zu 20 Soldaten seien getötet worden. Die Regierungstruppen hätten Kampfhubschrauber eingesetzt. Mindestens fünf Panzer sowie Panzerfahrzeuge seien zerstört worden, sagte Abdelrahman. In der Provinz war es bislang vergleichsweise ruhig geblieben. Auch aus Homs wurden neue Kämpfe gemeldet.

Inzwischen brauchen mindestens eine Million Menschen in Syrien dringend Hilfe. Die Vereinten Nationen haben jedoch Schwierigkeiten, die notleidenden Menschen in dem Land zu erreichen. Syrien habe sich nun bereit erklärt, eine Ausweitung des Hilfseinsatzes zuzulassen, sagte ein Uno-Vertreter in Genf. Wegen der anhaltenden Gewalt flüchteten allein in den ersten Juni-Tagen fast 2700 Syrier in die Türkei, wie das Nachbarland mitteilte. Bewohner aus Grenzdörfern berichteten, die Regierungstruppen hätten Gehölze angezündet, um möglicherweise dort versteckte Rebellen zu vertreiben. Die meisten Flüchtlinge hätten sich nach Hatay im Südosten der Türkei gerettet. In dem Land campieren mittlerweile fast 27.000 Syrer.

Aus Protest gegen das harte Vorgehen der Regierung in Damaskus gegen die eigene Bevölkerung sowie gegen das Massaker von Hula haben zahlreiche Länder, auch Deutschland, Ende Mai syrische Diplomaten ausgewiesen. Syrien erklärte nun seinerseits 17 Diplomaten des Westens zu unerwünschten Personen.

Mit Material von dpa/rtr/dapd