Bei der Vorstellung des neuen französischen Regierungsteams gab es kaum Überraschungen. François Hollande setzt überwiegend auf Bewährtes.

Paris. Studienfreunde, Weggefährten, Bündnispartner: Mit einer penibel austarierten 34-köpfigen Regierungsmannschaft geht der neue französische Präsident François Hollande an den Start. Er hatte bereits vor seiner Wahl angekündigt, dass ihr mindestens ebenso viele Frauen wie Männer angehören sollten – es sind in der Tat je 17. Zudem galt es, bei der schwierigen Regierungsbildung Solidarität und Unterstützung aus Wahlkampftagen zu belohnen und die Schwergewichte in die Regierungsarbeit einzubinden. Damit verengte sich der Kreis der möglichen Anwärter für einen Ministerposten deutlich.

Auch wenn hinter verschlossenen Türen bis in den Abend gefeilscht wurde: Die Bekanntgabe der Kabinetts-Zusammensetzung barg am Mittwoch kaum noch Überraschungen. Die meisten Mitglieder waren seit Tagen bekannt. Vor allem politische „Veteranen“ wie der frühere Premierminister Laurent Fabius wurden immer wieder genannt. Er hatte im Wahlkampf für den Kandidaten Hollande im Ausland Stimmung zu machen versucht und wurde nun folgerichtig mit dem prestigeträchtigen Posten des Außenministers belohnt.

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Auch Pierre Moscovici zählte zu diesen „Veteranen“ – der frühere Wahlkampfleiter ist einer von Hollandes ganz engen Vertrauten. Er erhielt mit dem Wirtschafts- und Finanzministerium eines der Schlüsselressorts. In die Kategorie der „Veteranen“ fällt auch der neue Arbeitsminister Michel Sapin fällt. Der stets freundlich lächelnde Brillenträger ist wie auch der neue Élysée-Generalsekretär Pierre-René Lemas ein ehemaliger Studienfreund des Präsidenten. Aus seiner Abschlussklasse stammt auch Kabinettschefin Sylvie Hubac.

Vor allem der neue Arbeitsminister Michel Sapin ist ein Weggefährte aus alten Tagen, der zuvor schon Wirtschaftsminister war und in schwierigen Zeiten Erfahrung mitbringt. Denn die Euro-Krise und ihre Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt wird die Regierungszeit Hollandes prägen. Zudem ist der Mann an der Spitze der neuen Regierungsmannschaft, Jean-Marc Ayrault, zwar als effizient bekannt, hat aber im Regierungsgeschäft kaum Erfahrung. Denn der bereits am Vortag ernannte Premierminister ist anders als viele der neuen Gesichter in Hollandes Regierung kein Zögling einer der klassischen Elite-Schulen, sondern ein ehemaliger Deutschlehrer.

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Der Mann mit dem akkuraten Scheitel – der mit seinem diskreten Auftreten dem konservativen Vorgänger François Fillon vom Wesen nicht unähnlich ist – gilt in doppelter Hinsicht als strategisch wichtige Besetzung. Dem pragmatischen Ayrault mit seinen Deutschlandkenntnissen und seinem Netzwerk kommt zum einen in den ebenso wichtigen wie schwierigen Verhandlungen mit Berlin eine wichtige Rolle zu. Zum anderen war seine Ernennung parteipolitisch ein Signal. Denn der langjährige Fraktionschef der Sozialisten in der Pariser Nationalversammlung gilt als moderate Alternative zu der im linken Parteiflügel verankerten Sozialistenchefin Martine Aubry.

Es gilt als offenes Geheimnis, dass sie und Hollande einander nicht besonders herzlich zugetan sind. Aubry (61) ist seine direkte Nachfolgerin. Sie hatte im Vorjahr noch gegen Hollande um die Präsidentschaftskandidatur der Parti Socialiste (PS) gekämpft, bei offenen Vorwahlen aber den Kürzeren gezogen. In der Partei steht die bodenständige Politikerin für den Gewerkschaftsflügel. Ayrault dagegen gilt als Mann des Ausgleichs.

Ein anderes Kabinettsmitglied ist einer parteipolitischen Absprache geschuldet: die grüne Spitzenpolitikerin Cécile Duflot. Sie wird künftig nicht das Ressort leiten, das ihrer Partei am meisten am Herzen lag – das Umweltministerium -, sondern wird Wohnungsministerin. Die erste Amtshandlung des neuen Kabinetts an diesem Donnerstag wird die Umsetzung eines weiteren Wahlkampfversprechens von Hollande sein: die Regierung wird die eigenen Gehälter um 30 Prozent senken. (dpa/abendblatt.de)