Nach Abkommen mit Brasilien und der Türkei soll schwach angereichertes Uran im Ausland aufbereitet werden. Teheran will Gespräche mit Uno

Hamburg/Teheran. Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu preschte am weitesten vor und erklärte rundheraus, nunmehr seien neue Sanktionen gegen den Iran hinfällig. Zuvor hatte der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad mit seinem brasilianischen Amtskollegen Luiz Inácio da Silva und dem türkischen Regierungschef Recep Tayyip Erdogan ein Abkommen unterzeichnet, das in Teheran als Entgegenkommen Irans im Atomstreit mit der internationalen Staatengemeinschaft gewertet wurde. "Es wurde ein Abkommen mit der Türkei und Brasilien unterzeichnet, nach dem 1200 Kilogramm niedrig angereichertes Uran aus dem Iran so lange auf türkischem Boden aufbewahrt werden, bis der Brennstoff für den Reaktor in Teheran eintrifft", erklärte der iranische Außenamtssprecher Ramin Mehmanparast. Es handelt sich dabei um einen medizinischen Forschungsreaktor. Iran werde die internationale Atomenergiebehörde IAEA darüber informieren. Falls mit der IAEA sowie mit den USA, Frankreich und Russland eine Einigung erzielt werden könne, könnte das niedrig angereicherte Uran innerhalb eines Monats aus dem Iran in die Türkei gebracht werden, sagte Mehmanparast. Brasilien und die Türkei sind derzeit nicht Ständige Mitglieder des Uno-Sicherheitsrates. Das höchste Gremium der Vereinten Nationen steht im Begriff, neue, verschärfte Sanktionen gegen den Iran zu verhängen. Teheran ist Unterzeichner des Atomwaffensperrvertrages, steht aber im Verdacht, an Nuklearwaffen zu arbeiten. Das Mullah-Regime hat in den vergangenen Monaten eingeräumt, wesentliche Bestandteile seines Atomprogramms der Uno vorenthalten zu haben. Der Sicherheitsrat hat einen Stopp des Atomprogramms verlangt. Die IAEA hatte vorgeschlagen, dass der Iran sein schwach angereichertes Uran im Ausland höher anreichern lässt - um sicherzustellen, dass es nicht für Waffen verwendet wird. Teheran hatte sich bislang dagegen gewehrt.

Angesichts der Einigung von Teheran rief der iranische Staatspräsident Mahmud Ahmadinedschad die Ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates sowie Deutschland dazu auf, die festgefahrenen Verhandlungen über Irans Atomprogramm wieder aufzunehmen. Nach der Unterzeichnung des Vertrages sei es nun Zeit für Gespräche, die auf "Ehrlichkeit, Gerechtigkeit und gegenseitigem Respekt basieren", sagte Ahmadinedschad. Im Westen wurden allerdings Zweifel laut - vor allem nachdem Außenamtssprecher Mehmanparast hinzufügte, auch nach der Einigung werde der Iran künftig radioaktives Material anreichern. "Der Iran wird die Produktion von 20 Prozent angereicherten Urans auf seinem Territorium fortsetzen", sagte der Sprecher. Teheran wird verdächtigt, insgeheim Uran auf waffenfähige Qualität - also auf mehr als 90 Prozent - anreichern zu wollen.

Die Bundesregierung in Berlin reagierte zurückhaltend bezüglich des Teheraner Abkommens. Der "springende Punkt" sei, ob der Iran die Urananreicherung im Land selbst suspendiere", sagte der Sprecher des Außenministeriums, Andreas Peschke. Er fügte hinzu, weiterhin sei "Transparenz über die Natur des Atomprogramms erforderlich".

In Brüssel sagte ein an den Verhandlungen mit Teheran beteiligter EU-Diplomat, das Abkommen könne allenfalls dann als Durchbruch bezeichnet werden, wenn es auf den Uno-Forderungen vom vergangenen Jahr beruhe. "Dann ist das wunderbar. Aber wenn das irgendein neuer Vorschlag ist, der in eine andere Richtung geht, dann würde das wie eine Verzögerungstaktik aussehen." EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy sagte am Rand eines EU-Lateinamerika-Gipfels in Madrid, die Hauptbesorgnis gelte nicht dem Uran für Forschungsreaktoren, sondern dem Atomprogramm selber. Der Iran habe seit sieben Monaten dabei versagt, die Bedenken gegen seine wahren Ambitionen auszuräumen.

Israels Handelsminister Benjamin Ben-Elieser sagt: "Die Frage ist, ob Ahmadinedschad nicht wieder die ganze Welt an der Nase herumführt." Bislang habe der iranische Präsident gegen alle Vereinbarungen verstoßen. "Und jeden Tag schreitet er näher in Richtung Atombombe." Das iranische Atomprogramm betrifft Israel in besonderer Weise, da Ahmadinedschad sich dafür ausgesprochen hat, den jüdischen Staat von der Landkarte zu tilgen. In Israel, das vermutlich selbst Atommacht ist, wurde dies als Vernichtungsdrohung empfunden. US-Außenministerin Hillary Clinton hatte vorausgesagt, dass die Vermittlungsaktion scheitern werde. Nur durch neue Uno-Sanktionen könne der Iran dazu gezwungen werden, zu beweisen, dass sein Atomprogramm nur friedlichen Zwecken diene.

Der russische Präsident Dmitri Medwedew hatte die Vermittlungsaktion Brasiliens und der Türkei als "letzte Chance" bezeichnet, verschärfte Sanktionen gegen den Iran noch zu vermeiden. Medwedew sagte nun, falls Iran weiterhin Uran im eigenen Land anreichere, würden die Bedenken der Staatengemeinschaft bestehen bleiben. Es sei aber gut, dass nun "ein gewisses Ergebnis vorliegt".