Moskau. In seiner Rede zur Lage der Nation zeigt der Kremlchef vor allem eines: keinerlei Zurückhaltung. Und er schürt ein Bedrohungsszenario.

„Wir haben Waffen, mit denen wir sie auf ihrem Territorium treffen könnten“, sagte Russlands Präsident Wladimir Putin in seiner Rede zur Lage der Nation vor mehr als 1.000 Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Religion in Moskau. Gemeint sind Atomwaffen. Neu ist diese Drohung nicht. Doch einmal mehr warnte Putin vor der Schlagkraft der Waffen der Atommacht Russland. Eine Eskalation und ein Einsatz von Atomwaffen könnte zur „Auslöschung der Zivilisation“ führen. Das sei kein „Trickfilm“, so Putin.

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Hintergrund dieser Drohung war die Bemerkung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, dass ein Einsatz von Bodentruppen in der Ukraine nicht ausgeschlossen sei. In seiner Rede warnte Putin die Nato-Staaten davor, Soldaten in die Ukraine zu entsenden, um gegen russische Truppen zu kämpfen. Die Folgen eines solchen Schrittes könnten tragisch sein, sagte er. „Verstehen sie nicht, dass es die Gefahr eines nuklearen Konflikts gibt?“, so der russische Präsident.

Die Nato und auch Olaf Scholz haben dies allerdings bereits kategorisch ausgeschlossen. „Als deutscher Bundeskanzler werde ich keine Soldaten unserer Bundeswehr in die Ukraine entsenden“, sagte dieser. „Die Nato ist – und wird – keine Kriegspartei.“

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In Sachen Atomwaffen weitaus deutlicher geworden war früher schon Dmitri Medwedew, von 2008 bis 2012 russischer Präsident und heute der stellvertretende Vorsitzende des russischen Sicherheitsrats. Sollte Russland auf die Grenzen von 1991 zurückgedrängt werden, würde das Land Atombomben nicht nur auf Kiew, sondern auch auf Berlin, London und Washington werfen, sagte er. Als Grenzen von 1991 gelten die völkerrechtlich anerkannten Grenzlinien Russlands und der Ukraine vor der Annexion der Halbinsel Krim durch Moskau 2014 und vor der russischen Invasion in die Ukraine.

Putins Bluthund Medwedew drohte auch mit Bomben auf Berlin

Wenige Tage zuvor, anlässlich des „Tages des Vaterlandsverteidigers“, in Russland ein gesetzlicher Feiertag, hatte Putin verkündet, Russland habe die Modernisierung seiner Atomstreitkräfte zu 95 Prozent abgeschlossen. So habe etwa die Luftwaffe gerade vier neue Überschallbomber erhalten, die mit Atomwaffen bestückt werden könnten. Die strategischen Atomwaffenfähigkeiten zu Lande, zu Wasser und in der Luft seien auf dem neuesten Stand und würden ständig modernisiert.

In seiner Rede droht Putin dem Westen mit einem Nuklearkonflikt.
In seiner Rede droht Putin dem Westen mit einem Nuklearkonflikt. © action press | Шарифулин Валерий

„Unter Einbeziehung unserer realen Kampferfahrungen werden wir die Streitkräfte weiterhin auf jede erdenkliche Art und Weise stärken, einschließlich laufender Umrüstungs- und Modernisierungsmaßnahmen.“ Zugleich wies Präsident Putin Behauptungen zurück, Russland wolle den Westen angreifen. Da sei „Blödsinn“. Das Land werde vielmehr für seine eigene Sicherheit den Rüstungskomplex hochfahren und auch die westliche Flanke des Riesenreichs weiter stärken wegen der Gefahr, die von der Nato-Erweiterung ausgehe.

Den USA bot Putin erneut einen Dialog an zur strategischen Sicherheit in der Welt. Russland und die USA hatten im Zuge ihres Konflikts mehrere Abrüstungsverträge ausgesetzt oder aufgekündigt. Russland sei bereit zu neuen Gesprächen, wenn die USA aufhörten, es auf eine strategische Niederlage Moskaus abzusehen, erklärte Putin.

Putin: Das Land schaut mit Stolz auf das Erreichte auf der Krim

Für Putin war es bereits die 19. Rede zur Lage der Nation. Innenpolitisch enthielt sie viel Sozialpolitik, der Unterstützung kinderreicher Familien und auch von Bildungschancen die Rede. Russlands Krieg in der Ukraine wird nach seiner Darstellung von der „absoluten Mehrheit der Bevölkerung“ unterstützt. Ausdrücklich dankte Putin den Bürgern und den Unternehmern für die Unterstützung bei der „militärischen Spezialoperation“.

Das Volk arbeite „in drei Schichten“, um die Bedürfnisse der Front zu decken, so der Präsident. Putin erinnerte auch an den 10. Jahrestag der Annexion der Halbinsel Krim: Das Land schaue „mit Stolz“ auf das Ereignis und das Erreichte. „Zusammen können wir alles schaffen“, sagte er. Russland werde niemandem erlauben, sich in seine inneren Angelegenheiten einzumischen. Für die gefallenen russischen Soldaten rief er eine Schweigeminute aus.