Madrid. Ein russischer Pilot fliegt in die Ukraine und läuft über. Für diesen Verrat hat er jetzt offenbar mit seinem Leben bezahlt.

Dissidenten, Kritiker, Deserteure – die Liste der Putin-Opfer wird immer länger. Nun wurde bestätigt, dass der russische Hubschrauberpilot Maxim Kuzminov, der sich 2023 mit seinem Helikopter in die Ukraine absetzte, in Spanien umgebracht wurde. Seine von Kugeln durchlöcherte Leiche wurde an der Costa Blanca gefunden. Im Verdacht steht erneut Russlands Geheimdienst, der im Auftrag des russischen Präsidenten Wladimir Putin Jagd auf Abtrünnige macht. Erst vor wenigen Tagen war der Tod des Bürgerrechtlers Alexey Nawalny bekannt geworden, der unter unklaren Umständen in einem russischen Straflager starb.

Der damals 28 Jahre alte Pilot Kuzminov hatte bei seiner Flucht in die Ukraine im August 2023 nicht nur seinen Transporthubschrauber MI-8 mitgebracht, sondern auch militärische Dokumente. Vom ukrainischen Geheimdienst, der bei der Flucht geholfen hatte, wurde Kuzminov daraufhin mit viel Geld, die Rede ist von nahezu einer halben Million Dollar, belohnt. Die hohe Prämie sollte weitere russische Soldaten zum Überlaufen verführen. Die ukrainischen Sicherheitsbehörden verschafften Kuzminov zudem eine neue Identität, um ihn vor russischen Killern zu schützen.

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Das alles ist bekannt, weil die Ukraine die Flucht Kuzminovs propagandistisch ausschlachtete und ein Video veröffentlichte, in dem der Pilot die Gründe für seine Fahnenflucht darlegte. „Ich will kein Komplize der russischen Verbrechen sein”, sagte er damals. Er sei schon immer gegen den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine gewesen. „Es tut mir leid, was passiert ist – die Morde, die Tränen, das Blut.” Und er versicherte, dass es in der Ukraine „keine Faschisten und keine Nazis” gebe, wie Russlands Präsident Putin behauptete.

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Ein halbes Jahr gelang es Kuzminov, sich zu verstecken. Mitte Februar machten seine Verfolger den Überläufer, der von Russland als „Verräter“ bezeichnet wurde, ausfindig. Sie erwarteten ihn am Nachmittag in der Tiefgarage einer Feriensiedlung im spanischen Costa-Blanca-Ort Villajoyosa. Der Badeort liegt eine halbe Autostunde nördlich vom internationalen Airport in Alicante entfernt, einem der größten Urlauberflughäfen Spaniens.

Russischer Pilot Kuzminov: Sechs Kugeln, Auto angezündet, zwei Täter

Die Mörder schossen Kuzminov aus kurzer Distanz mit sechs Kugeln nieder. Dann überrollten sie ihn mit ihrem Fluchtwagen. Zeugenaussagen zufolge handelte es sich um zwei Täter. Ihr Auto wurde wenig später im Nachbarort, der Touristenhochburg Campello, gefunden – die Täter hatten den Wagen angezündet, um Spuren zu verwischen.

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Die Tat war den Ermittlern zufolge gut geplant, die mutmaßlichen Täter seien offenbar Profis gewesen. Die kaltblütige Ausführung trage Züge einer Abrechnung oder Hinrichtung, heißt es. Die Bluttat fand bereits am 13. Februar statt. Aber da die gefundenen Papiere das Opfer als einen 33 Jahre alten Ukrainer auswiesen, dauerte es ein paar Tage, bis die wahre Identität des Toten bekannt wurde.

Russischer „Verräter“ an Spaniens Costa Blanca umgebracht

Der erste Hinweis kam Anfang der Woche aus Kiew, wo ukrainische Medien unter Berufung auf den nationalen Geheimdienst berichteten, dass der desertierte Pilot Kuzminov tot sei. Dann bestätigten auch Spaniens Sicherheitsbehörden gegenüber der spanischen und staatlichen Presseagentur Efe, dass es sich bei dem in Villajoyosa gefundenen Toten um Kuzminov handele.

Spaniens milde Costa Blanca, an der Zehntausende deutschsprachige Residenten ihren ersten oder zweiten Wohnsitz haben, ist seit einigen Jahren auch bei Bürgern aus Osteuropa beliebt geworden. Seit Beginn des Ukraine-Kriegs sind mehrere tausende ukrainische Flüchtlinge an der spanischen Mittelmeerküste angekommen. In jener Feriensiedlung, in der Kuzminov erschossen wurde, würden zahlreiche Osteuropäer wohnen, berichteten lokale Medien.

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Auch wenn Spaniens Ermittler bisher offiziell nicht Russland der Tat beschuldigen, gilt eine Verwicklung russischer Agenten in den Mord als sehr wahrscheinlich. Zumal Moskau kein Geheimnis daraus machte, dass Kuzminov dieses Ende verdient habe. Nach der Flucht des Piloten hatte das russische Staatsfernsehen ganz unverblümt berichtet, dass Russlands Geheimdienst den Auftrag erhalten habe, den „Vaterlandsverräter“ ausfindig zu machen und zu töten.