Berlin. Die Eliteeinheit KSK ist schon in Zypern – doch welche Aufgabe steht ihr bevor? Spekuliert wird über einen Einsatz zur Geiselbefreiung.

Wegen des Krieges zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas bereitet sich die Bundeswehr auf Kriseneinsätze im Nahen Osten vor. Soldaten des Kommandos Spezialkräfte (KSK), die unter anderem für Geiselbefreiungen ausgebildet sind, wurden bereits nach Zypern verlegt.

Auch Militärtransportflugzeuge sind in der Region einsatzbereit. Außerdem sind Krisenteams an deutsche Botschaften im Nahen Osten entsandt worden, denen ebenfalls Spezialkräfte angehören. Bei früheren Krisen hatten militante Islamisten versucht, westliche Botschaften zu stürmen.

Die Vorbereitungen werden vom Verteidigungsministerium in Berlin wie stets in solchen Fällen nicht bestätigt, sie werden aber auch nicht dementiert. Eingeweihte Sicherheitspolitiker im Bundestag berichten, das Ziel sei es, deutsche Staatsbürger im Notfall unter militärischem Schutz evakuieren zu können – vorrangig aus dem Libanon und aus Israel. Befürchtet wird etwa, dass die Terrormiliz Hisbollah Israel vom Libanon aus angreift und die israelische Armee dann auch an dieser zweiten Front zurückschlagen müsste.

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    Der zivile Flugverkehr aus dem Libanon würde umgehend gestoppt. Für diesen Fall bereitet die Bundeswehr eine militärische Evakuierungsoperation vor, für die auch Fallschirmjäger und Kampfhubschraubereinheiten in Alarmbereitschaft versetzt wurden. Auch für einen Evakuierungseinsatz vom Mittelmeer aus werden Vorbereitungen getroffen.

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    Mit der Verlegung der Eliteeinheit KSK kommt die Frage auf, ob Bundeswehrsoldaten auch eine Geiselbefreiung im Gazastreifen vorbereiten könnten – schließlich sind auch deutsche Geiseln in der Gewalt der Hamas, das Auswärtige Amt spricht von insgesamt acht Fällen, wobei ein Fall auch mehrere Familienmitglieder umfassen kann. Die Geiselbefreiung ist, neben der Jagd auf Terroristen und Kriegsverbrecher, eine der umfassend trainierten Aufgaben des Kommandos. In Afghanistan stand vor einigen Jahren nach der Entführung eines Deutschen eine solche Befreiungsaktion mit insgesamt 180 Soldaten kurz bevor, wurde aber abgeblasen.

    Allerdings: Bislang ist kein Fall bekannt, in dem KSK-Soldaten tatsächlich Geiseln befreit hätten, die Bundesregierung setzte bei Entführungsfällen im Ausland stets auf Verhandlungen und gegebenenfalls auch auf Lösegeldzahlungen. Im Gazastreifen gilt ein Bundeswehreinsatz zur Geiselrettung bislang als ausgeschlossen, wie es aus Sicherheitskreisen heißt. Zwei Gründe sprechen dagegen: Erstens ist das Risiko unkalkulierbar hoch. Die Hamas-Terroristen halten mindestens einen Teil der Geiseln im kilometerlangen Tunnelsystem fest – eine spezielle Situation, auf die sich ausreichend intensiv allenfalls israelische Einsatzkommandos vorbereitet haben, das KSK eher nicht.

    Ein Panzer der israelischen Armee im Einsatz an der Grenze zum Gazastreifen.
    Ein Panzer der israelischen Armee im Einsatz an der Grenze zum Gazastreifen. © AFP | Gil Cohen Magen

    Aber selbst die israelische Armee scheute bislang vor dieser Aktion zurück. Zwar haben israelische und amerikanische Kommandos bereits außergewöhnliche Geiselbefreiungen durchgeführt. Aber die Gefahr in den weitläufigen Tunneln in einem chaotischen Stadtgebiet mit schwer bewaffneten Hamas-Kämpfern gilt jetzt als extrem hoch – für die Soldaten ebenso wie für die Geiseln.

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    Zweitens will sich die israelische Armee bislang die Regie bei derartigen Operationen nicht aus der Hand nehmen lassen, wie selbst US-Militärs feststellen mussten. „Sie wollen es nicht“, sagt John Kirby, der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats im Weißen Haus, zu einer Beteiligung von US-Soldaten. „Es gibt keine Pläne oder Absichten für einen Einsatz amerikanischer Soldaten“, betont Kirby. Aber er räumt auch ein: Ausgeschlossen werden könne ein solcher Einsatz nicht. Was Ablenkungsmanöver ist und was nicht, ist unklar.

    Sicher ist, dass sich US-Experten in Israel vor Ort aufhalten, darunter Spezialisten aus dem US-Verteidigungsministerium und eine Spezialeinheit des FBI, die Erfahrung mit der Beendigung von Geiselnahmen etwa in Afghanistan und dem Irak haben. Aber sie sammeln, so versichert es US-Verteidigungsminister Lloyd Austin, bislang vor allem Daten zum Aufenthaltsort der Geiseln, liefern Geheimdienstinformationen und beraten die israelische Seite bei der Planung von Operationen.