Brüssel. Die Kommissionspräsidentin muss endlich sagen, ob sie eine zweite Amtszeit anstrebt. Wenn ja, muss sie ihren Kurs dringend korrigieren.

Langsam muss Ursula von der Leyen die Karten auf den Tisch legen: Steht sie für eine zweite Amtszeit an der Spitze der EU-Kommission bereit? Die Präsidentin macht neun Monate vor der Europawahl weiter ein Geheimnis aus ihren Plänen. Entweder liebäugelt sie doch mit dem Job als Nato-Generalsekretärin, wie in Brüssel kolportiert wird. Oder sie will vor einer Kandidatur ganz auf Nummer sicher gehen. Nur: Das Risiko einer Niederlage wird sie schon tragen müssen. Weder ist die Mehrheit im nächsten EU-Parlament vorherzusagen noch ist ihr die einhellige Unterstützung der EU-Regierungschefs gewiss.

Christian Kerl, Brüssel-Korrespondent
Christian Kerl, Brüssel-Korrespondent © Privat

Immerhin durfte von der Leyens Rede im Parlament als versteckte Bewerbung verstanden werden: Sie kam ihren Kritikern weit entgegen, überschlug sich plötzlich mit Dialogangeboten. Von der Leyen hat verstanden, dass bei der Europawahl nicht die Auftritte auf der weltpolitischen Bühne oder klimapolitische Fernziele zählen – Maßstab für die Bürger sind die Auswirkungen der EU-Politik im Alltag. Da hat sich von der Leyens Kommission erstaunlich viele Schnitzer erlaubt.

Der irrwitzige Plan für die Gebäudesanierung, der Millionen Hausbesitzer vor riesige finanzielle Probleme stellen würde, steht beispielhaft für eine lange Kette mangelhafter Gesetzentwürfe, die Unternehmen, Haushalte, Landwirte oder aktuell die Winzer auf die Palme bringen – und die EU-Gegnern Munition frei Haus liefern. Versprochen hatte von der Leyen den Abbau von Bürokratie, geliefert hat sie nur immer neue Vorschriften. Jetzt sieht sie selbst Handlungsbedarf. Für die nächste Amtsperiode? Bis zur Europawahl wird sich das Ruder kaum herumreißen lassen.

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