Der Klimawandel trifft die ärmsten Länder der Welt besonders hart. In Afghanistan könnten sich Taliban-Herrschaft und die langanhaltende Dürre zu einer weiteren Katastrophe ausweiten: Die Vereinten Nationen warnen in den sozialen Medien eindringlich vor einer Heuschreckenplage, die 1,2 Millionen Tonnen Weizen vernichten könnte, ungefähr ein Viertel der Ernte.
Ein großflächiger Ausbruch der Plage könnte die Ernährungsunsicherheit im Land dramatisch verstärken, so die UN in den sozialen Medien am Donnerstag. Die Tiere seien bereits im Norden und Nordosten des Landes, dem „Brotkorb“ Afghanistans, gesichtet worden. Richard Trenchard von der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der UN (FAO) sprach von einer „großen Gefahr für Bauern, Gemeinden und dem ganzen Land“ durch die Marokkanische Wanderheuschrecke.
Die FAO zusammen mit lokalen Gemeinden und anderen Hilfsorganisationen versucht derweil vor Ort Gegenmaßnahmen einzuleiten. Dabei müssen sie sich mechanischer Lösungen bedienen, da weit wirksamere Pestizide fehlen.
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Heuschreckenplage in Afghanistan: Möglicherweise 100-mal mehr Heuschrecken im nächsten Jahr
In Afghanistan gibt es kaum Ressourcen, um die Gefahr zu bekämpfen. FAO-Beauftragter Trenchard berichtet, dass die Menschen sich veralteter Methoden bedienen, um sich vor den Heuschrecken zu schützen. Nach Angaben der UN könnten sich die Heuschrecken im nächsten Jahr verhundertfachen, wenn in diesem Jahr nicht ausreichend gehandelt werde.
„Die Marokkanische Wanderheuschrecke isst mehr als 150 Pflanzenarten“, so Trenchard. Darunter seien auch 50 Nutzpflanzen. Die letzten Heuschreckenplagen vor 20 und 40 Jahren zerstörten laut Trenchard acht und 25 Prozent der Ernte. In diesem Jahr sei mit einem ähnlichen Ausmaß zu rechnen.
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Afghanistan: Sechs Millionen Menschen stehen vor Hungersnot
Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der UN beziffert den weltweiten Schaden der Marokkanischen Wanderheuschrecke auf ungefähr 280 bis 480 Millionen Dollar. Damit sei sie eine der schädlichsten Pflanzenplagen auf der Erde. In diesem Jahr gebe es „perfekte Bedingungen“ im Norden und Nordosten von Afghanistan für das Insekt. Überweidung, Dürre und wenig Gegenmaßnahmen würden laut der Organisation eine ideale Umwelt für die Heuschrecken bieten.
Dabei ist die Ernährungslage in Afghanistan ohnehin schon dramatisch. Bereits jetzt seien sechs Millionen Afghanen einen Schritt von einer Hungersnot entfernt, wie die FAO zu Anfang des Jahres warnte. Laut UN-Generalsekretär Antonio Guterres erlebt Afghanistan dieses Jahr die größte, humanitäre Krise weltweit. Die erneute Machtübernahme der militant-islamistischen Taliban in 2021 hat die bereits schwache Wirtschaft im Land noch weiter an den Abgrund gedrängt. (dpa / os)
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