Karuizawa. Auf ihrer Ostasienreise blitzt die Außenministerin in China ab – und sucht den Schulterschluss mit Ländern wie Südkorea und Japan.

Die sechstägige Ostasienreise von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) entwickelt sich zu einem Wechselbad der Gefühle. China: kühl; Südkorea und Japan: freundlich, lautet die Kurzbilanz. Beim Gespräch mit dem chinesischen Außenminister Qin Gang in Peking prallten die Standpunkte der beiden frontal aufeinander. Die anschließende Pressekonferenz wurde zu einer frostigen Veranstaltung.

Problempunkte waren außer dem Konflikt um Taiwan die Abschottung des chinesischen Marktes für Ausländer sowie die große Abhängigkeit deutscher Unternehmen von Zulieferern aus Fernost. So erzielt VW 40 Prozent seines Konzernumsatzes in China. Baerbock plädiert daher für eine breitere globale Streuung der Geschäftsaktivitäten deutscher Firmen. Der Austausch mit drei Menschenrechtsanwälten in Peking stand unter dem Tenor: Die Unterdrückung des chinesischen Staates habe in den letzten Jahren in beängstigendem Maße zugenommen, die Überwachungstechniken seien immer ausgefeilter geworden.

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Baerbock will große europäisch-amerikanisch-ostasiatische Allianz bilden

Das Kontrastprogramm erwartete Baerbock in Seoul. Ihr südkoreanischer Amtskollege Park Jin empfing sie herzlich und begrüßte sie zu Beginn auf Deutsch. Beide beschworen die Werte-Partnerschaft und die Erhaltung der regelbasierten internationalen Ordnung. Die Außenministerin lobte die Teilnahme Südkoreas an den Sanktionen gegen Russland. Park honorierte Baerbocks deutliche Verurteilung der jüngsten nordkoreanischen Raketentests. Durch die mit Festbrennstoff betriebenen Raketen verkürzt sich die Vorwarnzeit von drei Minuten auf eine.

Die Ministerin strebt eine Art geopolitisches Quid Pro Quo an. Deutschland engagiert sich mehr im Indopazifik – durch politische Unterstützung, aber auch militärisch. So will die Bundesmarine 2024 erneut ein Schiff in die Region entsenden.

Im Gegenzug tragen Länder wie Südkorea die Strafmaßnahmen gegen Russland mit. Ziel ist eine große europäisch-amerikanisch-ostasiatische Allianz der Demokraten. Eine Gegenmacht zu den autokratischen Regimen China und Russland, die sich im Zuge des Ukraine-Krieges sehr nah gekommen sind.

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G7-Außenministergipfel zu China, der Lage im Indopazifik und dem Ukraine-Krieg

Beim G7-Außenministergipfel, der bis Dienstag im japanischen Karuizawa stattfindet, geht es ebenfalls um den Schulterschluss des Westens. Der berühmte Urlaubsort, der für seine milden Temperaturen im Sommer bekannt ist, soll zum Familientreffen der großen westlichen Wirtschaftsnationen werden. Am Sonntagabend kamen die G7-Minister zum Gruppenfoto zusammen. Schwarz-weiß gekleidete Schulkinder spielten klassische Geigenmusik ohne Notenblätter. Baerbock plauschte mit ihrem amerikanischen Kollegen Antony Blinken. Die Stimmung war harmonisch.

Ob sie durch den gesamten Gipfel trägt, steht auf einem anderen Blatt. Die großen Themen sind der Umgang mit einem immer robuster auftretenden China, die Lage im Indopazifik mit den neuralgischen Punkten Taiwan und Nordkorea sowie der Ukraine-Krieg. Vor allem die Spannungen zwischen der Volksrepublik und den USA sorgen für Risse in der westlichen Gemeinschaft. Die schrille Solonummer von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der davor gewarnt hatte, dass Europa über der Taiwan-Krise nicht zum „Vasallen“ der USA werden dürfe, hallt nach. Die Amerikaner seien „sehr erleichtert“ über Baerbocks klare Positionierung bei ihrem China-Besuch gewesen, hieß es in deutschen Delegationskreisen.

Bei der weiteren Unterstützung der Ukraine sind sich die G7-Minister prinzipiell einig, aber es gibt auch Unterschiede. „Beim Treffen in Japan werden wir unser Engagement nachschärfen“, sagte Baerbock vor Gipfelbeginn. Aus europäischen Quellen ist hingegen zu hören, dass die Militärhilfe nicht endlos zu leisten sei. Viel hänge nun vom Erfolg der ukrainischen Frühjahrsoffensive ab. Sollten es die Ukrainer schaffen, die russische Landbrücke im Süden zu durchschneiden, müsse der Westen Kiew von einem Vormarsch auf die Krim abbringen. Wenn die Russen auf breiter Front zum Rückzug gezwungen würden, könnte Kremlchef Wladimir Putin sein Heil in verschärften Nuklear-Drohungen suchen. Das müsse verhindert werden.