Berlin. Mehr Frauen als Männer machen einen BWL-Abschluss. Trotzdem beherrschen Männer die Vorstandsetagen. Bringt die Frauenquote nichts?

Das Ungleichgewicht zwischen Männern und Frauen in Führungspositionen in börsennotierten Unternehmen hält weiter an. Lediglich 17,1 Prozent der Vorstände sind im März 2023 mit Frauen besetzt. Und das ist schon eine Steigerung im Vergleich zum September 2022: Vor einem halben Jahr waren es noch 2,9 Prozent weniger. Das zeigt ein Bericht der deutsch-schwedischen AllBright-Stiftung, die sich für mehr Frauen und Diversität in den Führungspositionen der Wirtschaft einsetzt.

Die Vorstände der 160 deutschen Börsenunternehmen in DAX, MDAX und SDAX sind somit mit 583 Männern und 120 Frauen besetzt – und das, obwohl seit 2012 mehr Frauen als Männer einen BWL-Abschluss erlangen.

„Es ist also nicht so, dass Frauen kein Interesse an der Wirtschaft hätten. Und sie starten auch in den Unternehmen, aber sie kommen tatsächlich nicht in den oberen Führungsebenen an“, erklärt AllBright-Geschäftsführerin Wiebke Ankersen dieser Redaktion. Sie führt das unter anderem auf eine eher konservative Unternehmenskultur in Deutschland zurück.

Ungleichheit: Warum die Frauenquote nur bedingt hilft

Auffallend sei, dass in Deutschland besonders viele Frauen unter ihrem Niveau oder in geringer Teilzeit arbeiten würden, führt Ankersen weiter aus. „Teils, weil sie (zu Recht) befürchten, dass eine Führungsrolle sich in Deutschland nur schwer mit einem gelungenen Familienleben vereinbaren lässt, teils, weil man ihnen die Führung einfach nicht zutraut. An beidem müssen wir dringend arbeiten.“

Ein Instrument der Bundesregierung war vor einiger Zeit die Einführung einer Frauenquote. Das Gesetz legt eine Quote von mindestens 30 Prozent Frauen in Aufsichtsräten voll mitbestimmungspflichtiger und börsennotierter Unternehmen fest, die ab dem Jahr 2016 neu besetzt wurden. Tatsächlich liegt hier die Quote laut AllBright bei 34,3 Prozent. Allerdings stagnierte diese Zahl.

Lesen Sie auch:Frauenquote: Der gute Zweck heiligt nicht den Zwang

Ankersen sagt: Die Frauenquote bekämpft ein Symptom, keine Ursache. „Die Ursachen, weshalb dort keine Frauen hingekommen waren, bleiben dabei aber erst einmal unberührt. Eine nachhaltige Veränderung werden wir nur sehen, wenn die Unternehmen und die Politik die Strukturen so verändern, dass viel mehr Frauen Führungsaufgaben übernehmen können und wollen.“

Der Frauenanteil in den Vorständen der 160 an der Frankfurter Börse notierten Unternehmen beträgt 17,1 Prozent.
Der Frauenanteil in den Vorständen der 160 an der Frankfurter Börse notierten Unternehmen beträgt 17,1 Prozent. © dpa | Christophe Gateau

Eine Veränderung, die wohl aber auch in der Gesellschaft ankommen muss. Denn nach wie vor betreiben Frauen deutlich mehr kostenlose Sorgearbeit als Männer. Täglich beinahe eineinhalb Stunden mehr. Männer leisten pro Tag im Schnitt zwei Stunden und 46 Minuten unbezahlte Sorgearbeit, bei Frauen sind es vier Stunden und 13 Minuten - 87 Minuten mehr. Das belegen Zahlen des Bundesfamilienministeriums zum sogenannten Gender Care Gap.

Diese Ungleichheit hat natürlich Konsequenzen: Männer arbeiten häufiger in Vollzeit als Frauen. Teilzeitbeschäftigung kommt bei Frauen deutlich häufiger vor als bei Männern. Die daraus resultierenden niedrigeren Einkommen für Frauen führen später dann zu niedrigeren Renten.

SystemDie gesetzliche Rente funktioniert nach dem Äquvivalenz- und dem Solidarprinzip.
Renten-ArtenGrund-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenrente
AusnahmenSelbstständige und Freiberufler sind in der Regel von der Versicherungspflicht befreit.
FinanzierungDie gesetzliche Rente in Deutschland ist grundsätzlich umlagenfinanziert.
ProblemeDie Unterfinanzierung resultiert hauptsächlich aus der zunehmend älter werdenden Bevölkerung in Deutschland.
Drei SäulenDie Altersvorsorge in Deutschland umfasst die gesetzliche, betriebliche und private Altersvorsorge.
UrsprungDie gesetzliche Rente wurde am 22. Juli 1889 unter Reichskanzler Otto von Bismarck offiziell eingeführt.