Berlin. Ist die Frauenquote notwendig? Oder ein Zwang, der Realitäten verzerrt? Ohne Frage müssen Frauen mitgestalten - und Parteien erneuern.

Die Hälfte der Bevölkerung ist weiblich. Die Parlamente sollten die Gesellschaft abbilden. Sie tun es nicht. Also wollen die Frauen die Tür mit der Brechstange öffnen. Sie fordern paritätisch besetzte Wahllisten, Gleichberechtigung per „Parité“-Gesetz.

Geht es überhaupt anders? Alles, was Frauen für sich erreicht haben in der Politik, haben sie errungen, ertrotzt, erkämpft, jedenfalls nicht geschenkt bekommen, vom Wahlrecht bis zur mehr Teilhabe am Sagen, an Entscheidungen und Führungspositionen.

Sie waren so erfolgreich, dass die Bundesregierung ebenso von einer Frau geführt wird wie CDU, SPD, Grüne und Linke. So gesehen sind die Männer, die CSU, FDP und AfD allein anführen, quasi aus der Zeit gefallen.

Staunen über das Parité-Gesetz in Brandenburg?

Parität ist logisch, sie ist auch politisch legitim, aber vielleicht nicht legal. Das wiederum sollte uns nicht egal sein. Auch mit ein paar Tagen Abstand fragt man sich, worüber man mehr staunen muss: über die Kühnheit des Brandenburger Landtages, der am vergangenen Donnerstag ein solches Parité-Gesetz beschlossen hat. Oder über die Chuzpe.

Denn es ist ein Vorhaben, von dem die Volksvertreter in Potsdam genau wissen, dass es verfassungsrechtlich höchst angreifbar ist. Sei es drum. Liberté, Égalité, Parité – Aufbruch liegt in der Luft.

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Quote ist immer ein Zwang

Jede Quote ist ein Zwang, eine Einschränkung der Freiheit und Gleichheit der Wahl. Am deutlichsten werden die Zweifel, wenn man Parité auf Direktmandate oder auf Kommunalwahlen überträgt, wo häufig Einzelpersonen antreten, Parteilose. Ihnen den Weg in die Parlamente zu versperren wäre offensichtlich unzulässig.

Man muss die Einwände vieler Rechtsexperten ernst nehmen. Der Parteienrechtler Martin Morlok stellt die Diskussion vom Kopf auf die Füße.

Das Grundproblem ist in der Tat, dass zu wenig Frauen in Parteien aktiv sind. Wenn sie nämlich den Weg durch die Labyrinthe von SPD, Grünen, Linke, oder FDP gehen, dann kommen sie auch häufig ans Ziel – ins Parlament.

CDU und AfD benachteiligen offensichtlich strukturell

Wenn man die Zahlen betrachtet, dann gibt es zwei Parteien, in denen Frauen offensichtlich strukturell benachteiligt werden, nämlich CDU und AfD. Allen Parteien gemeinsam ist wiederum, dass sie für Frauen offensichtlich nicht attraktiv genug sind.

Man kann lange darüber sinnieren, ob Frauen andere Prioritäten setzen, klüger sind oder das Innenleben von Parteien schlicht nicht als einladend empfinden und sich dort nicht willkommen fühlen. Wahrscheinlich trifft alles zusammen zu.

Vor allem müsste die Politik wie die Wirtschaft insbesondere die Vereinbarkeit von Beruf beziehungsweise Engagement und Familie verbessern. Dann hätten die Brandenburger Parteien gerade den zweiten Schritt vor dem ersten getan.

Frauen müssen die Erneuerung mit vorantreiben

Wie wohl die Parteien im demokratischen System die Willensbildung organisieren, könnte man argumentieren, dass der Bundestag ein Spiegelbild des Volkes sein müsse. Folgerichtig müsste man den Frauen den Weg öffnen, ihnen in den Parlamenten den Platz schaffen, der ihrem Bevölkerungsanteil entspricht.

Mit der gleichen Logik fordern viele ein Familienwahlrecht. Man könnte auch eine Quote für Ältere, Jüngere, Migranten oder bestimmte Berufsgruppen festlegen. Das Wahlrecht wäre nur noch ein Zwangskorsett.

Wenn es stimmt, dass die Parteien die Anbindung an die Gesellschaft verlieren, dann müssen sie ihre Erneuerung vorantreiben. Die kann nur gelingen, wenn sie auch und gerade von den Frauen getragen wird. Dann klappt es auch in den Parlamenten. Der gute Zweck – mehr Frauen als Volksvertreter – heiligt nicht den Zwang.