Berlin. Ein Jahr nach Beginn des Kriegs hat die UN-Vollversammlung erneut mit großer Mehrheit einen Rückzug der russischen Truppen gefordert.

Die Vollversammlung der Vereinten Nationen (UN) stimmte am Donnerstag mit großer Mehrheit (141 von 193 Ländern) für eine Resolution, die Moskau zum Einstellen der Kämpfe, Rückzug seiner Truppen und Einleitung eines umfassenden Friedensprozess drängt. Neben Russland stimmten nur sechs Länder dagegen, 32 enthielten sich nach stundenlanger Debatte in der UN-Zentrale in New York.

Die Befürchtung, dass der Rückhalt für die von den USA angeführte Anti-Russland-Koalition des Westens nach zwölf Monaten substanziell bröckelt, hat sich nicht bestätigt.

UN-Vollversammlung setzt klares Zeichen

Die Zahl der Länder, die den völkerrechtswidrigen Angriff von Kreml-Herrscher Wladimir Putin auf das Nachbarland verurteilen, ist unter dem Strich seit der ersten von bisher vier Abstimmungen im März 2022 nahezu unverändert. Das gilt auch für jene Staaten, vor allem in Afrika, die sich nicht klar positionieren wollen. Zu denen, die sich weiter heraushalten, gehört auch China, das aus US-Sicht im Verdacht steht, Moskau demnächst mit Waffen beliefern zu wollen.

Vor der Abstimmung hatte Deutschlands Außennministerin Annalena Baerbock in ihrer Rede erklärt. „Wir wollen, dass das Leiden ein Ende hat. Russland muss seine Truppen zurückziehen und das Bombardieren einstellen”. Die Grünen-Politikerin stellte sich uneingeschränkt hinter die Resolution und schob anderslautenden Moskauer Forderungen einen Riegel vor: „Frieden ist nicht, wenn der Angreifer seinem Opfer sagt: Gib auf!”

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In indirekter Erwiderung der Vorredner aus China und dem Iran, die konstatierten, dass immer neue Waffen-Lieferungen des Westens an die Ukraine nur „Öl ins Feuer gießen”, sagte die Chef-Diplomatin der Bundesregierung: „Wenn Russland aufhört zu kämpfen, endet der Krieg. Wenn die Ukraine aufhört zu kämpfen, ist die Ukraine am Ende.” Baerbock wiederholte die Kriterien für die Anbahnung einer Friedenslösung: Stopp der russischen Angriffe und sofortiger Truppenabzug, Schutz der Zivilbevölkerung, Achtung der territorialen Unversehrtheit, Ahndung begangener Kriegsverbrechen.

Russische UN-Botschafter folgt alternativem Drehbuch

Zuvor hatte UN-Generalsekretär António Guterres die Vermutung geäußert, das in der Ukraine alles „noch schlimmer werden könnte”. Ausdrücklich geißelte der ehemalige portugiesische Spitzenpolitiker jüngste russische Drohungen über den Einsatz von Atomwaffen als „absolut inakzeptabel.”

Der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja folgte abermals einem Alternativ-Drehbuch. Es sei der Westen, der Russland „zerstückeln und zu zerstören” wolle. Gesondert nahm der Stellvertreter Putins am East River von New York dabei Deutschland ins Visier und zog Parallelen zu Hitlers Krieg gegen Russland vor 80 Jahren: „Die deutschen Panzer werden wieder einmal Russen töten.”

Ukraine-Krieg – Hintergründe und Erklärungen zum Konflikt

Baerbock wird an diesem Freitag auch im wichtigsten Gremium der UN, dem Sicherheitrat sprechen, wo jedes ständige Mitglied - neben den USA sind das England, Frankreich, China und Russland - jede Entscheidung mit seinem Vetorecht vereiteln kann.