Berlin. Digitalminister Wissing will den Breitbandausbau voranbringen und setzt auf die Privatwirtschaft. Neues Bundesgeld fließt ab April.

Die Nachricht sorgte 2022 für großen Unmut in den Kommunen: Schon Mitte Oktober war der Fördertopf des Bundes für den Ausbau des Glasfasernetzes leergeräumt. Der Andrang auf Zuschüsse für schnelles Internet war zu groß. Jetzt kündigt Volker Wissing (FDP), Bundesminister für Verkehr und Digitales, eine Neuauflage an. Ab April stellt der Bund erneut drei Milliarden Euro für den Breitbandausbau im Jahr 2023 zur Verfügung.

Vorangegangen war eine Potenzialanalyse des Ministeriums. Das Ergebnis: Der Großteil des noch ausstehenden Ausbaus kann in den kommenden Jahren privatwirtschaftlich erfolgen, also ohne dass staatliches Geld aufgewendet werden muss. Mehr als 90 Prozent der Haushalte und Unternehmen in Deutschland können von den Telekommunikationsunternehmen ans schnelle Netz angebunden werden.

Digitalminister hat Förderbedarf zunächst analysiert

Warum war die Analyse überhaupt notwendig geworden? In der Vergangenheit war die Nachfrage nach dem Bundeszuschuss groß. Den Bundesländern und Kommunen war es nicht genug Geld, die Telekommunikationsunternehmen auf der anderen Seite lassen sich vom Bund ungern in ihre Ausbauvorhaben hineinreden, sehen die öffentliche Hand sogar als Konkurrenz. Denn die Baukapazitäten sind knapp. Deshalb wollte das Ministerium die Förderung von Grund auf neu ausrichten.

Basierend auf einer wissenschaftlichen Netzplanung und Daten der Telekommunikationsbranche gibt es nun erstmals belastbare Daten darüber, wo es in Deutschland für die Internetanbieter noch attraktive Flecken gibt und wo über kurz oder lang der Staat den Glasfaserausbau vorantreiben muss. Wissing sagte unserer Redaktion: „Mit der Potenzialanalyse setzen wir nach dem Gigabit-Grundbuch eine weitere zentrale Maßnahme unserer Gigabitstrategie um.“ Die Analyse bildet nun die Grundlage für das neue Förderprogramm des Bundes. Am Donnerstagabend war das Ministerium noch in Gesprächen mit den zuständigen Landesministerien über die Eckpunkte der Förderrichtlinie. Auch die Branche wurde miteinbezogen.

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Ursprünglich war die Analyse bereits für den Winter 2022 geplant, das Ministerium benötigte einige Monate länger. Dafür stellt man den Ländern ein Online-Portal zur Verfügung, das landkreisgenau zeigt, wo es noch Bedarf an schnellem Internet gibt. „Die Kommunen sind mit diesem Instrument nun deutlich besser aufgestellt, wenn es darum geht, das Maximum aus dem eigenwirtschaftlichen Ausbau herauszuholen und staatliche Ausbauförderung auf das erforderliche Maß zu begrenzen“, so Wissing. Der FDP-Politiker nimmt auch die Länder in die Pflicht: „Jetzt ist es an den Kommunen, das neue Instrument aktiv zu nutzen, um den Gigabitausbau zu beschleunigen.“ Ziel sei es, das Potenzial privater Investitionen bestmöglich auszuschöpfen.

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Thüringen und Rheinland-Pfalz hinken hinterher

Denn nicht alle Bundesländer suchen anscheinend das Gespräch mit den Telekommunikationsfirmen. Schlusslicht sind laut der Ausbauanalyse Thüringen und Rheinland-Pfalz: weniger als 40 Prozent des Potenzials sind dort ausgeschöpft. Hier sollen nun Branchendialoge eingeführt werden, um den privaten Ausbau zu erhöhen.

Warum kann es für die Privatwirtschaft mancherorts unattraktiver sein, selbst zu investieren? In dünn besiedelten Gebieten gibt es weniger potenzielle Kunden, hier müssen also viele Leitungen für wenige Anschlüsse verlegt werden. In den Stadtstaaten wie Hamburg und Bremen gibt es bereits ein dichtes Leitungsnetz. Auch geografische Gegebenheiten wie Gebirge machen es schwerer, Leitungen zu verlegen. Ein weiterer Grund für schlechte Glasfaserversorgung kann eine hohe Auslastung der Tiefbaufirmen sein.

Der Vorstoß aus Wissings Ministerium folgt der traditionellen FDP-Methode: Eher auf privatwirtschaftliches Engagement setzen als auf staatliche Förderung. Nur dort, wo der Markt versagt, kommt der Staat ins Spiel um die grauen Flecken auf der Glasfaser-Landkarte auszuradieren.

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