Berlin. Finanzminister Christian Lindner weist eine Länder-Forderung zurück: Der Bund solle lieber “ungeregelte Migration bremsen“, sagt er.

Finanzminister Christian Lindner hat Forderungen von Ländern und Kommunen zurückgewiesen, mehr Geld für die Aufnahme von Flüchtlingen bereitzustellen. „Eine weitere Verschiebung der Lasten auf den Bund stößt jetzt an Grenzen“, sagte der FDP-Vorsitzende dieser Redaktion. „Ich sehe die Aufgabe der Bundesregierung eher dort, die Rückführung von Menschen ohne Aufenthaltsrecht zu verbessern und ungeregelte Migration zu bremsen.“

Lindner betonte: „Die Leistungen für die 570.000 Menschen, die aus der Ukraine zu uns gekommen sind und in der Grundsicherung erfasst sind, werden ja bereits vom Bund finanziert. Die Zahl derer, die aus anderen Ländern nach Deutschland kommen, ist auf dem Niveau des Jahres 2014. Damals hat der Bund diese Länderaufgabe noch gar nicht mitfinanziert. Heute trägt er einen beträchtlichen Teil.“

49-Euro-Ticket: Lindner bleibt bei 1,5 Milliarden Euro vom Bund

Zurückhaltend äußerte sich Lindner auch zu Forderungen kommunaler Spitzenvertreter nach einem Schutzschirm für die Stadtwerke, die unter den hohen Einkaufspreisen für Energie leiden. „Was bei den Stadtwerken zu tun ist nach Strom- und Gaspreisbremse und den massiven Stützungsmaßnahmen für Energieversorgungsunternehmen, wird man besprechen müssen. Allerdings haben Länder und Kommunen hier Möglichkeiten und eine Verantwortung“, sagte Lindner. Er fügte hinzu: „Ich habe nicht gesagt, dass es keine Unterstützung gibt, sondern dass der Bund Grenzen hat.“

Beim Nahverkehr verwies der Finanzminister lediglich auf das Angebot des Bundes, einen Teil des geplanten Nachfolgemodells für das 9-Euro-Ticket zu übernehmen: „1,5 Millionen Euro für das Deutschlandticket - ein digitales, bundesweit nutzbares Nahverkehrsticket zu einem angemessenen Preis. Das ist keine Krisenmaßnahme, sondern eine Unterstützung für eine Innovation im Nahverkehr.“

Finanzminister sieht keine neuen Spielräume nach Steuerschätzung

Forderungen nach einer höheren Beteiligung des Bundes waren auch nach der Vorstellung der Steuerschätzung am Donnerstag erneut laut geworden. Trotz Energiekrise und drohender Rezession rechnen die Steuerschätzer mit Mehreinnahmen von 126 Milliarden Euro in den kommenden fünf Jahren - auch deshalb, weil der Staat über die Mehrwertsteuer an den steigenden Preisen mitverdient.

Lindner wandte sich gegen den Eindruck, im Haushalt stehe mehr Geld zur Verfügung. „Wir werden die Steuern nun so anpassen, dass Mehreinnahmen an die arbeitenden Menschen zurückfließen: durch einen höheren Grundfreibetrag und eine spürbare Verschiebung des Tarifs bei der Lohn- und Einkommensteuer“, sagte er. „Bei der Lohn- und Einkommensteuer macht das im kommenden Jahr 15,8 Milliarden Euro und 2024 dann 29,3 Milliarden Euro aus. Für den Bund gibt es daher de facto keine Mehreinnahmen, die im Haushalt verbleiben.“

Das sei nur fair, betonte der Finanzminister. „Mehreinnahmen, die sich aus der Belastung durch die Inflation ergeben und nicht aus größerer Wirtschaftskraft, sollen den Menschen verbleiben und nicht dem Staat.“

Einkommensteuer: Lindner will „Tarif auf Rädern“

In Zukunft, so der Finanzminister, solle es einen automatisch geregelten Inflationsausgleich bei der Einkommensteuer geben. „Wenn Sozialleistungen wie der Regelsatz bei der Grundsicherung automatisch an die Inflation angepasst werden, dann müssen auch die arbeitenden Menschen einen automatischen Ausgleich bekommen“, sagte er. „Wir brauchen einen Tarif auf Rädern.“

Lindner kritisierte, dass es alle zwei Jahre einer politischen Entscheidung bedürfe, um den Einkommensteuertarif an die Inflation anzugleichen. „Ich würde das Gesetz gerne so ändern, dass der Steuertarif automatisch an die Inflationsrate angepasst wird“, sagte er. Der Finanzminister verwies auf Frankreich und Schweden, die bereits über einen solchen Mechanismus verfügten. „Der Staat sollte prinzipiell auf Inflationsgewinne verzichten.“

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de