Peking/Samarkand. Beim Ukraine-Krieg kann Russlands Präsident auf den Machthaber in Peking zählen. Militärische Unterstützung darf er nicht erwarten.

Der russische Präsident Wladimir Putin sucht die Nähe zu Chinas Staatschef Xi Jinping. Seit der russische Angriffsgriff in der Ukraine tobt, sind sich die beiden mächtigen Männer nicht mehr begegnet. Jetzt begrüßten sie sich im usbekischen Samarkand beim Gipfeltreffen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) und gingen freundlich miteinander um.

Putin dankte Xi Jinping im Vorfeld für seine „ausgeglichene Haltung“ im Ukraine-Konflikt und sicherte ihm seine Unterstützung in der Tawain-Frage zu. Xi bleibt auch in Samarkand an Putins Seite: China sei bereit, mit Russland die Rolle einer „Großmacht“ auszufüllen, zitiert ihn die Nachrichtenagentur Interfax.

XI-Jinping: Erste Auslandsreise seit Beginn der Corona-Pandemie

Xi Jinpings erste Schritte außerhalb der eigenen Landesgrenzen waren auffallend holprig. Als der 69-Jährige nach knapp tausend Tagen Isolation seine Heimat verließ, stolperte er am Flughafen von Nur-Sultan beinahe von der Gangway hinunter. Die vom kasachischen Lokalfernsehen gefilmten Videoaufnahmen zeigen einen Staatschef, der sich erst wieder auf dem internationalen Parkett zurechtfinden muss.

Ukraine-Krieg – Hintergründe und Erklärungen zum Konflikt

Doch gleich danach gab es symbolträchtige Bilder: Chinas Staatschef posiert im usbekischen Samarkand beim Gipfeltreffen der SCO mit den Staatschefs aus Indien, Pakistan, Iran und Russland. Ursprünglich wurde das SCO Anfang der Nuller-Jahre als eurasische Organisation im Kampf gegen den Terrorismus gegründet, mittlerweile ist es jedoch zu einer Replik auf westliche Sicherheitsbündnisse angewachsen.

Ukraine-Krieg: China unterstützt Russland – rhetorisch

Substanzielle Ergebnisse sind zwar von dem Gipfel nicht zu erwarten. Doch allein die Symbolik des Treffens ist enorm. Denn was Xi und Putin unter ihrer Federführung präsentieren, ist nicht weniger als die Vision einer neuen Weltordnung – mit dem Ziel, die Dominanz der westlich dominierten Wertegemeinschaft zu durchbrechen.

Ihr Bündnis besteht bislang aus acht Mitgliedern, welches nun jedoch mit dem Iran erweitert wird. Belarus und die Mongolei halten zudem einen sogenannten Beobachterstatus inne, weitere Partnerländer sind unter anderem Aserbaidschan und die Türkei.

Mit Russland und China als dessen Zentrum richtet sich die mediale Aufmerksamkeit in Samarkand vor allem auf das Zusammentreffen von Xi und Putin – und um Russlands Krieg in der Ukraine. Der wird mittlerweile auch in China rhetorisch offen unterstützt wird. Chinas drittmächtigster Mann beschuldigt die USA und die Nato

Chinas drittmächtigster Mann beschuldigt die USA und die Nato

Li Zhanshu, vom Rang drittmächtigster Parteikader Chinas, sagte vor vor wenigen Tagen bei seinem Besuch in Moskau: Die USA und die Nato hätten „Russland vor seiner Haustür bedroht und in eine Ecke gedrängt. Wir verstehen die Notwendigkeit der Maßnahmen, die Russland ergriffen hat, um seine nationalen Interessen zu sichern, und bieten Unterstützung an“.

LandUkraine
KontinentEuropa
HauptstadtKiew
Fläche603.700 Quadratkilometer (inklusive Ostukraine und Krim)
Einwohnerca. 41 Millionen
StaatsoberhauptPräsident Wolodymyr Selenskyj
RegierungschefMinisterpräsident Denys Schmyhal
Unabhängigkeit24. August 1991 (von der Sowjetunion)
SpracheUkrainisch
WährungHrywnja

Solche Stellungnahmen verdeutlichen unmissverständlich, wie weit der chinesisch-russische Schulterschluss reicht. Dabei spielt die wirtschaftliche Win-Win-Situation keine unbedeutende Rolle: Pekings Staatsunternehmen füllen schließlich das Vakuum, welches die westlichen Handelsboykotte hinterlassen haben – und importieren im großen Stil russisches Gas und Öl zu günstigen Konditionen. Es wird zudem erwartet, dass beide Länder schon bald den Bau einer zweiten Gas-Pipeline formell besiegeln werden.

Chinas Staatschef braucht Partner an seiner Seite – auch Putin

Doch der tatsächliche Kern der Zweckbündnisses ist politischer Natur. Xi Jinping braucht einen Partner an seiner Seite, mit dem er gemeinsam eine Front gegen die USA aufbauen kann. In ihrer Haltung gegenüber dem Westen sind die zwei Staatschefs vollends geeint. Erst wenige Wochen vor der russischen Invasion gegen die Ukraine haben Xi und Putin ihre „grenzenlose Freundschaft“ in einem 5300 Wörter langem Manifest zelebriert.

Jedoch wird Peking sich vermutlich hüten, selbst aktiv Waffen nach Russland zu liefern. Dies käme de facto einem Bruch mit Europa gleich, den sich die Volksrepublik ökonomisch nicht leisten kann. Nahezu im Monatstakt haben schließlich die internationalen Großbanken ihre Wachstumsprognosen für China nach unten korrigiert.

Für 2022 scheint angesichts der anhaltenden Corona-Lockdowns maximal eine Expansion des Bruttoinlandsprodukts um drei Prozent in Reichweite. Was solide klingt, ist jedoch nur die Hälfte dessen, was die aufsteigende Weltmacht benötigt, um ihre wachsende Mittelschicht bei der Stange zu halten.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.