Berlin. Der neue Katalog mit Corona-Regeln scheint erst einmal ein guter Kompromiss zu sein. Doch der Praxistest folgt erst noch im Winter.

Das Coronavirus hat viel von seinem Schrecken verloren. Dank eines inzwischen geübten Umgangs mit dem Virus, wirksamen Masken, eines gewissen Schutzes durch Impfungen und durchgestandene Infektionen ist unser Alltag trotz hoher Ansteckungszahlen ein ganz anderer als in früheren Phasen der Pandemie.

Allerdings gehört zu unserem Leben mit Corona auch, dass das Virus für manche Mitmenschen weiterhin hochgefährlich ist, dass niemand vor langfristigen Folgen geschützt zu sein scheint und dass es immer wieder Infektionswellen geben wird. Hinzu kommt, dass wir uns auch auf neue, hinsichtlich Ansteckung und Verlauf möglicherweise gefährlichere Varianten, einstellen müssen.

Wir müssen also eine Balance zwischen Freiheit und Vorsicht finden – und diese abhängig vom Verlauf der Pandemie sensibel justieren. Der Schutz der Grundrechte muss ebenso gewahrt sein wie der Schutz vulnerabler Gruppen. Das Recht von Kindern auf Bildung und Kontakt mit Gleichaltrigen ist ebenso wichtig wie die Maßgabe, eine Überlastung des Gesundheitssystems und seiner Beschäftigten zu vermeiden.

Mit dem Vorschlag für eine Neufassung des Infektionsschutzgesetzes versuchen Gesundheitsminister Lauterbach und Justizminister Buschmann, diese Balance zu finden. Zwangsweise – der ewige Mahner Lauterbach und der liberale Lockdown-Gegner Buschmann mussten einen Kompromiss finden.

Jan Dörner, Politikredakteur Funke Zentralredaktion
Jan Dörner, Politikredakteur Funke Zentralredaktion © Privat | Privat

Corona-Regeln: Maskenpflicht in Bahn und Flieger bleibt

Herausgekommen ist ein Plan, der etwa auf Bundesebene eine Maskenpflicht im Flug- und Bahn-Fernverkehr fortschreibt, den Ländern aber die Möglichkeit zur Verschärfung der Schutzmaßnahmen gibt. Dazu zählen etwa eine Maskenpflicht in Innenräumen oder Obergrenzen für Teilnehmerzahlen bei Veranstaltungen.

Die Länder hatten angesichts der Kurskonflikte der Ampel-Koalition in der Corona-Politik befürchtet, dass sie nichts in den Händen haben, wenn im Herbst die Infektionszahlen aller Voraussicht nach wieder stärker steigen. Nun haben sie einen Instrumentenkasten bekommen, der zwar nicht so umfangreich ist, wie es sich mancher Ministerpräsident gewünscht hat. Mit den vorgeschlagenen Regeln können die Länder aber arbeiten.

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Zumindest in der Theorie. In der Praxis wird sich der neue Rechtsrahmen im Herbst und Winter erst bewähren müssen. Ob die Länder eine Verschärfung der Schutzmaßnahmen für geboten halten, liegt demnach in ihrem eigenen Ermessen. So war es bereits in der Vergangenheit – was aber dazu führte, dass so mancher Regierungschef wegen hoher Inzidenzen in seinem Land lauthals nach bundesweiten Regeln rief: Weil er nicht den Mut hatte, die ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten konsequent auszuschöpfen.

Den eigenen Wählern die Weihnachtsstimmung zu vermiesen, während sich im Nachbarland lange Schlangen an den Glühweinständen bilden, das tut kein Ministerpräsident gerne. Die Folge war ein Durcheinander politischer Forderungen, das stets kurz vor dem nächsten Corona-Gipfel anschwoll.

Eine Maskenpflicht in Flugzeug und Bahn soll es weiterhin geben.
Eine Maskenpflicht in Flugzeug und Bahn soll es weiterhin geben. © dpa | Marijan Murat

Neuregelung des Infektionsschutzgesetzes befristet bis April

Zudem ist der neue Corona-Katalog wieder mit einem Verfallsdatum versehen. Anfang April laufen die Regeln aus. Davor wird sich das verbale Gerangel zwischen der FDP auf der einen Seite und SPD und Grünen auf der anderen Seite um eine Nachfolgeregelung wiederholen.

Ausgehend davon, dass wir aber auch in Zukunft mit dem Virus leben müssen, wäre eine längere Laufzeit besser gewesen. Auch für andere Extremlagen gibt es schließlich Regeln und Vorschriften. Es ist gut, dass es sie gibt. Wenn wir sie nicht anwenden müssen, umso besser.