Berlin. Es wird über die Rente mit 70 diskutiert. Für die junge Generation sind die Aussichten düster. Die Politik liefert keine Antworten.

Generationengerechtigkeit ist in diesen Tagen wieder ein großes Wort. Mit Generationengerechtigkeit begründet Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) beispielsweise die strikte Einhaltung der Schuldenbremse im kommenden Jahr.

Tatsächlich dürfte so manchem schwindelig werden bei der Vorstellung, dass die junge Generation den zuletzt entstandenen Milliarden-Berg künftig wieder abtragen muss. Es ist keineswegs sicher, dass Deutschland wie nach der Finanzkrise aus diesen Schulden einfach wieder herauswächst. Selbst CDU-Chef Friedrich Merz, dem als früherer Aufsichtsratschef des deutschen Ablegers des US-Investmentgiganten Blackrock der Wachstumsglaube besonders nah ist, meint, dass der Höhepunkt des Wohlstandes wohl vorerst hinter uns liege.

Rente: Für die junge Generation sind es düstere Aussichten

Für junge Menschen hierzulande sind es düstere Aussichten. Schon jetzt ist der heiße Atem der Klimakrise zu spüren. Das Gefühl der Unbeschwertheit ist der Unsicherheit durch einen Krieg mitten in Europa gewichen. Manche Wohlstandsversprechen haben sich in Luft aufgelöst.

Für viele, die in den großen Städten leben, ist es etwa illusorisch geworden, über den Erwerb von Wohneigentum nachzudenken. Als Dank für die Entbehrungen muss die Generation künftig womöglich deutlich länger arbeiten.

Die Politik schreckt seit Jahren vor einer Rentenreform zurück

Die Rente mit 70 Jahren wird diskutiert. Wieder einmal. Die Muster sind dieselben. Die Arbeitgeber weisen auf die steigende Lebenserwartung hin, Gewerkschaften sind empört und Ökonomen warnen vor einer absehbaren Überforderung des Systems.

Dass die immer gleiche Debatte geführt wird, liegt vor allem daran, dass eine wirkliche Rentenreform für die Politik seit Jahren eine heiße Kartoffel ist. In jedem Wahlkampf wird gemahnt, dass die künftige Regierung die letzte sei, die das System vor dem Kollaps bewahren könne – nach vier Jahren wird das Problem trotzdem an die nächste Regierung weitergereicht.

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Rente mit 70 ist in körperlich harten Berufen keine Option

Diese Methodik wird künftig nicht mehr funktionieren. Die geburtenstarken Jahrgänge gehen bald in Rente. Die Last der Finanzierung des Systems wird auf immer weniger Schultern abgeladen. Schon heute fließt jeder vierte Euro der Haushaltsausgaben des Bundes an die Rentenversicherung – Tendenz klar steigend.

Soll die Finanzierung gewährleistet bleiben, ist mit steigenden Beiträgen und einem sinkenden Rentenniveau in Zukunft zu rechnen. Oder aber mit einem späteren Renteneintritt. Für diejenigen, die hart körperlich arbeiten, bedeutet das im Zweifel weitere Abschläge – denn viele werden die Arbeit bis 70 Jahre nicht durchhalten. Der Fachkräftemangel wird sich mit dieser Aussicht in solchen Berufen nur verschärfen.

Steckt dagegen der Bund künftig noch mehr Geld in das System, wird es an anderen Investitionen fehlen. Welche Auswirkungen das hat, lässt sich schon heute an der teils maroden Infrastruktur ablesen.

Tobias Kisling, Wirtschaftsredakteur
Tobias Kisling, Wirtschaftsredakteur © FUNKE Foto Services | Reto Klar

Der Rente droht ein Akzeptanzproblem

Damit wird die Rente nicht nur zur Frage der Generationengerechtigkeit, sie könnte mittelfristig auf ein Akzeptanzproblem zulaufen. Schon heute wenden sich viele Jüngere desillusioniert ab, ärgern sich über die Beiträge mit Aussicht auf minimale Rente und setzen alles auf die private Vorsorge.

Dabei mangelt es nicht an Reformvorschlägen. Mit der sogenannten Aktienrente nach skandinavischem Vorbild will die Ampel-Koalition einen ersten zaghaften Versuch unternehmen, ein neues Modell zu schaffen.

Auf Reformvorschläge folgt ein Aufschrei

In Schweden funktioniert das System gut. Hierzulande folgte ein Aufschrei. Die Rente werde verzockt, hieß es. Und genüsslich auf den Einbruch der Börsen in diesem Jahr verwiesen. Der anfängliche Reformwille beginnt zu bröckeln.

Man könnte es wie Österreich machen und auch Beamte, Selbstständige und Politiker in die Rentenkasse einzahlen lassen. Doch auch davon will man nichts wissen. Stattdessen wird in blümscher Manier betont, die Rente sei sicher und auf Zumutungen müsse man sich vorerst nicht einstellen. Das kann dann die nächste Regierung erledigen. Und die nächste Generation ausbaden.