Berlin . Pharmakonzern Johnson&Johnson hat seinen Vertrieb in Russland bislang nicht eingestellt. Dafür gibt es scharfe Kritik aus der Ukraine.

Im Zuge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und den damit verbundenen Sanktionen haben sich zahlreiche große Konzerne vom russischen Markt zurückgezogen. Der Boykott reicht von Apple über BMW und Ikea bis hin zu McDonald's und Visa. Andere Unternehmen halten an ihrem Russland-Geschäft fest - unter anderem das US-amerikanische Pharmaunternehmen Johnson&Johnson.

Viele Pharmakonzerne rechtfertigen das Festhalten am russischen Markt damit, der Zivilbevölkerung keine wichtigen Medikamente vorenthalten zu wollen. Vom ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba gibt es für dieses Vorgehen nun scharfe Kritik.

Ukrainischer Außenminister erhebt schwere Vorwürfe

Mit der Weigerung, sich aus Russland zurückzuziehen, habe sich Johnson&Johnson dazu entschieden, "Blutprofite" zu machen, schrieb Kuleba in einem Tweet - unter einer Fotomontage, die links ein Werbefoto des Konzerns und rechts das Bild der Schwangeren zeigt, die nach einem Angriff auf eine Geburtsklinik in Mariupol auf einer Pritsche getragen wird und Berichten zufolge inzwischen gestorben ist.

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Der Verbleib des Unternehmens in Russland erlaube es der "russischen Kriegsmaschine, unschuldige ukrainische Männer, Frauen, Kinder und Ältere" zu töten, schrieb Kuleba in dem Tweet weiter.

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Deutsche Pharmakonzerne halten an Russland fest

Auch der Pharma- und Pflanzenschutzkonzern Bayer sieht für sich wichtige Gründe, am Geschäft in Russland festzuhalten. "Der Zivilbevölkerung wesentliche Gesundheits- und Landwirtschaftsprodukte vorzuenthalten – wie zur Behandlung von Krebs- oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Gesundheitsprodukte für Schwangere und Kinder sowie Saatgut für den Anbau von Nahrungsmitteln – würde die Zahl an Menschenleben, die dieser Krieg fordert, nur vervielfachen", verteidigte Bayer sein Vorgehen.

Das Bad Homburger Dax-Unternehmen Fresenius argumentiert ähnlich. "Zu unserer Verantwortung als Gesundheitsunternehmen gehört auch, unsere Patienten in Russland nicht allein zu lassen, sondern weiter medizinisch zu versorgen." Die Patienten seien auf lebenswichtige Dienstleistungen und Produkte angewiesen. Fresenius hat den Angaben zufolge rund 100 Dialysezentren für Nierenkranke in Russland, gut 3000 Menschen arbeiten in dem Land für den Konzern.

Auf die Verpflichtung den Patienten gegenüber verweist auch der Darmstädter Pharma- und Technologiekonzern Merck. "Unser oberstes Ziel ist es natürlich, die Sicherheit unserer Mitarbeiter sowie die Versorgung der Patienten mit unseren Medikamenten sicherzustellen", heißt es bei dem Dax-Unternehmen, das kein großes Russland-Geschäft hat. Man habe die lokalen Vorräte aufgestockt und werde diese in den kommenden Wochen noch ausbauen.

(raer/mit dpa)

Dieser Artikel erschien zuerst auf www.waz.de