Berlin. Vor unseren Augen werden Menschenleben, Familien, Städte und vielleicht ein ganzes Land zerstört. Wir müssen der Ukraine jetzt helfen.

Die Bilder und Nachrichten, die uns seit Beginn der russischen Invasion aus der Ukraine erreichen, sind dramatisch. Ein kleines Mädchen, das sich vor der Flucht weinend von ihrem Vater verabschiedet, der zum Kämpfen zurückbleibt. Waffen, die von der Ladefläche eines Lastwagens an Zivilisten ausgegeben werden.

Das Verteidigungsministerium, das die Bewohner eines Bezirks der Hauptstadt Kiew dazu aufruft, sich mit Molotow-Cocktails gegen die mit modernen Waffen kommenden Angreifer zu wehren.

Vor unseren Augen werden Menschenleben, Familien, Dörfer und Städte und vielleicht ein ganzes Land zerrissen und zerstört. Haben wir, hat Deutschland genug getan, um die Ukraine und ihre Bewohner vor diesem Schicksal zu beschützen?

Seit der Annexion der Krim hilft Deutschland der Ukraine

Seit Beginn des Konfliktes in der Ostukraine und der Annexion der Halbinsel Krim durch Russland im Jahr 2014 hat die Bundesregierung das Land mit mehr als 1,8 Milliarden Euro unterstützt. Mit dem Geld ist etwa humanitäre Hilfe für Binnenvertriebenen geleistet worden, zudem förderte Deutschland die politische und wirtschaftliche Entwicklung des Landes. Finanziell ist das ein enormer Beitrag, zusammen mit den USA ist Deutschland der größte bilaterale Geldgeber im zivilen Bereich.

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Ein von den Kämpfen beschädigtes Gebäude in Kiew.
Ein von den Kämpfen beschädigtes Gebäude in Kiew. © Getty Images | Pierre Crom

Das Leben vieler Menschen in der Ukraine mag die deutsche Unterstützung in den vergangenen Jahren verbessert haben, abgeschreckt hat sie den russischen Machthaber Wladimir Putin allerdings nicht davon, das Nachbarland anzugreifen. Ob die von dieser und auch der vorherigen Bundesregierung strikt abgelehnte Lieferung von tödlichen Waffen an die Ukraine den Kreml-Chef von seinem offenbar von langer Hand vorbereiteten Plan zur Invasion abgebracht hätte, lässt sich im Nachhinein nicht beantworten.

Für Waffenlieferungen ist es wohl zu spät

Nun mehren sich hierzulande zwar die Stimmen, die unter dem Eindruck der russischen Invasion eine Ausrüstung der Ukraine mit Waffen fordern. Traurig, aber wahr: Selbst wenn die deutsche Regierung ihre Haltung ändern würde, wäre es dafür womöglich längst zu spät.

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Die russischen Truppen standen am Freitag bereits in der Hauptstadt Kiew. Viele Flughäfen, die für die Lieferung von Waffen genutzt werden könnten, hat die russische Armee in den ersten Kriegsstunden bombardiert. Eine solche Aktion ließe sich nur schwer koordinieren, die inzwischen vor einem Monat von der Bundesregierung angebotenen 5000 Helme sind erst am Freitag auf zwei Lastwagen verladen worden. Die Übergabe ist außerhalb der Ukraine geplant.

Deutschand muss Selenskyj Exil anbieten

Deutschland muss dem Land jetzt anders helfen. Die Bundesregierung sollte erstens dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und den Mitgliedern seiner Regierung jede politische Unterstützung und Exil in Deutschland anbieten, falls diese sich Putins Zugriff noch entziehen können. Zweitens muss Deutschland schärfste Sanktionen gegen Russland vorantreiben. Es ist eine gute Nachricht, dass die europäischen Strafmaßnahmen nun auch auf Putin selbst zielen. Doch der Willen, den russischen Präsidenten zu stoppen, muss noch weitergehen.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj spricht am Ende des ersten Tages der Angriffe Russlands zur Nation.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj spricht am Ende des ersten Tages der Angriffe Russlands zur Nation. © dpa | Ukrainian President's Office

Deswegen gehört zu den nächsten Schritten auch der Ausschluss Russlands von dem internationalen System zur Abwicklung von Geldtransfers Swift. Ja, das kann auch der deutschen und europäischen Wirtschaft schaden. Aber die politischen und finanziellen Kosten wären auf lange Sicht höher, wenn Putin jetzt nicht Einhalt geboten wird. Und drittens muss Deutschland schnell und umfassend humanitäre Hilfe für die von dem Krieg betroffenen Ukrainer leisten. Das gilt für die in andere Staaten Geflüchteten und, sobald die Lage es zulässt, auch für die im Land Verbliebenen.

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