Berlin. Annegret Kramp-Karrenbauers Rücktritt war nach ihrem Autoritätsverfall nur konsequent. Ihre Nachfolge muss nun schnell geklärt werden.

Besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. An dieses alte Sprichwort mag sich Annegret Kramp-Karrenbauer erinnert haben, als sie entschied, auf den Parteivorsitz und die mögliche Kanzlerkandidatur zu verzichten.

Zu groß war der Druck. Zu scharf war die Kritik. Zu bleiern lagen die persönlichen Umfragewerte seit Monaten im Keller. Das Polit-Chaos von Thüringen war jetzt der Anlass für diesen spektakulären Schritt. Der alleinige Grund war es nicht.

Kramp-Karrenbauer: Nach ihrem Wahlsieg ging es bergab

Annegret Kramp-Karrenbauer hat realistisch erkannt, dass sie nicht genug Rückhalt in der Partei hat, um die CDU in schwierigen Zeiten zu einen und zum Wahlsieg 2021 zu führen. Dass es ihr nicht einmal gelang, den Thüringer Landesverband auf Linie zu bringen, ist der letzte Beweis für dieses Autoritätsdefizit.

Kramp-Karrenbauers knapper Wahlsieg über Friedrich Merz war der Höhepunkt und gleichzeitig auch der Wendepunkt ihrer politischen Karriere. Danach hätte sie eigentlich mit Rückenwind durchstarten müssen – tatsächlich ging es für sie persönlich bergab.

Kramp-Karrenbauers Rücktritt ist nur konsequent

Auf dem ersten Parteitag nach ihrer Wahl musste die neue Vorsitzende bereits mit Rücktritt drohen – mit den Worten „dann lasst es uns hier und jetzt beenden“, brachte sie die Delegierten mit vorgehaltener Pistole auf Kurs. Jetzt will sie wirklich zurücktreten, und die Suche nach Schuldigen ist dabei müßig.

Jörg Quoos, Chefredakteur der Funke Zentralredaktion, kommentiert den Rücktritt von Annegret Kramp-Karrenbauer.
Jörg Quoos, Chefredakteur der Funke Zentralredaktion, kommentiert den Rücktritt von Annegret Kramp-Karrenbauer. © Dirk Bruniecki

Am Ende war es ein Mix aus eigenen Fehlern, dem schwierigen Teilrückzug der Kanzlerin, unfairen Attacken von den eigenen Leuten, schlechter Beratung und medialem Sperrfeuer. Starke Vorsitzende halten so etwas aus, schwächere scheitern daran. Daher ist ein Rücktritt – auch wenn er alle überrascht – logisch und konsequent.

Laschet, Merz und Spahn machen CDU-Parteivorsitz unter sich aus

Jetzt hat die Suche nach dem Nachfolger begonnen. Die geschlechtsneutrale Formulierung braucht es dazu nicht – es ist keine neue Vorsitzende in Sicht. Mit Armin Laschet, Friedrich Merz und Jens Spahn sind drei Männer aus Nordrhein-Westfalen die aussichtsreichsten Nachfolgekandidaten. Unter ihnen wird der Parteivorsitz entschieden.

Laschet ist für Parteispitze und Kanzleramt ein Kandidat wie vom Reißbrett: Er ist als Ministerpräsident regierungserfahren, er führt den stärksten CDU-Landesverband, wäre koalitionstechnisch kompatibel für SPD, FDP oder Grüne und hat als Ex-Integrationsminister wichtige Erfahrungen auf dem Feld der Migration.

Friedrich Merz, der frühere Fraktionschef, wäre „zurück in die Zukunft“. Er hat nur eine Chance, wenn er sofort mehr Verantwortung übernimmt, sich Kärrnerarbeit auflädt und alle unsolidarischen Querschüsse wie nach der Thüringenwahl künftig sein lässt. Sein Fanclub in der CDU ist noch beachtlich, schrumpfte seit der knapp verlorenen Kampfabstimmung um den Parteivorsitz aber tendenziell.

Jens Spahn stünde für einen besonders entschlossenen Generationenwechsel. Er kann seinen Ehrgeiz am wenigsten verbergen und steht auch dazu. Als Gesundheitsminister macht er einen guten Job. Mit 39 Jahren hat er aber noch genug Zeit. Das könnte auch die Partei so sehen.

CDU sollte den Übergang schnell über die Bühne bringen

Weniger Zeit hat die Partei für die Schaffung klarer Verhältnisse. Die CDU kann sich unmöglich eine ewige Hängepartie beim Vorsitz leisten. Angela Merkel ist bereits eine Kanzlerin auf Abruf, da braucht es nicht noch eine CDU-Chefin auf Abruf.

Daher sollte die Partei den Übergang entschlossen und schnell über die Bühne bringen. Dass ein besonders langer und quälender Krönungsprozess nicht zwingend zu einem besonders erfolgreichen Ergebnis führt, konnte man eindrucksvoll bei der SPD besichtigen.