Berlin . Der Bundestag hat eine Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes beschlossen. Das sind die neuen Voraussetzungen für eine Einbürgerung.

Sie stammen aus der Türkei, aus Polen, in den vergangen Jahren häufig auch aus Großbritannien: Jedes Jahr entscheiden sich zahlreiche Menschen, deutsche Staatsbürger zu werden. 2018 lag ihre Zahl bei 112.300.

Der Bundestag hat nun die Voraussetzungen dafür geändert: Mit den Stimmen der Unions- und SPD-Abgeordneten und gegen heftige Kritik beschloss das Parlament am Donnerstagabend eine Reform des Staatsangehörigkeitsgesetzes.

Ausgangspunkt für die Neuregelung waren die Erfahrungen mit Deutschen, die sich freiwillig dem IS angeschlossen haben: Diesen will die Regierung in Zukunft die Staatsbürgerschaft entziehen können.

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Wer sich an „Kampfhandlungen einer terroristischen Vereinigung im Ausland konkret beteiligt“, wie es im Gesetzesentwurf heißt, soll künftig den deutschen Pass verlieren. Bisher gab es eine entsprechende Regelung für den Eintritt in die offiziellen Streitkräfte eines anderen Landes. Voraussetzung für den Entzug der Staatsangehörigkeit ist, dass der- oder diejenige eine zweite hat, denn niemand darf staatenlos gemacht werden.

Doch was zahlreiche Kritiker auf den Plan gerufen hat, sind die neuen Voraussetzungen zur Einbürgerung. Bisher galt: Wer seit mindestens acht Jahren in Deutschland lebt, nicht straffällig wird und seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten kann, hat einen Anspruch, Staatsbürger zu werden.

Jetzt gibt es einen weiteren Punkt auf der Liste der Bedingungen: Wer Deutscher oder Deutsche werden will, muss seine „Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse“ garantieren, insbesondere, dass „er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist“.

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Kritisiert wird vor allem die nicht näher definierte „Einordnung“, die das Gesetz zukünftig verlangt: Mit einem „willkürlichen Leitkultur-Paragrafen“ werde da „den Behörden ein Spielraum bei der Einbürgerung eingeräumt, der das Staatsangehörigkeitsrecht in die 80er-Jahre zurückkatapultiert“. Das sagt ein Bündnis aus Wissenschaftlern, Gewerkschaftern, Wohlfahrtsverbänden und Migrantenorganisationen in einem offenen Brief.

Die Unterzeichner hatten die Bundestagsabgeordneten daher aufgefordert, den Änderungen nicht zuzustimmen. Initiiert hatte den Aufruf das Netzwerk „Neue deutsche Organisationen“, zu den Erstunterzeichnern gehören unter anderem die frühere Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, Cornelia Schmalz-Jacobsen, der Paritätische Gesamtverband sowie namhafte Rechts- und Migrationsexperten.

Staatsangehörige zweiter Klasse?

Im Aufruf wird auch darauf hingewiesen, dass die Frist, innerhalb der die neu erworbene Staatsbürgerschaft wieder zurückgezogen werden kann, von fünf auf zehn Jahre verlängert werden soll. Das gilt zum Beispiel für Fälle, in denen jemand über seine Identität falsche Angaben gemacht hat.

Bestimmte Gruppen von Deutschen würden zu Staatsangehörigen zweiter Klasse und zu Staatsbürgern auf Widerruf, heißt es in dem Appell. Weil für eine Einbürgerung außerdem ein lückenloser Identitätsnachweis geführt werden muss, könnten zahlreiche Geflüchtete absehbar keine deutschen Bürger werden. Die Autoren des Appells kritisierten das Fehlen einer Härtefallregelung für diese Gruppe.

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Auch der Verband binationaler Familien und Partnerschaften sieht in der Änderung einen Fehler: Ohne Not und wegen nur weniger Fälle werde aus „fadenscheinigen sicherheits- und migrationspolitischen Erwägungen“ der Zugang zur Staatsangehörigkeit eingeschränkt, so Bundesgeschäftsführerin Hiltrud Stöcker-Zafari.