Berlin. Die NRW-SPD bildet den größten Verband der Partei – ihr Wort hat Gewicht. In einem Brief äußert sich die Landesführung nun zur Krise.

Die mächtige nordrhein-westfälische SPD lehnt ein Vorziehen des Bundesparteitags ab und tritt dafür ein, dass die SPD wie geplant im Dezember über die Fortsetzung der großen Koalition abstimmt. „Wir wissen, wir brauchen Zeit zur inhaltlichen Beratung, Entscheidung und befürworten daher den Parteitag im Dezember 2019“, heißt es in einem Brief des NRW-Landesvorstandes an die drei kommissarischen SPD-Chefs Malu Dreyer, Manuela Schwesig und Thorsten Schäfer-Gümbel, der unserer Redaktion vorliegt.

Aus anderen Landesverbänden kam zuletzt die Forderung, den Parteitag auf September oder Oktober vorzuziehen. Es sei wichtig, dass die SPD-Führung mit einem starken Verhandlungsmandat in die Halbzeitbilanz mit der Union gehe. Die Evaluierung der GroKo müsse auf dem Dezember-Parteitag erfolgen, Befürworter und Kritiker gleichwertig einbezogen werden, heißt es in dem Schreiben, das der NRW-Vorstand bei einem Krisentreffen am Freitagabend in Düsseldorf einstimmig – bei zwei Enthaltungen - verabschiedete.

Darin wird außerdem gefordert, dass nach dem Rücktritt von Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles bei der Besetzung von Spitzenposten die SPD-Mitglieder beteiligt werden: „Wir fordern die frühzeitige Einbeziehung der Mitglieder auch bei Personalfragen.“ Der SPD-Politiker Kahrs hatte sich dafür ausgesprochen, auch Nicht-Mitglieder zum Personal zu befragen.

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    Die Führung des größten SPD-Landesverbands betont, die Probleme der Sozialdemokratie gingen aber weit über Personal- und Organisationsfragen hinaus. Die inhaltliche Profilierung müsse schnell umgesetzt werden. Wochenlange Strategiedebatten, Strukturfragen oder „Erneuerungsphrasen“ würden nicht mehr weiterhelfen.

    So sei das Versprechen an die SPD-Mitglieder, neben der Regierungsarbeit in der großen Koalition die eigene SPD-Vision von „Rot-Pur“ sichtbar zu machen, nicht ausreichend gelungen. Eine eigene Vision werde nicht erkennbar, „wenn wir bei den Einzelthemen den Kompromiss bereits gleich mit einbauen“, schreibt die NRW-SPD mit Blick auf mit der Union umstrittene Themen wie Grundrente und Soli-Abbau für 90 Prozent der betroffenen Steuerzahler.

    Zum Klimaschutz heißt es, es sei Aufgabe der SPD, den Hebel zur klimaneutralen Wirtschaft und Gesellschaft jetzt umzulegen. „Nur die SPD ist in der Lage, Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit und eine umweltgerechte Industriepolitik durchzusetzen.“ Der Bundesvorstand der SPD will nach dem Nahles-Rücktritt in einer Sitzung am 24. Juni die Weichen für weitreichende Reformen in der Partei stellen. (FMG)