Berlin. Wirtschaftsminister Peter Altmaier kämpft auf verlorenem Posten – eine kluge Rochade muss her. Friedrich Merz wäre die Idealbesetzung.

Ein Bundesminister ist immer dann besonders stark, wenn er ein Ministerium mit weitreichenden Kompetenzen und großem Etat führt oder außergewöhnlich mit seiner Persönlichkeit im Amt wirken kann. Das sind die zwei Probleme von Peter Altmaier.

Der Bundeswirtschaftsminister verfügt weder über das eine noch über das andere und steckt nach einer beachtlichen politischen Karriere mittendrin in einer handfesten Amtskrise.

Die Wirtschaft schießt gegen Wirtschaftsminister Altmaier: Der Minister sei ein „Totalausfall“, heißt es in Wirtschaftskreisen. Der Verband der Familienunternehmen, der immerhin 180.000 Firmen mit acht Millionen Beschäftigten vertritt, sieht das Amt durch den Wirtschaftsminister „beschädigt“. Zum 70. Geburtstag des Verbandes ist Altmaier weder eingeladen, noch darf er – wie sonst bei solchen Anlässen gerne gesehen – reden.

Das ist eine beispiellose Kampfansage in Kreisen, die sich üblicherweise hinter schallgedämmten Türen und auf hochflorigen Teppichen in der Chefetage die Meinung geigen. Die Bundesregierung muss diesen Angriff sehr ernst nehmen. Denn er ist zwar der Lauteste, aber bei Weitem nicht der Einzige.

Altmaier kann seine Kritiker nicht überzeugen

Die Unzufriedenheit in der Wirtschaft mit Altmaier ist riesig, und die Familienunternehmen gelten als Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Ein Wirtschaftsminister, der bei ihnen durchgefallen ist, kämpft eigentlich auf verlorenem Posten. Für die CDU ist der Vorgang besonders schmerzhaft, weil Altmaier seit langer Zeit der erste CDU-Wirtschaftsminister ist. Der letzte wirklich erfolgreiche CDU-Mann im Amt war Ludwig Erhard – und das ist fast sechzig Jahre her.

Natürlich dient ein Minister allen Deutschen und nicht nur den Verbänden. Aber das Urteil über Altmaiers Werkeln im Wirtschaftsministerium fällt auch beim Koalitionspartner, der Opposition und nicht einmal beim wissenschaftlichen Beirat des eigenen Hauses viel besser aus.

Auf der Internationalen Kartellkonferenz Mitte März in Berlin: Der Schatten des Wirtschaftsministers.
Auf der Internationalen Kartellkonferenz Mitte März in Berlin: Der Schatten des Wirtschaftsministers. © dpa | Ralf Hirschberger

Egal, ob es um die umstrittene Industriepolitik oder um den schleppenden Vollzug der Energiewende geht: Altmaier kann seine Kritiker nicht überzeugen. Das hat auch Kanzlerin Angela Merkel längst erkannt. Ihr Geduldsfaden ist dünner geworden und wäre mutmaßlich bereits gerissen, hätte Altmaier als Kanzleramtsminister nicht tapfer ihren politischen Bodyguard gegeben.

Die Kanzlerin wäre schlecht beraten, diese gefährliche Krise in ihrer Regierung weiter schwelen zu lassen. Ihr treuer Gefolgsmann Altmaier ist glühender Europäer, hat EU-Erfahrung und könnte mit seiner Vielsprachigkeit auch auf einem Brüsseler Posten glänzen.

Friedrich Merz würde Deutschland guttun

Und das Amt im Wirtschaftsministerium wäre frei für den Mann, den sich 48 Prozent der CDU-Delegierten sogar als Nachfolger von Merkel wünschten. Friedrich Merz wäre die Idealbesetzung. Nicht nur wegen des großen Rückhalts in der Partei. Er hat als Wirtschaftsanwalt und Investor auch die Kompetenz.

Als wortgewaltiger Ex-Fraktionschef hat er das politische Format, als langjähriger Präsident der Atlantikbrücke verfügt er über exzellente Kontakte in die USA. Das ist ein großer Wert in Zeiten eines erratischen US-Präsidenten und angesichts eines drohenden Handelskrieges.

Diese Personalvariante hat allerdings einen gewaltigen Haken: Ihr steht die Dickschädeligkeit aller entscheidenden Beteiligten an einem solchen Manöver entgegen. Die Bundeskanzlerin, die Parteichefin – aber auch Friedrich Merz – müssten gewaltig über ihre Schatten springen und alle zwischenmenschlichen Animositäten der Vergangenheit beerdigen.

Auch wenn es wahrscheinlicher ist, dass der Pförtner des Ministeriums neuer Minister wird: Europas größter Wirtschaftsnation würde ein solch pragmatischer Schritt guttun. (Jörg Quoos)