Berlin. Die FDP kritisiert Fördergelder für Holzheizungen, die Schadstoffe ausstoßen. Die Belastung durch Kamine & Co. ist fast so hoch wie im Verkehr.

Wetterguru Jörg Kachelmann ist auf dem Kriegspfad. Seine Gegner: Holzöfen. Seit geraumer Zeit ist der bekannte Fernseh-Moderator mit einer eindringlichen Botschaft unterwegs. Millionen Kaminöfen seien mindestens genauso schlimme Feinstaub-Dreckschleudern wie Dieselautos. „Um dem Fass den Boden auszuschlagen, wird der Wahnsinn, dass in Deutschland und anderswo wieder das Verbrennen von Holz in Mode gekommen ist, staatlich gefördert“, wetterte der Schweizer in einem Online-Gastkommentar.

Schützenhilfe bei seinem Feldzug gegen Kamine, Kachelöfen, Pellet-Öfen und Holzschnitzelheizungen bekommt Kachelmann jetzt von der FDP. Deren Finanzexperte im Bundestag, Frank Schäffler, wollte vom Wirtschaftsministerium wissen, wie viele Besitzer von Holzheizungen in den vergangenen Jahren von einer Förderung der Staatsbank KfW profitiert haben – und wie die Umweltbilanz der Anlagen eigentlich ausfällt. Die Fachleute von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) haben der FDP geantwortet und akribisch Zahlen zusammengetragen.

So viel Feinstaub wie der Straßenverkehr

Wie aus der unserer Redaktion vorliegenden Antwort der Bundesregierung hervorgeht, stoßen die mehr als 18 Millionen Gas- und Ölheizkessel in Deutschland insgesamt weniger als 600 Tonnen Feinstaub im Jahr aus – bei rund 440.000 Holzheizungen, die in den vergangenen zehn Jahren installiert wurden, waren es im Jahr 2017 über 3600 Tonnen Feinstaub. Damit tragen diese Zentralheizungen mit rund 3,5 Prozent zum gesamten Feinstaub-Ausstoß und zu 1 Prozent zu den Stickoxid-Emissionen bei.

„Die Regierung ist völlig verrückt. Bevor sie mit immer weiteren Interventionen die deutsche Autoindustrie zerstört und Tausende Dieselfahrer enteignet, sollte sie die irrsinnigen Subventionen für Holzheizungen einstellen“, sagte FDP-Mann Schäffler unserer Redaktion.

An den KfW-Förderprogrammen sehe man, „wie ineffizienter Klimaschutz zulasten der Umweltqualität geht“. Allerdings stellte die FDP von 2009 bis 2013 mit Rainer Brüderle und Philipp Rösler selbst die Wirtschaftsminister, die federführend für die Aufsicht der KfW-Programme zuständig waren. Staatlich gefördert mit bis zu 100.000 Euro werden jedoch nur Zen­tralheizungsanlagen, keine einzelnen privaten Kaminöfen.

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Welche Angaben sind überhaupt noch vertrauenswürdig?

Aber sind Kaminöfen und Pellet-Kessel, die nicht nur kuschelige Wärme verbreiten, sondern mit Holz günstiger zu befeuern sind als Öl- und Gaskessel, überhaupt so gefährlich wie behauptet? Spätestens seit der konzertierten Aktion einiger Lungenärzte, die mit teils falschen Vergleichszahlen Front gegen die EU-Stickoxidgrenzwerte für Autos und Diesel-Fahrverbote machten, sind viele Verbraucher extrem verunsichert, welche Angaben in der Schadstoffdiskussion überhaupt noch vertrauenswürdig sind. Hat Kachelmann recht, ist die Empörung der FDP angebracht?

Das Umweltbundesamt in Dessau beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Feinstaubproblematik beim Verfeuern von Holz. Die KfW-Förderkriterien für Biomasseanlagen seien für Kohlenmonoxid sogar deutlich, für Feinstaub geringfügig strenger als sonst geltende Grenzwerte. Außerdem werde der Einbau von „Staubabscheidern“ ebenfalls bezuschusst: „Von daher halten wir die KfW-Förderkriterien für sinnvoll“, betonte UBA-Expertin Anja Nowack. Zumal der meiste Feinstaub nicht durch geförderte Biomasse-Zentralheizungen in die Luft gelangt, sondern durch die heimeligen Öfen in den Wohnzimmern.

In Deutschland gibt es rund 0,7 Millionen Heizkessel für feste Brennstoffe und etwa 11,7 Millionen wie Kamine oder Kachelöfen, die vor allem mit Holz befeuert werden. Gefährlich für den Menschen sind besonders kleine Feinstaubpartikel (PM2,5) mit einem Durchmesser, der kleiner als 2,5 µm (gesprochen Mikrometer) ist. Die Größe entspricht 0,00025 Zentimetern.

Feinstaub mitverantwortlich für Schlaganfälle und Krebs

Je kleiner Feinstaubpartikel sind, desto tiefer können sie über die Atemwege in den Körper gelangen, bis in den Blutkreislauf und in das Gehirn. Wissenschaftler haben nachgewiesen, dass Feinstaubbelastungen für Schleimhautentzündungen bis hin zu Schlaganfall und Krebs mitverantwortlich sein können. „Auch Zusammenhänge zu neurologischen Erkrankungen wie Demenz und Morbus Parkinson werden diskutiert“, erklärt das Umweltbundesamt.

2016 waren diese PM2,5-Emissionen aus den Holzfeuerungen der Haushalte mit 17 Prozent fast so groß wie der Feinstaub-Ausstoß aus dem gesamten Straßenverkehr (19 Prozent). In den vergangenen Jahren stagnierten die Werte aus Kaminen dank schärferer gesetzlicher Vorgaben und moderner Öfen auf hohem Niveau, obwohl die Zahl der Lagerfeuer-Romantiker hierzulande stark zugenommen hat.

Holzofen-Boom für Kachelmann eine Katastrophe

Kritiker wie Kachelmann glauben, dass die Feinstaubgefahr aus den Schloten systematisch unterschätzt wird, weil Messstationen meist nur an stark befahrenen Straßen in den Städten zu finden seien. „Meistens zeigen nur private Messungen die real existierende Katastrophe durch den Holzofen-Boom“, klagte Kachelmann in einer Kolumne für „T-Online“.

Die Kaminfreunde, für die das Feuer in den eigenen vier Wänden ein Lifestyle-Spielzeug sei, gäben sich einer Lebenslüge hin, dass das Verbrennen von Holz ökologisch und nachhaltig sei, weil der Rohstoff – anders als Öl und Gas – eben nachwächst. „Die Holzofen-Lüge macht krank. Die Werte sind atemberaubend. Es wird nichts passieren“, so Kachelmann.

Deutsche Umwelthilfe fordert Öko-Label für Kaminöfen

Das Umweltbundesamt ordnet die vorliegenden Studien und Zahlen sachlich ein. In Gegenden, in denen viel mit Holz geheizt werde, könne es gerade bei windstillem Wetter in der Heizperiode zwar zu hohen Feinstaubbelastungen kommen, allerdings seien aus qualitätsgesicherten Messungen derzeit keine Hinweise bekannt, dass dort die geltenden Feinstaubgrenzwerte in der Außenluft überschritten würden: „Die höchsten Feinstaubkonzentrationen werden nach wie vor in Straßennähe gemessen, da die Emissionen der Fahrzeuge direkt in Bodennähe freigesetzt werden.“

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH), die in einigen Städten per Gericht Fahrverbote für Dieselautos wegen der Verletzung der EU-Grenzwerte für Stickoxid durchgesetzt hat, fordert die Einführung eines Öko-Labels wie der „Blaue Engel“ für besonders schadstoffarme Kaminöfen. Bund, Länder und Kommunen sollten dringend strengere Vorgaben für die Holzfeuerung auf den Weg bringen.

Die Belastung durch Feinstaub war zuletzt immer wieder Thema – nicht nur bei Dieselautos. So forderte die Umwelthilfe etwa auch ein Böllerverbot in Städten.

Wer dauerhaft Schadstoffe einatmet, könnte gesundheitliche Probleme bekommen. So ungesund ist Luftverschmutzung wirklich.

Trotzdem: Irgendwann muss auch mal Schluss sein mit der Verboteritis, findet unser Kommentator: Viel Feinstaub, aber: Lasst uns trotzdem den Kamin!