Berlin. Bei der Lockerung des Werbeverbots für Abtreibungen haben SPD und Union gezeigt, dass die Große Koalition regieren kann. Gut gemacht!

Was macht man, wenn der eine Schwarz will und der andere Weiß? Genau: Man trifft sich bei Grau. Das klingt erstmal schlaff und mittelmäßig. Aber am Ende funktioniert gutes Regieren exakt so: Demokratie ist die Kunst des Kompromisses. Und genau das haben Union und SPD beim Streit um das Werbeverbot für Abtreibungen, beim Ringen um den Paragrafen 219a gezeigt.

Der Strafrechtsparagraf wird nicht komplett abgeschafft (was die SPD gefordert hatte). Er wird aber auch nicht nur kosmetisch reformiert (was CDU und CSU wollten). Mit den neuen Regelungen, auf die sich die Koalitionspartner geeinigt haben, können sich Frauen in Zukunft zuverlässig darüber informieren, welcher Arzt Abtreibungen anbietet und welche Methoden es gibt. Das schafft Rechtssicherheit für Ärzte und Informationsfreiheit für betroffene Frauen.

Klar, es kommt nicht so oft vor, dass man dieser großen Koalition auf die Schulter klopfen will. Aber diesmal haben sie es verdient: Gut gemacht, Leute! So und nicht anders geht rationales Regieren.

Ein Nein zum Kompromiss würde die Stabilität der Regierung bedrohen

Wer jetzt trotzdem weiter die Abschaffung des Werbeverbots fordert, wer sich wünscht, die SPD würde endlich mal ordentlich die Backen aufblasen und die Sache zum Scheidungsgrund in der GroKo machen, der dürfte zwar viel Beifall in linken, frauenbewegten Kreisen bekommen – doch was hieße das dann in der Konsequenz?

Sollte die SPD jetzt im Nachhinein noch Nein sagen zum Kompromiss, den ihre eigenen Ministerinnen ausgehandelt haben, würde sie mutwillig eine mittlerweile wieder halbwegs stabile Regierung sprengen. Und zwar in einem Punkt, der – ehrlich gesagt – alles andere als kriegsentscheidend ist.

Käme es so, wäre jedenfalls eines sicher: Die Mehrheit der Leute im Land würde sich fassungslos von dieser Regierung abwenden.