Bremen. Nach dem Angriff auf AfD-Mann Frank Magnitz in Bremen wurde ein Video der Tat veröffentlicht. Auch gegen Magnitz selbst wird ermittelt.
Auch mehrere Tage nach dem Angriff auf den Bremer AfD-Chef Frank Magnitz fehlt von den Tätern – einem Angreifer und zwei Begleitern – jede Spur. Die Ermittler haben nun ein Video von dem Überfall veröffentlicht und erhoffen sich davon Hilfe bei der Suche nach den Verantwortlichen. Zuvor hatte ein öffentlicher Zeugen-Aufruf keinen Erfolg.
Das Material einer Überwachungskamera wurde im Rahmen einer Öffentlichkeitsfahndung zugänglich gemacht. Die Polizei Bremen veröffentlichte es auf ihrer Internetseite. Polizei und Staatsanwaltschaft hatten diesen Schritt zuvor angekündigt.
AfD-Politiker Magnitz bei Angriff schwer verletzt – das Wichtigste in Kürze:
- Frank Magnitz, AfD-Landesvorsitzender aus Bremen, wurde bei einem Angriff schwer verletzt
- Auf den Politiker wurde mehrfach eingeschlagen
- Die Polizei bittet Zeugen um Mithilfe
- Die Ermittler bildeten eine Sonderkommission
- Magnitz äußerte sich bereits zu dem Übergriff
- Er wurde offenbar nicht mit einem Gegenstand geschlagen
- Die AfD hat ihre Darstellung deshalb relativiert
- Ein angebliches Bekennerschreiben ist aufgetaucht
Indes bestätigte die Staatsanwaltschaft Bremen, dass auch gegen Magnitz selbst ermittelt wird. Gegen den AfD-Politiker besteht der Verdacht der Untreue. Zunächst hatte Radio Bremen darüber berichtet.
Auslöser für das Verfahren gegen den Bundestagsabgeordneten sei eine Strafanzeige aus dem Dezember vergangenen Jahres, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Inhaltlich gehe es um Parteigelder, sagte er, ohne weitere Details zu nennen.
Magnitz vermutet parteiinterne Gegner hinter der Anzeige
Die Staatsanwaltschaft habe den Bundestag über die Ermittlungen gegen Magnitz informiert. Innerhalb der Frist von 48 Stunden habe das Parlament die Immunität des Abgeordneten nicht wieder hergestellt, erläuterte Passade. „Dadurch ist ein ordnungsgemäßes Verfahren möglich.“ Gegenüber dem Regionalmagazin „buten un binnen“ wies Magnitz die Vorwürfe zurück und vermutete parteiinterne Gegner hinter der Anzeige.
Magnitz (66) wurde am Montagabend in Bremen von einem Mann angegriffen, zwei weitere begleiteten den Täter. Der Politiker zog sich bei dem Überfall schwere Verletzungen am Kopf zu. Die Polizei ermittelt wegen gefährlicher Körperverletzung. Die Tat hatte international für Schlagzeilen gesorgt.
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Ermittler prüfen angebliches Bekennerschreiben
Zurzeit prüft die Staatsanwaltschaft ein angebliches Bekennerschreiben, das auf der Internetplattform „Indymedia“ eingestellt war und inzwischen gelöscht wurde. Auf der offenen Plattform teilen immer wieder auch linksradikale Gruppen ihre Inhalte.
Über das Schreiben berichten unter anderem die „Welt“ und „Spiegel Online“. „Magnitz … darf in Bremen und anderswo keinen Fuß mehr fassen und gehört wie jeder andere Nazi mundtot gemacht“, zitiert die „Welt“ draus. Zu dem Angriff bekannte sich eine unbekannte Gruppe mit dem Namen „Antifaschistischer Frühling Bremen“.
Ob das Schreiben authentisch ist, ist allerdings völlig unklar. Auf der Website können Texte auch anonym online gestellt werden. In der Vergangenheit gingen zudem Beiträge ungeprüft online und wurden erst im Nachgang moderiert oder gelöscht.
Die AfD in Bremen hatte ihre Darstellung des Angriffs zuvor relativiert. „Mit dem jetzigen Wissen von Mittwochnachmittag würden wir die Mitteilung etwas anders formulieren, aber sie entsprach dem Kenntnisstand kurz nach der Tat“, sagte Thomas Jürgewitz, unserer Redaktion.
Begriff „Kantholz“ von Bauarbeiter genannt
Direkt nach dem gewaltsamen Übergriff auf Magnitz in Bremen hatte die Landes-AfD in einer Pressemitteilung geschrieben, dass die Täter den AfD-Politiker mit einem „Kantholz“ bewusstlos geschlagen und seinen Kopf getreten hätten.
Der Begriff „Kantholz“ sei „von einem der Bauarbeiter genannt worden, der Mann ist aber bisher nicht wieder aufgetaucht“, sagte Jürgewitz dann später. Zugleich verteidigte der AfD-Politiker die Mittelung seiner Partei nach dem Angriff: „Ich kann nichts bewusst Falsches an der Darstellung in der Pressemitteilung erkennen.“
Widerspruch von den Ermittlern
Die Bremer Staatsanwaltschaft weist die Darstellung des Angriffes mit einem Kantholz zurück. Die Ermittlungen haben demnach bisher ergeben, dass Magnitz von einem von insgesamt drei unbekannten Männern „von hinten angesprungen“ worden sei.
Ein Ermittler schildert den Angriff im Gespräch mit unserer Redaktion so: Die drei Täter kamen von hinten, einer von ihnen schlug Magnitz in den Nacken. Womöglich mit dem Ellenbogen. Magnitz stürzte zu Boden. Offenbar hatte er in diesem Moment die Hände in den Hosentaschen und konnte sich nicht rechtzeitig abstützen.
Er schlug mit der rechten Gesichtshälfte auf dem Boden auf. Die Angreifer rannten weg. Wenige Sekunden später kamen zwei Handwerker zum Tatort, halfen Magnitz. Die Tat selbst haben die Bauarbeiter nicht beobachtet, sie sind erst durch Schreie aufmerksam geworden.
AfD freut sich über Anteilnahme anderer Parteien
Bremens AfD-Vize-Chef Jürgewitz erklärte unserer Redaktion, dass er sich „über die Welle der Anteilnahme über alle Parteien hinweg“ gefreut habe. „Es gab nicht einen negativen Eintrag. Das finde ich sehr ermutigend.“ Magnitz selbst gab mehreren Medien Interviews, mehrere Journalisten waren auch bei dem AfD-Mann am Krankenbett.
Am Dienstagnachmittag verließ Magnitz auf eigene Verantwortung das Krankenhaus.
Die Bundesregierung verurteilte die Attacke. Der „brutale Angriff“ sei „scharf zu verurteilen“, schrieb Regierungssprecher Steffen Seibert am Dienstag auf Twitter. Er fügte hinzu: „Hoffentlich gelingt es der Polizei rasch, die Täter zu fassen.“
Zahlreiche Politiker reagierten bestürzt auf den Überfall.
- Der Grünen-Politiker Cem Özdemir twitterte in der Nacht zu Dienstag, er hoffe, dass der oder die Täter bald ermittelt und verurteilt werden.
- Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier verurteilte den Angriff in einem Brief an den verletzten Bundestagsabgeordneten. „Jede Form der Gewalt gegen Mandatsträger ist ein Angriff auf unseren Rechtsstaat.“
- Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth sagte unserer Redaktion: „In einer starken parlamentarischen Demokratie wie der unseren ist Hass keine Meinung, Gewalt kein Mittel der politischen Auseinandersetzung – und darf es niemals werden.“
Vorfall erinnert an Angriff auf Altenas Bürgermeister Hollstein
Der Vorfall weckt Erinnerungen an die Messerattacke auf den Bürgermeister von Altena 2017. In einem Dönerimbiss wurde der Politiker mit einem Messer verletzt. „Ich stech dich ab“, soll der Täter damals zu Andreas Hollstein gesagt haben. Allerdings bewertete ein Gericht die Tat später ausdrücklich nicht als politisches Attentat.
Attentate auf deutsche Politiker
Die Polizei Bremen geht davon aus, dass es sich bei dem Angriff auf Frank Magnitz um eine politisch motivierte Tat handelt und bittet um Hinweise von Zeugen unter 04 21 / 362 38 88.
AfD Ziel von Angriffen
Die AfD ist immer wieder Ziel von Angriffen. Anfang Januar ereignete sich eine Explosion vor dem AfD-Büro im sächsischen Döbeln. Eine Tür und eine Fensterscheibe waren stark beschädigt worden, verletzt wurde aber niemand. Drei Männer gelten als tatverdächtig, Ermittlungen laufen.
• Kommentar: Die Attacke auf Frank Magnitz macht die Gräben breiter.
(sdo/les/bekö/dpa)