Berlin. Kirchen- oder Moscheesteuer, das ist nicht die Frage. Die Förderung eines modernen Islam sollte das Ziel sein: für mehr Unabhängigkeit.

Der größte Steinbruch der deutschen Innenpolitik ist das Bergmassiv der Bedenken. Seit Jahren wird in Berlin ein Islamgesetz geprüft, aber es passiert nichts. Die Akteure arbeiten sich an Bedenken ab. Seit Langem sind die Gehaltschecks aus der Türkei für Imame bekannt – keiner setzt eine bessere Lösung durch.

Irritierend ist erst recht der Verdacht, dass radikale Islamisten aus arabischen Staaten unterstützt werden, ohne dass es Folgen hätte. Und kaum war über die Weihnachtstage eine Moscheesteuer im Gespräch, da stand das Urteil auch schon fest: gute Idee, aber unrealistisch. Es ist gibt keinen Mangel an Analysen, Erkenntnissen, Diskussionen – jedoch an Taten.

Saudi-Arabien ist so druckempfindlich wie nie

Da wäre es gut, den jüngsten Ansatz von Außenminister Heiko Maas gleich nicht zu zerreden, der von den Golfstaaten Auskunft über Spenden an deutsche Gemeinden fordert. Maas geht bis zur Quelle zurück. Mit Kuwait ist ein Anfang gemacht. Und Saudi-Arabien war noch nie so druckempfindlich wie in diesen Tagen: Der Golfstaat steht wegen des bestialischen Mordes an dem Journalisten Khashoggi am Pranger und müsste daran interessiert sein, sein Image aufzupolieren.

Man kann es nur hoffen und darauf dringen, weil der Golfstaat mehr als jeder andere in der Region beides ist: Teil des Problems und Teil der Lösung. Die Saudis haben Milliarden für die Verbreitung einer fundamentalistischen Auslegung des Islam ausgegeben; sie ist in Riad geradezu Staatsräson. Wenn sie sich auf internationalen Druck zurückhielten und mehr Kontrollen zuließen, wäre das ein erster Schritt, ein Signal.

Staat sollte Islam genauso unterstützen wie andere Religionen

In erster Linie ist die Finanzierungsrealität in den Gemeinden ein hausgemachtes Problem. Es muss gelingen, dass sie sich von ausländischen Einflüssen freier machen und der Islam eine stärkere Inlandsorientierung gewinnt. Das war der richtige Treiber der Debatte um eine Moscheesteuer.

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Man muss den sinnlosen Glaubensstreit darüber beenden, ob der Islam Teil von Deutschland ist. Er ist es nicht historisch und kulturell, aber de facto. Wenn das richtig ist, sollte der Staat für einen vergleichbaren Rahmen sorgen wie bei anderen Religionsgemeinschaften.

Der Anfang ist mit der Ausbildung der Imame in Deutschland gemacht. Dann hat man auch mehr Einfluss auf eine moderate, weltoffene Auslegung der Religion. Danach muss der Staat den zweiten Schritt gehen und sie auch bezahlen. Die Gemeinden können es nicht aus eigener Kraft, sie sind meist zu klein, arm, unbeholfen.

Wer nichts tut, darf nicht mit dem Finger auf die Türkei zeigen

Wenn Österreich ein Islamgesetz gelingt und die Auslandsfinanzierung verbietet, sollte Deutschland das auch schaffen. In der Alpenrepublik hat man zugleich einen Hebel, um religiöse Ableger von extremistischen Organisationen zu verbieten. Dort ist nicht alles perfekt geregelt, das Gesetz enthält gewiss eine Reihe von Schlupflöchern. Aber es ist ein Versuch.

Wer nichts tut, darf vor allem nicht mit dem Finger auf die Türkei zeigen. Als Hunderttausende Muslime nach Deutschland kamen und hier sesshaft wurden, war es nur der türkische Staat, der sich um die Seelsorge gekümmert hat.

Ziel sollte es sein, einen modernen Islam zu fördern

Bundesinnenminister Horst Seehofer hat mit der Islamkonferenz ein Forum. Wenn er in der Religionsfrage genauso versessen ins Gelingen ist wie bei den Ankerzentren, schafft er es auch, die juristischen Bedenken gegen eine politisch korrekte Finanzierung der Gemeinden zu überwinden.

Die Diskussion krankt daran, dass zu viel über Instrumente und Verfahren geredet wird. Kirchen- oder Moscheesteuer – das ist nicht die Frage. Die Förderung eines modernen Islam sollte das Ziel sein. Leisten wir uns mehr Unabhängigkeit.