Washington/Riad. Der Fall Khashoggi ist weiter rätselhaft. Wurde seine Leiche von Diplomaten in Koffern abtransportiert? Trump gerät zudem unter Druck.

Alles hat das saudische Königshaus versucht, um den monströsen Verdacht von seinem Kronprinzen abzulenken. Immer neue Versionen wurden der Weltöffentlichkeit zu dem mysteriösen Verschwinden von Jamal Khashoggi im Istanbuler Konsulat aufgetischt. Erst hieß es, das Ganze sei ein Unfall, dann eine schief gelaufene Entführung und zuletzt ein geplanter Mordkomplott selbstherrlicher Geheimdienstler hinter dem Rücken des allmächtigen Mohammed bin Salman.

21 Leute sitzen derzeit in Haft, darunter alle 15 Mitglieder des am 2. Oktober aus Riad entsandten Killerkommandos. Demonstrativ forderte der saudische Chefankläger kürzlich für fünf der angeblichen Drahtzieher die Todesstrafe. Seit dem Wochenende jedoch ist das hektische Manöver Saudi-Arabiens, die verheerende Mordtat möglichst rasch mit ein paar enthaupteten Untergebenen ad acta zu legen, endgültig gescheitert.

CIA verdächtigt Mohammed bin Salman

Der saudische Journalist Jamal Khashoggi telefoniert während des Weltwirtschaftsforums in Davos.
Der saudische Journalist Jamal Khashoggi telefoniert während des Weltwirtschaftsforums in Davos. © dpa | Virginia Mayo

Wie „Washington Post“ und „New York Times“ berichteten, kommt die CIA in ihrem Abschlussbericht zu dem Schluss, Mohammed bin Salman persönlich habe „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ den Mord an Jamal Khashoggi autorisiert – der bisher härteste Schlag gegen Ansehen und Glaubwürdigkeit des Kronprinzen.

Vize-Präsident Mike Pence kündigte in einer ersten Reaktion an, man sei entschlossen, alle Verantwortlichen für diesen Mord zur Rechenschaft zu ziehen, betonte aber gleichzeitig, die USA wollten weiterhin an der „festen und historisch gewachsenen Beziehung“ zu Saudi-Arabien festhalten. Außenminister Mike Pompeo ließ erklären, es gebe noch „zahlreiche unbeantwortete Fragen“, und seine Regierung habe sich noch keine endgültiges Urteil gebildet.

Auch Donald Trump hielt sich bedeckt, versicherte aber, er habe volles Vertrauen in die CIA. Der US-Präsident will in den nächsten Tagen Stellung beziehen, wenn ihm der komplette Bericht vorliegt.

Beziehungen zu Saudi Arabien auf Prüfstand

 US-Präsident Donald Trump (r) und der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman im Weißen Haus.
US-Präsident Donald Trump (r) und der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman im Weißen Haus. © dpa | ---

Die Trump-Administration gerät durch das brisante CIA-Fazit in ein immer tieferes Dilemma. Für sie ist Mohammed bin Salman der wichtigste regionale Verbündete im Kampf gegen den Iran und der mit Abstand größte Waffenkunde im Nahen Osten. Dagegen möchte die US-Führung den von dem 33-Jährigen im März 2015 angezettelten Krieg im Jemen, der mittlerweile die Hälfte der 28 Millionen Einwohner mit dem Hungertod bedroht, jetzt möglichst rasch beenden genauso wie den maßlosen Boykott von Qatar.

Als ersten Schritt stoppte das Pentagon kürzlich die US-Lufteinsätze zum Betanken der saudischen Kampfjets. Dem seit den Zwischenwahlen wieder von den Demokraten beherrschte Repräsentantenhaus jedoch geht dies längst nicht weit genug. Es will die amerikanisch-saudischen Beziehungen jetzt grundsätzlich auf den Prüfstand stellen.

Auch einflussreiche Republikaner im Senat fordern Konsequenzen. Sie verlangen von Saudi-Arabien, die Repressionen zu lockern und festgenommene Aktivisten freizulassen, allen voran die im Mai verhafteten Frauenrechtlerinnen, die jahrzehntelang für das Recht auf Autofahren gekämpft haben.

Die existierende Audioaufnahme zum Tod Khashoggis will sich Trump übrigens nciht anören, sagte er dem Sender „Fox“. „Wir haben die Aufnahme. Ich möchte das Band nicht anhören, es gibt keinen Grund für mich, das Band anzuhören“, sagte er. Auf Nachfrage des Journalisten Chris Wallace begründete Trump seine Haltung damit, dass es eine leidvolle und schreckliche Aufnahme sei.

Befehlsstruktur deutet auf Kronprinzen

In ihrem Urteil über die Rolle von Mohammed bin Salman verweisen die CIA-Ermittler vor allem auf die strikt-autoritäre Befehlsmentalität auf der Arabischen Halbinsel. Untergebene entscheiden selbst marginale Dinge nicht selbst, ohne sich vorher bei ihrem Chef abzusichern. Vor diesem Hintergrund hält es die CIA für ausgeschlossen, dass eine Crew von Sicherheitsleuten eine derart heikle und komplexe Operation auf dem Territorium eines anderen Staates plant, ohne sich dafür vom faktischen Staatschef Mohammed bin Salman die ausdrückliche Genehmigung zu holen.

In diese Richtung deutet auch der Mitschnitt eines Telefonates, bei dem der Anführer des Killerkommandos, Maher Mutreb, noch aus dem Konsulatsgebäude heraus einen Mitarbeiter im Büro des Kronprinzen anrief und ihm mitteilte: „Sag deinem Boss, die Sache ist erledigt“.

Weiter Rätselraten um Verbleib der Leiche

Die Leiche des saudischen Journalisten Jamal Khashoggi könnte nach Einschätzung der türkischen Regierung zerstückelt und in Gepäckstücken außer Landes gebracht worden sein.

Dabei könnte den Verantwortlichen mit Diplomatenpässen nichts im Weg gestanden haben, sagte der türkische Verteidigungsminister Hulusi Akar am Sonntag laut dem Sender CNN Türk.