Straßburg. Angela Merkel hat vor dem Europäischen Parlament eine europäische Armee gefordert. Nicht alle Anwesenden waren von der Rede begeistert.

Angela Merkel macht es Emmanuel Macron nach: Die Bundeskanzlerin hat sich für die Idee einer europäischen Armee ausgesprochen.

„Wir sollten an der Vision arbeiten, eines Tages auch eine echte europäische Armee zu schaffen“, sagte Merkel am Dienstag in einer Rede im Europa-Parlament in Straßburg.

Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron hatte vergangene Woche eine „echte europäische Armee“ für mehr Unabhängigkeit von den USA ins Spiel gebracht und damit mehrfach Kritik von US-Präsident Donald Trump auf sich gezogen.

Zuletzt sprachen sich auch SPD-Chefin Andrea Nahles sowie Merkels mögliche Nachfolgerin um den CDU-Vorsitz, Annegret Kramp-Karrenbauer, für eine europäische Armee aus.

Buhrufe bei Angela Merkels Rede im Europäischen Parlament

„Merkel muss weg!“. Dieses Plakat hatte ein Abgeordneter mit ins EU-Parlament gebracht.
„Merkel muss weg!“. Dieses Plakat hatte ein Abgeordneter mit ins EU-Parlament gebracht. © REUTERS | VINCENT KESSLER

Die Rede von Angela Merkel wurde massiv durch Buhrufe gestört. Nach Angaben von Abgeordneten im Saal kamen die Protestrufe überwiegend von rechtsextremen Parlamentariern. Auch Abgeordnete der EU-kritischen britischen UKIP hätten sich beteiligt, berichteten Teilnehmer.

Merkel sagte nur: „Dass ich den Kern getroffen habe, zeigt sich an dem Protest. Das ist schön und ehrenvoll.“ Parlamentspräsident Antonio Tajani fragte rhetorisch: „Brauchen wir vielleicht einen Tierarzt in diesem Saal?“

Merkel warnt vor Alleingängen bei Schulden

Mitten im Haushaltsstreit mit Italien kritisierte Merkel in Straßburg auch nationale Alleingänge bei der Aufnahme von Schulden. „Wer darauf setzt, Probleme alleine durch neue Schulden zu lösen, und eingegangene Verpflichtungen missachtet, der stellt die Grundlagen für die Stärke und die Stabilität des Euro-Raumes in Frage“, sagte Merkel.

„Denn unsere gemeinsame Währung kann nur funktionieren, wenn jedes einzelne Mitglied seine Verantwortung für tragfähige Finanzen auch zu Hause erfüllt.“ Merkel sagte dabei nicht, auf welches Land sie sich bezog.

Italien peilt im kommenden Jahr eine Neuverschuldung von 2,4 Prozent der Wirtschaftsleistung an. Da die drittgrößte Volkswirtschaft in der Eurozone aber schon jetzt haushoch verschuldet ist, stemmt sich die EU dagegen.

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Merkel sprach sich zudem für eine Stärkung europäischer Institutionen bei Grenzschutz und Asyl aus. Europa müsse im Umgang mit Flucht und Migration gemeinsame Wege finden, sagte sie.

Wenn jeder seine nationale Zuständigkeit behalten und keiner der europäischen Grenzschutztruppe Zuständigkeiten geben wolle, „dann kann die noch so groß und noch so gut sein, dann wird sie ihre Arbeit nicht erfüllen können“. Hier müssten die Mitgliedstaaten auf nationale Kompetenzen verzichten.

Sie plädierte für ein gemeinsames europäisches Asylverfahren. Wenn jeder seine Entscheidungen unterschiedlich treffe, wüssten das die betroffenen Menschen sofort, die dann innerhalb der EU weiterzögen.

Mit ihrer Vision für Europa hatte sich die Kanzlerin Zeit gelassen. Elf EU-Staats- und Regierungschefs haben dort schon vor ihr beschrieben, wie sich die von so vielen bekrittelte, von Krisen zerrüttete und vom Brexit erschütterte Gemeinschaft zusammenraufen soll.

Merkel warnt am Abend vor Gefahren für die internationale Ordnung

Bei einem Medien-Event am Dienstagabend warnte die Bundeskanzlerin vor der Zerstörung der internationalen Ordnung. „Zerstört ist schnell, aufgebaut ist langsam“, sagte Merkel am Dienstagabend in Berlin auf dem Wirtschaftsgipfel der „Süddeutschen Zeitung“. So würden die Vereinten Nationen (UN) in der Öffetnlichtkeit oft verächtlich gemacht.

Auch wenn die Organisation nicht perfekt sei, müsse man sich die Frage stellen, warum es Kräfte gebe, die die Organisation ablehnen, die die Charta der Menschenrechte verabschiedet hat.

Merkel ist in der EU immer noch stark

Trotz der Buh-Rufe: Merkel hat immer noch einen starken Stand in der EU, das war im Parlament zu spüren. Sie vertritt den größten Mitgliedstaat, sie hat mit 13 Jahren Dienstjahren mit Abstand die größte Erfahrung unter den EU-Regierungschefs.

Die wichtigen europapolitischen Leistungen liegen indes eine Weile zurück: 2008, als Deutschland den EU-Ratsvorsitz innehatte, erreichte Merkel in unermüdlichen Vermittlungsgesprächen die Einigung auf ein EU-Grundgesetz. Dann kam die Eurokrise, in der Merkel gegen viele Widerstände eine klare Linie durchsetzen konnte: Rettungspakete werden verknüpft mit Reformauflagen für die Krisenländer und neuen Haushaltsregeln für die gesamte Währungsunion.

Merkel verließ sich in der Krise auf die Zusammenarbeit der Nationalstaaten, die EU-Kommission spielte nur eine Nebenrolle. So wurde die Kanzlerin zur zentralen Politikerin Europas. Mit der Flüchtlingskrise begann ihre Autorität dann aber schon zu bröckeln: Dass Merkel 2015 ohne Abstimmung mit ihren EU-Kollegen eine Million Flüchtlinge in Deutschland aufnahm, anschließend aber Solidarität von den anderen EU-Staaten verlangte, haben ihr viele Regierungschefs übel genommen.

Macron polarisiert mehr als Merkel

In der Aussprache gab es neben Zustimmung auch viel Kritik, Redner etwa der Sozialisten oder der Grünen warfen ihr zu wenig europapolitisches Engagement vor, Redner der Rechten rügten unter anderem die Flüchtlingspolitik.

Aber noch ist auf der europäischen Bühne niemand sichtbar, der ein solches Gewicht hätte wie die Kanzlerin – Frankreichs Präsident Emmanuel Macron besitzt den Ehrgeiz, aber er polarisiert viel zu sehr.

Doch macht sich niemand in Brüssel Illusionen: Welchen Spielraum Merkel in Europa künftig noch hat, wird sich erst mit der Wahl einer neuen CDU-Spitze erweisen. Für große Sprünge bei der Reform der Währungsunion, wie sie Macron vorschweben, dürfte der innenpolitische Rückhalt nicht reichen. (dpa/jha/W.B./ck)

Gedenken an den Schauplätzen des Krieges

Schüler aus unserem Verbreitungsgebiet und aus Frankreich waren gemeinsam in Frankreich unterwegs. Sie besuchten Schauplätze des Ersten Weltkriegs, unter anderem das Beinhaus in Douaumont.
Schüler aus unserem Verbreitungsgebiet und aus Frankreich waren gemeinsam in Frankreich unterwegs. Sie besuchten Schauplätze des Ersten Weltkriegs, unter anderem das Beinhaus in Douaumont. © Reto Klar
Die Schüler konnten von außen in das Gebäude schauen.
Die Schüler konnten von außen in das Gebäude schauen. © Reto Klar
Es ist eine Grabstätte für die Gebeine der Gefallenen, die nach der Schlacht um Verdun nicht identifiziert werden konnten.
Es ist eine Grabstätte für die Gebeine der Gefallenen, die nach der Schlacht um Verdun nicht identifiziert werden konnten. © Reto Klar
Die Gebeine von über 130.000 nicht identifizierten französischen und deutschen Soldaten werden in der Grabstätte aufbewahrt.
Die Gebeine von über 130.000 nicht identifizierten französischen und deutschen Soldaten werden in der Grabstätte aufbewahrt. © Reto Klar
Auf dem Soldatenfriedhof in der Nähe von Verdun liegen die Gefallenen, die identifiziert werden konnten.
Auf dem Soldatenfriedhof in der Nähe von Verdun liegen die Gefallenen, die identifiziert werden konnten. © Reto Klar
Bei Verdun starben im Ersten Weltkrieg Hunderttausende französische und deutsche Soldaten.
Bei Verdun starben im Ersten Weltkrieg Hunderttausende französische und deutsche Soldaten. © Reto Klar
Jörg Quoos, Chefredakteur der Funke Zentralredaktion in Berlin, fuhr mit den Schülern nach Frankreich. Hier steht er auf dem damaligen Schlachtfeld in Verdun.
Jörg Quoos, Chefredakteur der Funke Zentralredaktion in Berlin, fuhr mit den Schülern nach Frankreich. Hier steht er auf dem damaligen Schlachtfeld in Verdun. © Reto Klar
Wo heute Bäume wachen, lieferten sich Soldaten vor mehr als 100 Jahren einen erbitterte Schlacht.
Wo heute Bäume wachen, lieferten sich Soldaten vor mehr als 100 Jahren einen erbitterte Schlacht. © Reto Klar
Die Schlacht um Verdun war die längste Schlacht des Ersten Weltkriegs. Sie dauerte von Februar bis Dezember 1916 – 300 Tage.
Die Schlacht um Verdun war die längste Schlacht des Ersten Weltkriegs. Sie dauerte von Februar bis Dezember 1916 – 300 Tage. © Reto Klar
20 deutsche und 20 französische Schüler besuchen in diesen Tagen die geschichtsträchtigen Orte.
20 deutsche und 20 französische Schüler besuchen in diesen Tagen die geschichtsträchtigen Orte. © Reto Klar
Am 11. November 1918 war in einem Waldstück in Compiègne, etwa 200 Kilometer westlich von Verdun, der Waffenstillstand geschlossen worden, mit dem der Erste Weltkrieg endete.
Am 11. November 1918 war in einem Waldstück in Compiègne, etwa 200 Kilometer westlich von Verdun, der Waffenstillstand geschlossen worden, mit dem der Erste Weltkrieg endete. © Reto Klar
Am Samstag, einen Tag vor dem Jahrestag, kamen Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron und Bundeskanzlerin Angela Merkel nach Compiègne, um einen Kranz niederzulegen. Sie gedachten der Millionen Toten des Ersten Weltkriegs.
Am Samstag, einen Tag vor dem Jahrestag, kamen Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron und Bundeskanzlerin Angela Merkel nach Compiègne, um einen Kranz niederzulegen. Sie gedachten der Millionen Toten des Ersten Weltkriegs. © Reto Klar
Merkel und Macron zeigten sich tief bewegt an dem geschichtsträchtigen Ort.
Merkel und Macron zeigten sich tief bewegt an dem geschichtsträchtigen Ort. © Reto Klar
Auch die Schülerinnen und Schüler gedachten der Toten.
Auch die Schülerinnen und Schüler gedachten der Toten. © Reto Klar | Reto Klar
Dann wurden sie auch von den beiden Spitzenpolitikern begrüßt.
Dann wurden sie auch von den beiden Spitzenpolitikern begrüßt. © Reto Klar | Reto Klar
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