Berlin. Die Festnahme sechs mutmaßlicher Rechtsterroristen in Chemnitz zeigt wache Sicherheitsbehörden. Aber Repression allein reicht nicht.

Chemnitz kommt nicht zur Ruhe. Bitter für die Stadt. Erst der tödliche Messerangriff, danach die Ausschreitungen, Mitte September neue Übergriffe auf Fremde, am Montag die Festnahme von sieben mutmaßlichen Rechtsterroristen. Im Nu kommen die Erinnerungen an den Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) hoch, zumal der Bundesinnenminister unheilvoll davon redet, dass die Terrorgefahr anhaltend hoch sei.

Der Zugriff ist erst einmal der Beweis dafür, dass die Sicherheitsbehörden nicht lange fackeln. Man greift zu, nimmt lieber eine dünne Beweislage in Kauf. Die Alternative ist, weiter zu ermitteln und das Risiko einzugehen, dass doch was passiert.

Der Generalbundesanwalt hat den Fall an sich gezogen – das war richtig

Montagmorgen: Die mutmaßlichen Rechtsterroristen, die am Morgen in Bayern und Sachsen festgenommen wurden, erreichen den Bundesgerichtshof und werden von Polizisten abgeführt.
Montagmorgen: Die mutmaßlichen Rechtsterroristen, die am Morgen in Bayern und Sachsen festgenommen wurden, erreichen den Bundesgerichtshof und werden von Polizisten abgeführt. © dpa | Christoph Schmidt

Der Verdacht der Bildung einer terroristischen Vereinigung lag in Chemnitz nahe – der Generalbundesanwalt musste den Fall an sich ziehen. Ob überhaupt, wie konkret, wie fortgeschritten die Pläne für Anschläge waren, das ist unklar. Die Festnahmen und Durchsuchungen dienen dem Ziel, mehr belastendes Material zu finden.

Der Prozess ist ergebnisoffen. Im vergessenen Fall Franco A., wo der Generalbundesanwalt ebenfalls einen Anschlag befürchtete und Waffen vermutete, ist bis heute kein Gerichtsverfahren in Gang gekommen, weil die Beweislage zu dünn ist.

Die Gesellschaft muss Antworten auf den Rechtsextremismus finden

Unbestritten ist, dass Sachsen, gerade Chemnitz, seit Jahren ein Problem mit Rechtsextremisten hat. Wahr ist überdies, dass sich im Zuge der Flüchtlingskrise Menschen radikalisieren, die bisher nicht aufgefallen waren, und dass der Rechtsextremismus im Osten leichter als im Westen Anschluss an die Mitte gefunden hat, gerade in Sachsen, wo er seit Jahrzehnten kleingeredet wird.

Es ist richtig, dass die Behörden zugreifen. Aber mit Polizei und harten Strafen, mit Repression allein wird man das Problem nicht in den Griff bekommen. Die Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus muss die Gesellschaft führen, im Freistaat vorneweg die Landesregierung. Sie macht bislang eine unglückliche Figur.