Berlin. Auf den Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus kommen in den kommenden Tagen wichtige Themen zu. Er wird sich jetzt beweisen müssen.

Die erste Woche verlief für Ralph Brinkhaus als einen der plötzlich mächtigsten Politiker der Republik erfreulich. Der neue Chef der CDU/CSU-Abgeordneten im Bundestag, der in geheimer Abstimmung den engen Merkel-Vertrauten Volker Kauder geschlagen hatte, markierte in ersten Interviews recht souverän seine Agenda. Kanzlerinnendämmerung in der Union, Putsch gegen Angela Merkel? Nicht mit Brinkhaus.

Der 50 Jahre alte gelernte Steuerberater aus Gütersloh befürwortete die Festlegung von Merkel, beim CDU-Parteitag im Dezember erneut für den Vorsitz zu kandidieren. Am Freitagabend gab es für Brinkhaus erneut Grund zum Jubeln. „Sein“ 1. FC Köln – ein Porzellan-Geißbock steht in seinem Berliner Büro auf dem Schreibtisch – gewann in der zweiten Liga 3:1 auf der Bielefelder Alm, was Brinkhaus in gewisse Nöte brachte, weil er auch Bezirksvorsitzender der ostwestfälischen CDU ist.

Nach den ersten Tagen des Händeschüttelns und Reinschnupperns in die neue Aufgabe als Strippenzieher und Zuchtmeister der Unionsfraktion wird es nun aber ernst. An diesem Montagabend wartet im Kanzleramt die erste machtpolitische Bewährungsprobe für Brinkhaus. Beim Treffen der Koalitionsspitzen muss er gemeinsam mit der Kanzlerin, CSU-Chef Horst Seehofer, CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, SPD-Chefin Andrea Nahles, Vizekanzler Olaf Scholz sowie mehreren Fachministern versuchen, eine Einigung bei den Großbaustellen Diesel, Zuwanderung und Wohnen zu erreichen.

Diese Themen kommen auf Brinkhaus zu

Neue Zerreißproben kann sich das schwarz-rote Bündnis kaum mehr leisten. Das Vertrauen der Bürger in CDU, CSU und SPD hat durch das Sommertheater um die Flüchtlingspolitik und das endlose Gezerre um die Abberufung des Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen arg gelitten. „Wir müssen aus dem Krisenmodus heraus, den Zusammenhalt in der Koalition verbessern und einfach hart arbeiten, damit wir Fortschritte für die Menschen erzielen“, sagte Brinkhaus am Wochenende der „Passauer Neuen Presse“ (Bezahlinhalt). Die wichtigsten Vorhaben der Koalitionäre im Überblick:

• Diesel Jahrelang ignorierte die Politik das Thema mehr oder minder, nun soll es plötzlich ganz schnell gehen. Der Blick in den Wahlkalender macht es möglich: Eine Lösung soll noch vor der Bayern-Wahl am 14. Oktober und der Abstimmung am 28. Oktober in Hessen her. Bei den hessischen Wählern und Besitzern von Diesel-Autos ist der Unmut besonders groß, weil in Frankfurt am Main nach einem Gerichtsurteil von 2019 an Fahrverbote kommen sollen. Die deutschen Autokonzerne bieten Umtauschprämien von bis zu 10.000 Euro an, um ältere Diesel (Euro 4 und 5) durch sauberere Wagen (Euro 6) zu ersetzen.

Signale einer Einigung im Dieselstreit mehren sich

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    Allerdings soll das Angebot bislang nur für Autobesitzer in 14 Städten mit hoher Stickstoffdioxid-Belastung im Gespräch sein: München, Stuttgart, Köln, Reutlingen, Düren, Hamburg, Limburg an der Lahn, Düsseldorf, Kiel, Heilbronn, Backnang, Darmstadt, Bochum und Ludwigsburg. Würde es dabei bleiben, wäre Protest programmiert. Das Bundesverkehrsministerium beteuerte deshalb am Sonntag: „Es wird an einer Lösung gearbeitet, die nicht nur auf wenige betroffene Städte ausgerichtet ist.“

    Aber nicht alle Fahrzeughalter können es sich leisten, selbst mit Umtauschprämie, auf einen neuen Wagen umzusteigen. Daher soll es auch Nachrüstungen älterer Diesel geben. So pochen unter anderem Merkel und die SPD darauf, dass bei bestimmten Euro-5-Autos Umbauten am Motor zu 100 Prozent von den Herstellern gezahlt werden müssten. Bislang boten VW & Co. aber nur 80 Prozent an, zudem sind Haftungsfragen ungeklärt. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter verlangte von der Koalition einen großen Wurf im Sinn der Verbraucher: „Ich fordere die Bundesregierung auf, eine Lösung zu finden, die den Haltern schnell und unkompliziert hilft, nicht den Konzernen. Wir wollen, dass die Hersteller zu 100 Prozent die Nachrüstung bezahlen.“

    • Zuwanderung Im Sommer trotzte die SPD der streitenden Union die Zusage ab, dass noch vor Weihnachten das Konzept für ein Fachkräfte-Einwanderungsgesetz auf den Weg gebracht wird. Innenminister Horst Seehofer (CSU) hat Eckpunkte erarbeitet – aber nun droht ein „Spurwechsel“ die um Frieden bemühten Koalitionäre aus der Bahn zu werfen. Gemeint ist die SPD-Forderung, dass abgelehnte Asylbewerber aus dem Asylrecht ins Einwanderungsgesetz wechseln und in Deutschland bleiben können, wenn sie bereits Arbeit haben, gut Deutsch können und Steuern zahlen. Merkel und die CSU sind strikt dagegen. Auch Brinkhaus legte sich fest: „Wir können nicht sagen, wer zu uns kommt, kriegt Asyl oder einen Arbeitsplatz.“ Die Union fürchtet, dass das neue Anreize für Flüchtlinge schaffen sowie der AfD zusätzliche Angriffsfläche bieten könnte.

    CDU-Vize Thomas Strobl sagte unserer Redaktion: „Wir dürfen keine falschen Signale in die Welt senden.“ Abgelehnte Asylbewerber müssten das Land wieder verlassen, und bei der Arbeitsmigration müsse man zunächst schauen, wen der Arbeitsmarkt tatsächlich brauche. „Ein Spurwechsel, der diesen Unterschied komplett aufweicht, führt von der Bahn ab“, so der baden-württembergische Innenminister.

    Die SPD weiß aber große Teile der Wirtschaft hinter sich. „Wer arbeitet und etwas für die Gesellschaft leistet, muss eine Chance bekommen, in Deutschland zu bleiben“, sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil. Es sei absurd, engagierte und gut integrierte Menschen abzuschieben, obwohl sie genau das täten, was von ihnen erwartet werde. Die Sozialdemokraten schlagen folgende Regel vor: Gut integrierte Ausländer, die zum 1. August 2018 bereits in einem Ausbildungs- oder in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis standen, sollen die Möglichkeit erhalten, einen dauerhaftes Aufenthaltsrecht zu bekommen. Das findet zum Beispiel auch der CDU-Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Daniel Günther, gut.

    • Wohnen Es gibt derzeit kein anderes Thema, bei dem die Bundesregierung so viel unternimmt. Milliarden werden in den sozialen Wohnungsbau gesteckt, die Mietpreisbremse ist verschärft worden. Gerade startete das Baukindergeld (12.000 Euro je Kind), mit dem Familien leichter an ein Eigenheim kommen sollen. Experten fürchten, dass der Zuschuss, der künftig viele Milliarden Steuergeld verschlingt, in Ballungsgebieten nur die Immobilienpreise weiter anheizen wird.

    Nun wollen Union und SPD bei den Maklergebühren beim Hauskauf nachlegen und dies im Kanzleramt besprechen. Wie im Mietrecht kürzlich verankert, soll beim Haus- und Wohnungskauf künftig derjenige die Maklerkosten tragen, der den Makler beauftragt hat. Die Maklergebühr schwankt in Deutschland zwischen 5,95 bis 7,14 Prozent des Kaufpreises. In Berlin, Bremen, Hamburg, Hessen und Brandenburg zahlt der Käufer die Provision komplett, in den anderen Bundesländern wird sie in der Regel geteilt zwischen dem Käufer und Verkäufer.