Washington. Brett Kavanaugh wird der versuchten Vergewaltigung beschuldigt und muss um seine Nominierung bangen. Erste Republikaner haben Bedenken.

Wer auserkoren ist, um an Amerikas oberstem Gericht auf Lebenszeit Recht zu sprechen, der muss in seinem Lebenslauf über jeden Zweifel erhaben sein. Nach dieser in Washington parteiübergreifend beachteten Richtschnur zu urteilen, hat Brett Kavanaugh jetzt ein veritables Problem.

Der von Präsident Donald Trump ausgesuchte erzkonservative Jurist gerät auf der Zielgeraden seines Genehmigungsverfahrens ins Straucheln. Er wird mit Vorwürfen konfrontiert, die im Zeitalter der durch Machtmissbrauch von Männern losgetretenen #MeToo-Bewegung besonderes Gewicht bekommen.

Kavanaugh weist Vorwürfe zurück

Wie die Psychologieprofessorin Christine Blasey Ford (51) der „Washington Post“ berichtete, hat Kavanaugh sie vor rund 35 Jahren bei einer Party in Maryland massiv sexuell belästigt. Der damals 17-Jährige habe sie im Beisein eines Freundes volltrunken aufs Bett gedrückt, begrapscht und versucht, sie auszuziehen.

Als sie schreien wollte, habe er ihr den Mund zugedrückt. „Ich dachte, er würde mich aus Versehen töten“, zitiert die „Post“ die heute an einer Universität in Kalifornien lehrende Frau, die sich nur durch Zufall aus der bedrohlichen Lage befreien konnte.

Blasey Ford behielt das Erlebnis bis 2012 für sich. Erst dann offenbarte sie sich ihrem Mann und ihrem Therapeuten. Kavanaugh bestreitet den Fall: „Ich weise die Vorwürfe kategorisch und unmissverständlich zurück. Ich habe so etwas nicht während der Highschool gemacht und auch zu keinem anderen Zeitpunkt“, sagte der zweifache Familienvater.

Brett Kavanaugh: „Ich weise die Vorwürfe kategorisch und unmissverständlich zurück. Ich habe so etwas nicht während der Highschool gemacht und auch zu keinem anderen Zeitpunkt“.
Brett Kavanaugh: „Ich weise die Vorwürfe kategorisch und unmissverständlich zurück. Ich habe so etwas nicht während der Highschool gemacht und auch zu keinem anderen Zeitpunkt“. © REUTERS | Chris Wattie

Demokraten wollen Nominierungsverfahren stoppen

Das Auftauchen der strafrechtlich verjährten Vorwürfe kommt für den 53-Jährigen zum ungünstigsten Zeitpunkt. Am Donnerstag sollte der Justizausschuss des Senats ihn durchwinken. Danach war zeitnah die entscheidende Abstimmung geplant, bei der für die Republikaner mit ihrer knappen 51:49-Mehrheit nichts schieflaufen darf. Anfang Oktober, und damit vor den Kongresswahlen am 6. November, sollte Kavanaugh den konservativen Flügel am Supreme Court verstärken, dem mit ihm dann fünf der neun Richterinnen und Richter angehören würden.

Die späte Beichte von Blasey Ford hat die Pläne durchkreuzt. Angeführt von der Senatorin Dianne Feinstein wollen die Demokraten das Nominierungsverfahren stoppen. Zunächst soll Ford im Senat angehört und die Prüfung des Falls durch die Bundespolizei FBI abgewartet werden. Republikaner sehen darin ein „Verzögerungsmanöver“.

Auch Skepsis unter Republikanern

Schließlich habe die Opposition bereits bei den Anhörungen alles daran gesetzt, Kavanaugh als Fehlbesetzung zu etikettieren. Vor allem ausweichende Äußerungen zum Fortbestand des geltenden Abtreibungsrechts haben die Demokraten alarmiert.

Weil Blasey Ford ihre Vorwürfe gegen Kavanaugh mit einem Lügendetektortest untermauert hat, regt sich auch auf republikanischer Seite Kritik. Mit Jeff Flake, Bob Corker und Lindsey Graham haben bereits drei Senatoren dafür geworben, die Vorwürfe gegen Kavanaugh sorgfältig zu prüfen.

Trump selbst hat Kavanaugh verteidigt. Er sei ein herausragender Richter und ein untadeliger Mensch, sagte Trump am Montag in Washington. Es habe in Kavanaughs Werdegang nie einen Makel gegeben. Auch das FBI habe diesen mehrfach durchleuchtet.

Er sei sicher, dass es am Ende wie geplant zu Kavanaughs Bestätigung für den obersten Gerichtshof der USA kommen werde, sagte Trump. „Wenn sich das etwas verzögert, dann verzögert es sich eben etwas.“ Er erwarte aber keine besonders große Verzögerung. Er selbst habe nicht mit Kavanaugh über die Vorwürfe gesprochen. Die Nachfrage, ob dieser seinen Rückzug angeboten habe, nannte Trump „lächerlich“.

Trump betonte, ihm sei daran gelegen, dass das Prozedere vollständig sei und alle Beteiligten angehört würden. Den Demokraten warf er vor, dass sie die Vorwürfe nicht eher an die Öffentlichkeit gebracht, sondern damit bis zur letzten Minute gewartet hätten. (mit dpa)