Berlin. Das Wetter wird extremer. Mit ihrem Ruf nach Steuergeld führen die Bauern aber die falsche Debatte. Es braucht intelligentere Lösungen.

Für den Bauernverband ist die Lage längst klar: Hitze und Trockenheit in diesem Sommer haben den Landwirten großen Schaden bereitet. Die Politik müsse den Notstand ausrufen und ihnen einen Teil des Ernteausfalls ersetzen. Mehr noch: Die Bauern sollten künftig nicht mehr den gesamten Gewinn versteuern, um eine Rücklage für schlechte Jahre bilden zu können.

Für einen Agrarfunktionär mögen solche Forderungen selbstverständlich sein. Der Normalbürger schnappt da nicht nur wegen der Hitze nach Luft und fragt sich: Geht’s noch?

Sicher: Dieser Sommer ist ungewöhnlich heiß und trocken. Der Winter war feucht und dauerte lang, das Frühjahr fiel praktisch aus. Die Ernte auf den Feldern wird also nicht besonders toll ausfallen. Aber erstens gibt es erst in einigen Wochen gesicherte Zahlen darüber, wo es in Deutschland wirklich wie schlecht lief. Und zweitens kann man die Frage stellen: Warum muss der Steuerzahler für das Berufsrisiko eines Landwirts haften?

Kleinere Pommes – gehört zur Marktwirtschaft

Jeder Unternehmer hat die ureigene Aufgabe, Vorsorge gegen Risiken zu treffen. Wer wegen einer schlechten Ernte in die Pleite schlittert, hat ganz offensichtlich nicht gut gewirtschaftet. Da dürfte es den Bauern nicht anders gehen als Gastronomen, Einzelhändlern und allen anderen Unternehmern, die sich verkalkuliert haben und in Schwierigkeiten kommen.

Warum also sollten wir eine Milliarde Euro Steuergeld ausgeben, um den Bauern zu helfen? Dass staatliche Hilfen für strauchelnde Betriebe selten etwas bringen, ist hinlänglich erwiesen. Auf Dauer löst Geld keine strukturellen Probleme, auch nicht in der Landwirtschaft.

Richtig ist, dass Landwirte eine Sonderstellung haben. Sie sorgen dafür, dass wir genug zu essen haben. Richtig ist auch, dass die Ernte stark vom Wetter abhängt und dass sie nur schwer vorherzusehen ist. Aber beide Argumente ziehen immer weniger. Erstens haben wir in Deutschland und Europa längst Lebensmittel im Überfluss. Wegen dieses heißen Sommers muss wirklich niemand Hunger leiden.

Die Pommes werden vielleicht etwas kleiner und teurer, aber das gehört zur Marktwirtschaft – und zur Natur – dazu. Wir werden das sicher überleben. Landwirtschaftliche Produkte sind eben keine Fabrikware. Es wäre gut, wenn wir Verbraucher das endlich lernen würden.

Wetter auch für andere Branchen ein Risiko

Zweitens ist das Wetter auch für andere Branchen ein Risiko. Die Bauwirtschaft etwa kann im Winter schlecht Straßen und Häuser bauen. Entlassungen werden seit Langem sehr geräuschlos und vor allem ziemlich wirksam durch das Saison-Kurzarbeitergeld verhindert. Finanziert wird diese Unterstützung von der Arbeitslosenversicherung und von der Bauwirtschaft selbst.

Die Bauern müssen sich fragen lassen, warum sie nicht längst einen ähnlichen Mechanismus entwickelt haben. Die Idee der „Risikoausgleichsrücklage“, mit der ihre Funktionäre jetzt durch die Lande ziehen, ist ein alter Hut, viel zu kompliziert und denkbar ungeeignet, weil sie das Pro­blem nicht dauerhaft löst.

Dass an dieser Stelle Handlungsbedarf besteht, ist unbestritten. Das Klima verändert sich, das Wetter wird ex­tremer. Einfach nur nach Steuergeld zu rufen, das ist zu billig. Um unsere Ernährung zu sichern, die Natur und das Klima zu schützen und gleichzeitig ­Agrarfabriken und Monokulturen zu verhindern, sind intelligentere Lösungen gefragt.

Es ist ja nicht so, dass Landwirte sich darüber noch keine Gedanken machen würden. Aber woran liegt es, dass man diese Ideen noch immer nicht hört? Vielleicht kann dieser heiße Sommer ein Anfang sein, neu darüber nachzudenken, was sich in der Landwirtschaft ändern muss.