Washington/Peking. China kontert US-Strafzölle mit Abgaben in gleicher Milliardenhöhe. Aber auch Landwirte in Trump-Hochburgen zählen zu den Verlierern.

Wer wissen will, wie leicht heutzutage Handelskriege zu gewinnen sind – wie Donald Trump gern behauptet –, muss nur Rod Gangwish fragen. Der Sojabohnen-Landwirt aus Shelton im US-Bundesstaat Nebraska steht exemplarisch für die vielen Opfer, die die drastischen Strafzölle des US-Präsidenten gegen Hunderte Exportprodukte aus China und die umgehende Antwort aus Peking nach sich ziehen.

„Die Landwirtschaft ist zum Prügelknaben geworden“, sagt Gangwish. Wie er, so müssen nun Hunderte Farmer im Mittleren Westen von Indiana bis Illinois die Insolvenz befürchten. Denn Trump hat seine Drohung am Freitag wahr gemacht. Seit Freitag gelten Strafzölle in Höhe von 25 Prozent auf Waren aus China im Wert von 34 Milliarden Dollar. Betroffen sind 818 Produkte, darunter Autos, Flugzeugteile und Festplatten.

Und die Gegenreaktion folgte prompt. Die Regierung in Peking belegte mehr als 500 US-Produkte im gleichen Wert – vor allem landwirtschaftliche Produkte wie Sojabohnen, Fisch, Reis, Nüsse, Schweine- und Rindfleisch. Die Konfrontation zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt weckt allseits Sorgen über weitere Folgen für andere Länder – so auch für Deutschland.

Brasilianische Landwirte könnten profitieren

Der chinesische Konter trifft vor allem die Soja-Bauern in den USA ins Mark. China gilt als größter Soja-Importeur der Welt. Ein Drittel der US-Jahresernte – für rund 14 Milliarden Dollar – ging bisher regelmäßig ins Reich der Mitte, wo es an Schweine verfüttert wird. Der vom Weißen Haus erzwungene Kostenaufschlag, sagt Gangwish, werde „hier bei uns viele Farmen in den Ruin treiben“. Lachende Dritte, meint er, seien brasilianische Produzenten, die von dem Handelskrieg profitierten.

Soja-Farmer in den USA sind die großen Verlierer der chinesischen Strafzölle.
Soja-Farmer in den USA sind die großen Verlierer der chinesischen Strafzölle. © The Image Bank/Getty Images | Getty Images

Dass der New Yorker Geschäftsmann Trump die Strategie der Strafzölle eingeschlagen hat, empfinden viele Bauern als Schlag ins Gesicht. Sie standen bei den Wahlen 2016 fest an seiner Seite, vertrauten darauf, dass er sein Versprechen hält und den lange vernachlässigten ländlichen Raum stärkt. Doch die Restriktionen bewirken für die Farmer das Gegenteil.

Experten fürchten globale Wirtschaftskrise

„Solche Zollerhöhungen produzieren allen Erfahrungen nach mittelfristig nur Verlierer“, sagt Dennis Snower, Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), dieser Redaktion. „Am härtesten trifft es immer Verbraucher und Arbeitnehmer, weil diese Gruppen nur wenige Möglichkeiten haben, den Folgen auszuweichen.“

Für sie steigen die Preise von Konsumgütern, oder sie verlieren ihren Arbeitsplatz, weil die Zölle die Geschäftsaussichten ihrer Arbeitgeber verschlechtern, warnt der Ökonom. Sollte sich der Handelskrieg weiter aufschaukeln und etwa die Stabilität der Wirtschaft Chinas ins Wanken bringen, so „kann auch eine globale Wirtschaftskrise das Ergebnis sein“.

Dass Trump im wirtschaftlichen Schlagabtausch mit China auf die Bremse treten wird, ist aus Sicht von Regierungsmitarbeitern im Moment unwahrscheinlich. Im Gegenteil: Bereits in zwei Wochen könnte der US-Präsident die Strafzollschraube auf ein Volumen von 50 Milliarden Dollar drehen.

Trump droht mit weiteren Strafzöllen gegen China

Sollte China beim Wie-du-mir-so-ich-dir-Spiel („Tit for Tat“) wieder nachlegen, erwägt Trump, chinesische Güter sogar im Wert von 200 Milliarden oder 300 Milliarden Dollar mit Strafaufschlägen zu belegen. Am Ende könnte dann nahezu der komplette chinesische Export in die USA im Wert von rund 500 Milliarden Dollar im Jahr künstlich verteuert werden.

Trumps Poker-Strategie fußt laut Experten auf einem Rechenspiel. Weil Amerika zuletzt Waren im Wert von „nur“ 130 Milliarden Dollar nach China exportierte, könne die kommunistische Regierung ihre Strafmaßnahmen auch nur bis zu diesem Volumen durchführen. Irrtum, entgegnen Asien-Kenner in Washington. Peking werde in diesem Fall US-Firmen in China das Leben mit „regulatorischen Auflagen zur Hölle machen oder sogar gegen den Kauf von US-Produkten Stimmung machen“. Ähnlich ist China auch schon gegen Japan und Südkorea vorgegangen.

China schiebt die Schuld der Eskalation den USA zu. Washington habe den „größten Handelskrieg der Wirtschaftsgeschichte“ angezettelt. Der chinesische Außenamtsprecher betonte zugleich, dies sei „das Letzte, was wir uns wünschen“. Sein Land werde mit anderen Ländern daran arbeiten, freien Handel weiter zu gewährleisten. Zunächst aber bleibe Peking keine andere Wahl als der „notwendige Gegenangriff“.

Auch in Europa wird die Konjunktur leiden

Auch in Deutschland befürchtet man massive Auswirkungen der Zollstrategie Trumps. „Im Moment sieht es nach einem weltweiten Handelskrieg aus“, sagt der Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung, Peter Beyer, dieser Redaktion. Insbesondere der deutschen Automobil-Industrie drohten schwere Nachteile.

„Ich rechne damit, dass US-Präsident Donald Trump noch im August oder September Strafzölle auf europäische Automobil-Importe verhängen wird. Das würde vor allem die deutsche Auto-Industrie treffen, die 50 Prozent der europäischen Exporte in die USA ausmacht.“ Schon jetzt prüft der Autohersteller BMW Preiserhöhungen für seine Modelle, die in den USA gebaut, aber für China bestimmt sind. Daimler hat bereits im Juni wegen des Handelsstreits eine Gewinnwarnung herausgegeben.

„Zölle werden sehr schnell die Wirtschaftsleistung drücken“

Angesichts der großen Handelsverflechtungen mit China und den USA sei auch Europa unmittelbar betroffen, sagt IfW-Präsident Snower. „Die Zölle werden sehr schnell die Wirtschaftsleistung drücken und die internationale Unsicherheit erhöhen.“ Dies werde sich auf die Konjunktur in Europa durchschlagen, „mit allen negativen Folgen für Investitionsbereitschaft, Arbeitsplätze und Steueraufkommen“.

Überall Kopfschütteln. Und selbst die Trump-Wähler zählen zu den Gekniffenen, was den Soja-Farmer Rob Gangwish zunehmend kampfeslustig macht. Der Landwirt hat gelesen, was die Rating-Agentur Moody’s errechnet hat: Vor allem Landkreise, die überproportional häufig 2016 für Trump gestimmt haben, werden von den Konsequenzen des Handelskrieges am stärksten betroffen.