Peking. US-Präsident Donald Trump will China mit umfangreichen Zollschranken treffen. Um zurückzuschlagen, wird die Volksrepublik erfinderisch.

Vor dem Apple Store auf Pekings beliebter Einkaufsmeile Wangfujing bilden sich an diesem Morgen trotz schwüler Hitze lange Schlangen. Dabei zählt die chinesische Hauptstadt gleich fünf der palastähnlichen Geschäfte mit dem berühmten angeknabberten Apfel als Logo.

„Ich will zuschlagen, bevor das iPhone X noch teurer wird“, sagt Liu Ziwei. Denn sollte der Streit zwischen China und den USA eskalieren, trifft es wohl auch den derzeit wertvollsten US-Konzern. Allein: China importiert gar nicht so viel, dass es auf weitere Strafzölle der USA mit Vergeltungszöllen in gleicher Höhe antworten könnte. Wie können die Chinesen die Vereinigten Staaten bestrafen?

China reagierte zunächst mit Zöllen auf Tabak und Soja

US-Präsident Donald Trump hat in zwei Runden bereits Zölle auf chinesische Waren im Wert von 50 Milliarden Dollar angeordnet. China reagierte seinerseits mit Vergeltungszöllen, zunächst vor allem auf landwirtschaftliche Erzeugnisse wie Tabak und Soja. Jetzt will Trump Zölle auf weitere Waren aus der Volksrepublik im Wert von 200 Milliarden Dollar verhängen, vor allem auf Textilien, Haushaltsgegenstände und Unterhaltungselektronik. Und wieder kündigt China Vergeltung an.

„China ist ein Veteran der Wirtschaftskriegsführung“, sagt Xie Yanmei, Ökonomin des unabhängigen Pekinger Forschungsinstitutes Gavekal Dragonomics. Die Führung habe jahrelange Erfahrung, „um formellen und informellen wirtschaftlichen Druck“ auszuüben. Etwa auf US-Firmen in China.

Toyota und Nissan wissen, wozu China fähig ist

Beispiele gibt es. Als 2012 der Streit zwischen Japan und China um ein paar Inseln im Ostchinesischen Meer einen Höhepunkt erreichte, musste Chinas Führung nur ein paar antijapanische Demonstrationen zulassen – schon brannten auf den Straßen die Autos japanischer Hersteller. Toyota und Nissan brauchten Jahre, um auf dem größten Automarkt der Welt wieder mithalten zu können.

Und als Südkorea vor knapp zwei Jahren den USA gegen Chinas Willen gestattete, das Raketenabwehrsystem Thaad zu errichten, mussten in China Dutzende Kaufhäuser des südkoreanischen Konzerns Lotte schließen – angeblich wegen Verstößen gegen die Hygienevorschriften. Lotte ist in China seitdem abgeschlagen.

McDonald’s, Starbucks und Co. bauen auf China

Für einige US-Firmen ist China längst der wichtigste Markt. Neben Apple gilt das für Flugzeugbauer Boeing, den Softwarekonzern Microsoft und die Fast-Food-Kette McDonald’s. Kentucky Fried Chicken ist mit mehr als 5000 Filialen sogar die größte Restaurantkette der Volksrepublik. Und während die Kaffeehauskette Starbucks in den USA Filialen schließen muss, eröffnet sie in China alle 15 Stunden eine neue.

Einigen Branchen in China käme eine staatlich gelenkte Kampagne gegen die US-Dominanz durchaus gelegen. Zahlreiche chinesische und südkoreanische Kaffeehausketten wünschen sich nichts sehnlicher, als dass die Starbucks-Expansion endet. Ähnlich sieht es die chinesische Filmindustrie.

Das ist Chinas schlagkräftigste Waffe im Handelskrieg

Der Handelskrieg könnte Apple besonders schaden. Der Konzern lässt das iPhone komplett beim taiwanischen Auftragshersteller Foxconn in China herstellen. Strafzölle der USA auf Elek­tronik aus China würden für Apple die Produktionskosten in die Höhe treiben. Verkauft werden die Geräte wiederum zum Teil in China, könnten also mit Strafzöllen der Chinesen belegt werden. Und die würden wohl gern die Ikone der US-Wirtschaft treffen.

Chinas sicherlich schlagkräftigste Waffe dürfte in der frühen Phase des Handelskrieges wohl nicht zum Einsatz kommen: seine vielen US-Staatsanleihen. Jedem Exportüberschuss steht ein Rückfluss an Kapital gegenüber. Vereinfacht bedeutet das: Die US-Amerikaner kaufen Waren von China und bezahlen sie in Dollar. Mit diesen Dollars kauft die Volksrepublik Anleihen der US-Regierung. China hält Treasuries von mehr als einer Billion Dollar – und ist damit der größte Gläubiger der USA.

Das Problem für die chinesische Führung: Sollte sie an dieser Stelle ansetzen und ihre Dollar-Reserven verkaufen, könnte das zu einem Preisverfall des Dollars sowie der US-Schuldpapiere führen. Die Chinesen würden sich also selbst schaden. Ein schwächerer Dollar wäre womöglich sogar von Vorteil für die Exportwirtschaft der USA. Das wird China den USA aber kaum gönnen.