Berlin. Die Sicherheitslage in Afghanistan ist laut einem Regierungsbericht unbeständig. Empfehlungen zu Abschiebungen gibt der Bericht nicht.

Laut Bundesregierung gibt es in Afghanistan „keine systematische, staatlich organisierte Gewalt gegen die eigene Bevölkerung“, heißt es im internen „Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan“, der unserer Redaktion vorliegt. Weiter schreibt das Auswärtige Amt jedoch: „Nach Jahrzehnten gewaltsamer Konflikte befindet sich Afghanistan in einer schwierigen Aufbauphase und einer weiterhin volatilen Sicherheitslage.“

Die Regierung sei „häufig nicht in der Lage, ihre Schutzverantwortung effektiv wahrzunehmen“, heißt es weiter. Die Zentralregierung habe „seit je nur beschränkten Einfluss auf lokale Machthaber und Kommandeure“. Diese würden häufig ihre Macht missbrauchen. In vielen Regionen Afghanistans bestehe „ein komplexes Machtgefüge aus Ethnien, Stämmen, sogenannten Warlords und privaten Milizen, aber auch Polizei- und Taliban-Kommandeuren“.

Sicherheitslage in Afghanistan nicht einheitlich

Die Sicherheitslage in Afghanistan weise zudem „starke regionale Unterschiede“ auf. Provinzen mit „aktiven Kampfhandlungen“ stünden andere gegenüben, in denen die Lage „vergleichsweise stabil“ sei – trotz gelegentlicher Anschläge oder anderer Gewaltaktionen.

Der 31 Seiten lange Bericht des Außenministeriums wird neben anderen Bundesministerien dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) und den Verwaltungsgerichten übermittelt. Der Lagebericht soll den Behörden als Anhaltspunkt bei der Bearbeitung von Asylanträgen von Afghanen und bei der Entscheidung über Abschiebungen in das Land dienen. Er hätte eigentlich schon im Sommer 2017 vorliegen sollen.

Bundesregierung erwartet Anschläge vor Wahl in Afghanistan

Derzeit bestimmt laut Bundesregierung die Vorbereitung der anstehenden Parlamentswahlen die politische Lage in Afghanistan. Im Vorfeld und während der Wahlen sind demnach „landesweit Zwischenfälle und Anschläge seitens regierungsfeindlicher Kräfte“ zu erwarten.

In dem Bericht gibt das Auswärtige Amt kein pauschales Gesamturteil über die Sicherheit in Afghanistan ab. Auch eine Empfehlung, ob Menschen aus Deutschland in das Krisenland am Hindukusch abgeschoben werden sollen, gibt die Bundesregierung nicht.

Regierungsfeindliche Truppen könnten Kinder rekrutieren

In verschiedenen Kapiteln beschreiben die Verfasser „asylrelevante Tatsachen“, gehen auf die Lage des Wahlsystems, der Justiz, der Religionsfreiheit oder etwa auf die Situation der Kinder ein. So heißt es in dem Lagebericht: „Das Justizsystem funktioniert nur sehr eingeschränkt; der Zugang zur Justiz ist nicht umfassend gewährleistet.“

Im Bereich der Menschenrechte habe Afghanistan „unter schwierigen Umständen Fortschritte“ gemacht. Es sei „eine selbstbewusste neue Generation von Afghaninnen und Afghanen“ herangewachsen.

Die Situation der Kinder hat sich laut dem Bericht der Bundesregierung „in den vergangenen Jahren insgesamt verbessert“. Weiterhin bestehe jedoch die Gefahr der „Rekrutierung von Kindern durch regierungsfeindliche Gruppen oder afghanische Sicherheitskräfte“. Zudem hätten Kinder 30 Prozent aller zivilen Opfer 2017 in dem Land ausgemacht. Die Hauptursachen seien „Kollateralschäden“ bei Kämpfen am Boden, Sprengfallen und zurückgelassene Kampfmittel.