Berlin. Europa, Amerika und Russland stecken in einer neuen Eiszeit. Dabei ist noch nicht bewiesen, dass Moskau hinter dem Giftanschlag steckt.

Es lässt sich nicht mehr leugnen: Das Verhältnis zwischen dem Westen und Moskau erlebt einen neuen Klimasturz. Mit der Ausweisung russischer Diplomaten zünden 16 EU-Staaten, die USA und Kanada die nächste Stufe der diplomatischen Strafmaßnahmen gegen Moskau.

Es ist deutlich mehr als die geschlossene Verurteilung durch den EU-Gipfel am Freitag, wonach Russland „sehr wahrscheinlich“ hinter dem Giftanschlag auf den früheren Doppelagenten Sergej Skripal und seine Tochter im britischen Salisbury stecke.

Dennoch sieht ein starkes Signal anders aus. Nur die Hälfte der EU-Länder hat sich der verschärften Gangart gegenüber dem Kreml angeschlossen. Auch wenn darunter wichtige Mitgliedstaaten wie Deutschland, Frankreich, Italien oder die Niederlande sind: Die andere Hälfte zuckt vor diesem Schritt zurück. Was als unverbrüchliches Zeichen der Solidarität mit Großbritannien gedacht war, ist in Wahrheit ein Zeugnis der Zerrissenheit der Gemeinschaft.

Keine Nachweise für eine Tatbeteiligung

Es bleiben zudem unbeantwortete Fragen. Der Kreml mag sich bei der Aufklärung des Skripal-Skandals nicht besonders kooperativ gezeigt haben. Doch es wurden bislang keine Nachweise für eine Tatbeteiligung oder eine Mitwisserschaft geliefert. „Aber die Fakten und Indizien weisen nach Russland“, sagt Außenminister Heiko Maas, ohne Ross und Reiter zu nennen. Es wäre klüger gewesen, zuerst wasserdichte Beweise vorzulegen und danach konzertiert zu handeln.

USA weisen 60 russische Diplomaten aus

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    Warum wurde nicht gewartet, bis die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) ihre Untersuchungsergebnisse präsentiert? Nun stecken Europa, Amerika und Russland mitten in einer neuen Eiszeit. Kremlchef Wladimir Putin verschanzt sich hinter seinem Lieblingsfeindbild: dem Westen, der sein Land in die Enge treiben will. Für weltpolitische Brandherde wie Syrien, der Iran oder die Ukraine bedeutet das nichts Gutes.