Johannesburg/Berlin. Südafrikas Präsident Jacob Zuma ist für die Regierungspartei ANC zur Belastung geworden. Sein Stellvertreter soll jetzt nachfolgen.

Für die meisten Südafrikaner ist Präsident Jacob Zuma schon Geschichte. Doch der Staatschef ist ein hartnäckiger Überlebenskünstler: Der heute 75-Jährige hat zehn Jahre Gefängnis, bewaffneten Kampf gegen das rassistische Apartheid-Regime, zahlreiche Skandale und ebenso viele politische Intrigen überstanden.

Der regierende Afrikanische Nationalkongress (ANC) wetzt schon seit Jahresbeginn die Messer, um den seit 2009 amtierenden Präsidenten abzusetzen. Immer wieder wurden Sitzungen vertagt, konnte der Amtsinhaber im letzten Moment den Kopf aus der Schlinge ziehen. Doch nun scheint die Ära Zuma endgültig vorbei.

Ramaphosa als Nachfolge-Kandidat

Der erweiterte Parteivorstand wurde kurzfristig für Montagnachmittag einberufen. Es wurde erwartet, dass die ANC-Funktionäre Zuma zum Rücktritt auffordern. Die Entscheidung war zunächst nicht bekannt. Nachfolgen würde Zuma sein bisheriger Stellvertreter, der 65-jährige Cyril Ramaphosa.

Der Politiker und Multimillionär war Ende Dezember nach Zuma zum neuen ANC-Parteivorsitzenden gewählt worden. Die Partei verspricht sich mit Ramaphosa an der Spitze bessere Chancen für die 2019 bevorstehende Präsidentschaftswahl. Mit dem skandalumwitterten Staatschef an der Spitze wäre die Partei Nelson Mandelas ein hohes Risiko eingegangen: Zum ersten Mal in der 24-jährigen Geschichte des demokratischen Südafrikas hätte sie damit rechnen müssen, auf der Oppositionsbank zu landen.

Wirtschaftlicher Niedergang und grassierende Korruption

Das war jedoch nicht das einzige Motiv, das Ramaphosa zum Handeln zwang – er musste auch den rasanten wirtschaftlichen Niedergang des Landes aufhalten und der sich ausbreitenden Korruption begegnen.

In Südafrika ist von der „Geiselnahme des Staates“ seitens der mit dem Präsidenten befreundeten Gupta-Familie die Rede: Sie soll sich und dem Zuma-Clan riesige Summen aus den Staatsbetrieben zugeschanzt haben. Man kann ohne Übertreibung sagen: Der Nachnachfolger des Übervaters Nelson Mandela hat das rohstoffreiche Schwellenland wirtschaftlich und moralisch zugrunde gerichtet. Cyril Ramaphosa will dies ändern. Es wäre der überfällige Wachwechsel am Kap der Guten Hoffnung.

Zugeständnisse an Zuma

Der Ex-Gewerkschaftsführer und spätere Business-Magnat musste jedoch vorsichtig vorgehen. Die Regierungspartei ist polarisiert: Ein umstrittener Rausschmiss Zumas könnte zu einer neuen Spaltung des ANC führen – auch dann wäre der Wahlsieg 2019 gefährdet. Deshalb musste Ramaphosa seinen Vorgänger mit Samthandschuhen aus dem Amt bugsieren – zumindest so lange, wie Zuma zum Mitspielen bereit war. Doch das war dieser nicht lange.

Der Präsident sei mit einer verfrühten Abberufung zwar grundsätzlich einverstanden, hieß es aus Pretoria: Doch im Gegenzug sollten einige Bedingungen erfüllt werden. Etwa, dass Zuma Straffreiheit gewährt wird oder dass ihm der Staat neben seiner Pension auch die ihm drohenden Gerichtsverfahren bezahlt.

An die Tradition Nelson Mandelas anknüpfen

Dem Vernehmen nach war Ramaphosa mit keinem der drei Punkte einverstanden: Allein die Gerichte könnten Zumas strafrechtliche Schuld oder Unschuld beurteilen, ließ er mitteilen. Es ist wohl der bedeutendste Unterschied zwischen Ramaphosa und Zuma: Während Letzterer die Verfassung immer wieder auszuhöhlen versuchte, ist sein Nachfolger ein leidenschaftlicher Befürworter des Verfassungsstaats.

Außerdem will Ramaphosa mit seiner Sozial- und Wirtschaftspolitik an die Tradition Nelson Mandelas anknüpfen. Dagegen hatten in Zumas Amtszeit viele in Regierung und Verwaltung nur eines im Sinn: sich persönlich zu bereichern.

„It’s time to say Dubai“

Zumindest theoretisch könnte sich Zuma dem Votum der Parteiführung widersetzen. Dann müsste der ANC einen Misstrauensantrag im Parlament stellen oder ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten einleiten. Beides wäre wesentlich „schmutziger“ als ein vom ANC-Exekutivrat initiierter „freiwilliger“ Rücktritt des Präsidenten.

Doch falls ihn Zuma dazu zwingt, ist Ramaphosa offensichtlich bereit, auch diesen Weg zu gehen. Ob schon heute oder erst in zwei Wochen: „It’s time to say Dubai“, spottet ein südafrikanischer Kolumnist unter Anspielung auf den zweiten Wohnsitz der Gupta-Brüder. Nicht ausgeschlossen, dass sich Zuma dorthin ins Exil begibt.