Berlin. Die EU-Pläne von Union und SPD sind eine Hommage an Frankreichs Präsidenten Macron. Die Protagonisten bauen dabei teure Luftschlösser.

Die Europa-Pläne von Union und SPD sind eine Hommage an den französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Dessen Zauberformel lautet: ein viele Milliarden Euro umfassendes Budget für die Eurozone, ein Finanzminister für den Währungsverbund sowie eine nie dagewesene Investitionsoffensive aus öffentlichen Mitteln.

Damit sollen die Volkswirtschaften unter Dampf gesetzt, angeglichen und neue Jobs geschaffen werden. Egal ob als Konjunktur-Stimulator oder als Wunderwaffe gegen den Rechtspopulismus: Der jung-dynamische Tausendsassa aus Paris ist plötzlich das Maß aller Dinge – auch in Berlin.

Die Chefs der GroKo-Parteien bemühen sich demonstrativ um eine Annäherung an den französischen Präsidenten. Vor allem der umstrittene SPD-Vorsitzende Martin Schulz betont bei jeder Gelegenheit den Schulterschluss mit Macron, als suchte er nach einem Rettungsanker für die schwer angeschlagenen Sozialdemokraten.

Straßen, Brücken und Breitbandnetze sollen saniert werden

Der gemeinsam verkündete „neue europapolitische Aufbruch“ soll signalisieren: Nach mehr als vier Monaten quälender Regierungsbildung liefert Deutschland endlich. Die designierten Koalitionspartner predigen den Ausbau wechselseitiger Solidarität sowie die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit durch mehr EU-Gelder. Es geht um stärkere Arbeitnehmerrechte und einen Sozialpakt für Europa. Die Steuersätze für Unternehmen sollen möglichst vereinheitlicht werden, um künftig auch bei fiskusscheuen Internetkonzernen wie Google oder Apple abzuschöpfen. Darüber hinaus ist von einem „Investitionshaushalt“ für die Eurozone die Rede.

Hinter den Formulierungen verbirgt sich zwar wolkiger Technokraten-Sprech. Aber im Kern geht es um Folgendes: Mit milliardenschweren Investitionen aus Brüssel sollen Straßen, Brücken und Breitbandnetze quer durch die Eurozone gebaut werden. EU-weit ist vorgesehen, Mindestlöhne sowie die sehr voneinander abweichenden Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherungssysteme zu harmonisieren. Das würde etliche Milliarden Euro kosten, auch aus dem Bundesetat.

Lebenslange Bildung ist wichtig

Jürgen Stark, ehemaliger Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank (EZB), sieht hierin einen fatalen Trend zu „mehr Zentralisierung und mehr Geld auf einem beschleunigten Weg zu einer Transfer- und Haftungsunion“. Kriterien wie „Subsidiarität und Eigenverantwortung, die traditionell über viele Jahrzehnte die deutsche Europa-Politik erfolgreich geprägt haben“, würden nur am Rande erwähnt.

Stark hat recht. Die Protagonisten der großen Koalition sind dabei, teure Luftschlösser zu bauen. Das wirtschaftliche und soziale Gefälle in der Europäischen Union ist Ausdruck von unterschiedlichen Leistungsfähigkeiten. Öffentliche Mittel fachen zwar kurzfristig die Konjunktur an, aber es handelt sich nur um ein Strohfeuer. Nachhaltig kommen Länder wie Griechenland, Italien und selbst Frankreich nur auf die Beine, wenn sie ihre Wettbewerbsfähigkeit erhöhen. Internationale Kapitalgeber öffnen dann ihre Schatulle, wenn Firmen ihre Produkte verkaufen und Staaten ihre Schulden im Griff haben.

Ein Schlüssel hierfür ist lebenslange Bildung und berufliche Weiterqualifizierung. Bürger, die am Arbeitsmarkt in einer Sackgasse landen, sollten Hilfe zur Selbsthilfe erhalten. Die GroKo-Parteien suchen hingegen ihr Heil im Alimentationsstaat – sowohl mit Blick auf Deutschland als auch auf Europa. Es wird zu viel umverteilt. Und keiner fragt: Woher kommt die Leistung? Wie kann man Leistungsträger zu noch mehr Einsatz ermuntern? Früher war das mal der Markenkern der Union. Lange her.