Berlin. Abgastests an Menschen und Tieren sind nicht nur ethisch fragwürdig. Experten halten sie für unsinnig. Es muss bessere Regeln geben.

Versuche an Tieren und Menschen waren schon immer umstritten. Bei Volkswagen sorgt nach dem Diesel-Skandal jetzt auch noch ein Abgas-Test für Empörung. Erst werden bei einem Experiment in den USA zehn eingepferchte Affen mit den Auspuffgasen zugedröhnt. Dann kommt heraus, dass die Europäische Forschungsvereinigung für Umwelt und Gesundheit im Transportsektor auch Schadstoffversuche beim Menschen finanzierte. Es drängen sich Fragen auf: Kann ein Konzern sich alles erlauben, um am Ende seinen Gewinn zu maximieren? Und was kommt als Nächstes?

Hinter dem eindrucksvollen Namen steckte eine Lobbyvereinigung, der Konzerne wie VW, Daimler, BMW oder dem Autozulieferer Bosch angehören. Mit den Tests wollte VW offenbar seine über Jahre währenden Manipulationen an Diesel-Motoren absichern. Im besten Fall hätte man mit positiven Ergebnissen den Schummel-Skandal schmälern können.

Es muss bessere Regeln geben

Zwar besteht kaum ein Zweifel daran, dass sich Forscher und Geldgeber bei den Abgastests (diesmal) an Gesetze und Regeln gehalten haben. Beide Engagements liegen aber jenseits der Grenzen des guten Geschmacks. Um sich vor profitorientierten Automobilbauern zu schützen, muss es aber auch bessere Regeln geben.

Unabhängige Forschung – vor allem im Gesundheitsbereich – darf nicht auf Sponsoren aus der Automobilindustrie zurückgreifen, die quasi die Abgase produziert. So etwas ist ähnlich absurd wie ein Zigarettenhersteller, der wissenschaftliche Tests zum Thema Lungenkrebs finanziert. Studien solcher „unabhängigen Gutachter“ kann man nicht ernst nehmen, auch wenn sie leider schon zum Forschungsalltag gehören.

Abgas-Tests an den Affen nicht nur ethisch verwerflich

Noch skandalöser erscheinen die Abgas-Tests an den Affen. Sie sind nicht nur aus ethischen Gründen völlig verwerflich, Experten stufen die Experimente sogar als unsinnig und ungeeignet ein. Aber: Auch die zuständigen deutschen Gremien hätten solche Tierversuche wohl durchgewunken. Zu Recht wird deshalb nach strengeren Regeln im Tierschutzgesetz gerufen.

Das deutsche Tierschutzgesetz beinhaltet kaum ethische Aspekte. Tierschützer fordern deshalb schon lange, es zu verschärfen. Nach jetzigem Status Quo müssen die wissenschaftlichen Begründungen zwar plausibel sein. Ethische Abwägungen, etwa ob die Tierversuche für die Forschung überhaupt unerlässlich sind, sind lediglich allgemein gehalten. Jede Art von Forschung, ob am Tier oder am Menschen, sollte – auch wenn Menschen sich freiwillig dazu bereit erklären – unbedingt ethisch reflektiert und gerechtfertigt sein.

Heftige Kritik an Grundlagenforschung mit Tieren

Abgesehen von den Affen-Tests gibt es zahlreiche Beispiele, bei denen das nicht der Fall ist. Vor allem die biomedizinische Grundlagenforschung steht im Fokus ethischer Überlegungen. Denn dabei sind die Verhältnisse schwerer zu bewerten, weil kein unmittelbarer Nutzen gegen das Leid der Versuchstiere abgewogen werden kann.

Allerdings steigt die Zahl der Versuchstiere in diesem Bereich von Jahr zu Jahr. Die „zweckfreie Grundlagenforschung“ macht heute rund die Hälfte aller Tierversuche aus – das sind viermal so viele wie vor 30 Jahren. Erst kürzlich hagelte es scharfe Kritik an einer Universität, die Experimente mit Graumullen durchgeführt hatten: Die Forscher entfernten den Nagern die Augen, um herauszufinden, ob diese anhand von Magnetfeldern ihren Nestbau fortsetzen können. Muss so etwas sein? Das sollte zumindest hinterfragt werden.

Genauso hinterfragt werden muss, wenn ein Autokonzern Mensch und Tier für Forschungszwecke nutzt. Am besten, bevor es passiert ist.