Berlin. Die Iran-Strategie des US-Präsidenten ist gefährlich. Sie beschädigt Amerikas Glaubwürdigkeit und schafft eine neue Baustelle in Nahost.

Donald Trump hat den Atom-Deal mit dem Iran nicht gekippt. Es wird kurzfristig keine neue Sanktionen gegen Teheran geben. Einer der entzündlichen Konfliktherde der Welt steht nicht unmittelbar vor der Explosion. Es hätte an diesem Freitag, den 13., gewiss gespenstischer kommen können. Trotzdem war das Aufatmen nach der erwartbar flammenden Rede des amerikanischen Präsidenten gegen den Erzfeind nur von kurzer Dauer.

Denn das Paket, das ihm seine Berater vor allem aus Gründen der Gesichtswahrung geschnürt haben, damit Donald Trump wie im Wahlkampf gegen das Mullah-Regime den starken Mann geben kann, bedeutet im schlimmsten Fall den Ausstieg auf Raten aus einem historischen Abkommen, das die Welt seit zwei Jahren ein Stück sicherer macht. Am Ende kann ein nuklearer Rüstungswettlauf stehen. Oder der militärische Flächenbrand.

Trump kann dem Iran kein Fehlverhalten vorwerfen

Weil Trump dem Iran entlang der Buchstaben des über ein Jahrzehnt mühevoll angebahnten Vertragswerks, das Teheran vom Bau der Atombombe abhalten soll, kein echtes Fehlverhalten nachweisen kann, hat die Regierung einen perfiden Umweg gewählt.

Trump will Atom-Abkommen mit dem Iran nicht erneut absegnen

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    Der chronisch entscheidungsunfähige Kongress soll nachträglich außerhalb des Atom-Deals Bedingungen für politisch-militärisches Wohlverhalten formulieren, die für den Iran unannehmbar sein werden. Wird dagegen verstoßen, darf Teheran mit wirtschaftlichen Zwangsmaßnahmen belegt werden. Am Ende, das ist allen Beteiligten klar und Trump legt es offensichtlich darauf an, stünde der Atom-Deal selbst vor der Implosion.

    Weder Teheran noch die anderen Unterzeichnerstaaten China, Russland, England, Frankreich und Deutschland machen derzeit den Eindruck, als könnten sie sich auf dieses Spiel einlassen. Auch im ideologisch vergifteten Kongress, der mit Gesundheits- und Steuerreform innenpolitisch wichtigere Baustellen zu betreuen hat, ist nicht absehbar, ob sich wirklich eine Mehrheit für Trumps Scharfmacher-Spiele hergeben würde. Spiele, die nur einem einzigen Zweck dienen: auf Biegen und Brechen das auszuradieren, was sein Vorgänger Barack Obama im Verein mit anderen Großmächten hinbekommen hat.

    Alle Experten haben abgeraten, am Atom-Deal zu rütteln

    Wenn sich der Rauch der rhetorischen Salven verzogen hat, mit denen Trump den Iran erneut zum globalen Beelzebub stilisiert, wird der Blick frei für die Unsortiertheit dieses Präsidenten. Dem Iran die alle 90 Tage geforderte Unbedenklichkeitsbescheinigung (das „Zertifizieren“) zu verweigern, ohne den Straf-Mechanismus („Sanktionen durch den Kongress“ binnen 60 Tagen) auszulösen, ist hohle Showmann-Politik.

    Trotzdem bleibt sie nicht ohne Wirkung. Amerikas Glaubwürdigkeit auf der internationalen Bühne hat Schaden genommen. Obwohl das komplette sicherheitspolitische Establishment Donald Trump davon abgeraten hat, den Atom-Deal derart aufzuschnüren, hat der Präsident im Nahen Osten die Büchse der Pandora geöffnet. Als hätte man nicht im gefährlichen Atom-Poker mit Pjöngjang schon genug zu tun.

    Das Misstrauen unter den Vertragspartnern wächst

    Wenn Trump eine neue Plattform anstrebt, auf der sich auch China, Russland und die Europäer versammeln könnten, um abseits des Atom-Deals legitimerweise über geeignete Maßnahmen gegen Teherans unheiligen Expansions- und Destabilisierungskurs zu diskutieren, dann hat er das Gegenteil bewirkt. Unter den Partnern ist das Misstrauen riesengroß. Teheran kann berechtigterweise mit dem Finger auf Washington zeigen. Und in Nordkorea hat der Diktator noch einen Grund weniger, sich mit Uncle Sam guten Glaubens an den Verhandlungstisch zu setzen.