Ankara. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan fragt nach Gabriel-Kritik: „Wer sind Sie denn?“ Im Außenministerium ist man verwundert.

Das Auswärtige Amt hat mit Verwunderung auf die jüngsten Äußerungen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan über Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) reagiert. ‘Das spricht ja wohl für sich’, hieß es nach Informationen unserer Redaktion im engen Umfeld des Ministers.

Im Streit um seine Einmischung in den deutschen Bundestagswahlkampf hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan massiv nachgelegt und vor weiterer Kritik gewarnt. An die Adresse von Gabriel (SPD) sagte Erdogan am Samstag bei einer Veranstaltung in Denizli: „Wer sind Sie denn, um den türkischen Präsidenten anzusprechen? Erkennen Sie Ihre Grenzen.“

Erdogan beklagt Versuch, „Lektion“ zu erteilen

Außerdem kritisierte der türkische Präsident, dass Gabriel versuche, „uns eine Lektion zu erteilen“. Wiederum an den Bundesaußenminister (57) gerichtet fügte Erdogan hinzu: „Wie lange sind Sie eigentlich in der Politik? Wie alt sind Sie?“

Gabriel hatte die „Wahlempfehlung“ Erdogans an die in Deutschland lebenden Türken als „einmaligen Eingriff in die Souveränität unseres Landes“ bezeichnet. Für Empörung hatte auch die Festnahme des vor mehr als 25 Jahren aus der Türkei geflohenen Kölner Schriftstellers Dogan Akhanli in Spanien gesorgt, die auf Betreiben der Türkei erfolgt war. SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz hatte es einen „ungeheuerlichen Vorgang“ genannt und der „Bild am Sonntag“ gesagt, das Verhalten von Erdogan trage „inzwischen paranoide Züge“.

„Gabriel eine Katastrophe“

Erdogan bekräftigte seinen Aufruf vom Vortag an die wahlberechtigten Deutsch-Türken, nicht für die drei Parteien CDU, SPD oder Grüne bei der Bundestagswahl im September zu stimmen. Diese Parteien seien Feinde der Türkei, ihnen müsse „die beste Lektion erteilt werden“. Gabriel sei „eine Katastrophe“.

In seinem verbalen Rundumschlag nahm der türkische Staatschef auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ins Visier. Er habe „der Dame an der Spitze Deutschlands“ eine Liste mit 4500 von der Türkei gesuchter Terroristen gegeben, doch sei diese nicht angenommen worden. Allerdings habe Merkel von ihm gefordert, in der Türkei inhaftierte Deutsche freizulassen. „Es tut mir leid, wenn sie eine Justiz haben, so haben wir hier auch eine“, sagte Erdogan. Regierungssprecher Steffen Seibert und die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer haben schon mehrfach erklärt, Deutschland habe eine solche Liste nicht erhalten.

Merkel und Schulz hatten sich Einmischung verbeten

Merkel und Schulz hatten sich am Freitag jede Einmischung der Türkei in den Bundestagswahlkampf verbeten. „Wir werden uns von niemandem, auch nicht von Präsident Erdogan, da hineinreden lassen, dass unsere deutschen Staatsbürger, egal welcher Abstammung sie sind, (...) ein freies Wahlrecht haben“, sagte Merkel am Freitagabend in Herford. „Und wir verbitten uns jede Art von Einmischung in die Meinungsbildung.“