Granada/Köln. Die Türkei lässt den türkischstämmigen Kölner Schriftsteller Dogan Akhanli in Spanien festnehmen. Die Bundesregierung meldet sich in Madrid.

Deutschland hat die spanische Regierung ersucht, den festgenommenen deutschen Schriftsteller Dogan Akhanli nicht an die Türkei auszuliefern. Deutschland will am Auslieferungsverfahren beteiligt zu werden. Das verlautete am Samstagabend aus dem Auswärtigen Amt in Berlin.

Demnach hat sich die deutsche Botschaft in Madrid auf Bitten von Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) mit einem entsprechenden Wunsch an die Regierung in Madrid gewandt. Dabei habe man auch um schnellstmögliche konsularische Betreuung gebeten, hieß es. Der türkischstämmige Kölner Schriftsteller war am Samstag im Urlaub in Spanien auf Betreiben der Türkei festgenommen worden. Akhanli hat ausschließlich die deutsche Staatsbürgerschaft.

Schulz sprach von „ungeheuerlichem Vorgang“

SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz sprach in der „Bild am Sonntag“ von einem „ungeheuerlichen Vorgang“. Es sei schon ein Skandal, wenn der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan in der Türkei unschuldige Menschenrechtsaktivisten und Journalisten verhaften lasse. „Wenn er dies nun auch außerhalb des Territoriums der Türkei versucht, müssen wir uns als Europäer dem entschlossen entgegenstellen und sagen: So nicht!“

Grünen-Chef Cem Özdemir forderte, die polizeiliche Zusammenarbeit der EU mit der Türkei neu zu bewerten. „Gegner des türkischen Regimes dürfen in Europa künftig nicht ungeprüft als Kriminelle verhaftet werden“, sagte er dem „Tagesspiegel“. „

Nach spanischen Medienberichten wurde Akhanli in einem Hotel in Granada von der Polizei abgeführt. Bislang hat die Polizei demnach noch keine Gründe für die Festnahme angegeben.

Sein deutscher Anwalt Ilias Uyar sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, dass gegen seinen Mandanten ein Dringlichkeitsvermerk der internationalen Polizeibehörde Interpol vorgelegen habe. Auf Facebook erklärte er: Der spanischen Polizei liege ein „Dringlichkeitsvermerk“, eine sogenannte Red Notice vor.

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In Werken wie „Die Tage ohne Vater“ und „Annes Schweigen“ hat sich Dogan Akhanli mit Menschenrechten und Migration auseinandergesetzt. Oft hat er an den Völkermord an den Armeniern erinnert.

Er schreibt über Menschenrechte

Dogan Akhanli wurde 1957 in der Türkei geboren. Nach dem Militärputsch 1980 ging er in den Untergrund. Er war zwei Jahre in einem Militärgefängnis inhaftiert, ehe er 1991 mit seiner Familie nach Deutschland fliehen konnte.

Seit Mitte der 90er Jahre lebt Akhanli als Schriftsteller in Köln. Sein literarisches Werk handelt vielfach von Heimatsuche, Verbrechen gegen die Menschenwürde und den Völkermorden des 20. Jahrhunderts. 2001 erhielt der Autor die deutsche Staatsbürgerschaft.

Mehrere Deutsche in der Türkei inhaftiert

Ministerpräsident Tayyip Erdogan erhöht den Druck.
Ministerpräsident Tayyip Erdogan erhöht den Druck. © REUTERS | Umit Bektas

In dieser Woche wurde bereits eine deutsch-türkische Rechtsanwältin in der Türkei inhaftiert. Das teilte das Auswärtige Amt am Freitag der Frankfurter Allgemeinen Zeitung mit. Die Rechtsanwältin mit deutschem und türkischen Pass könnte „wegen Vorwürfen politischer Natur“ festgesetzt worden sein, sagte Außenamtssprecher Martin Schäfer der Zeitung.

Das ehemals partnerschaftliche Verhältnis zwischen Istanbul und Berlin ist längst zur politischen Machtprobe geworden. Seitdem werden auch immer wieder deutsche Staatsbürger in der Türkei verhaftet. Im Februar 2017 wurde der deutsch-türkische „Welt“-Korrespondent Deniz Yücel festgenommen. Der Vorwurf: Volksverhetzung und Terrorpropaganda.

Journalisten und Menschenrechtsaktivisten im Visier

In Haft befindet sich auch die deutsche Journalistin und Übersetzerin Mesale Tolu Corlu. Appelle der Bundesregierung zur Freilassung bleiben folgenlos. Seit dem Putschversuch nehmen türkische Behörden nach Angaben des Auswärtigen Amtes 22 deutsche Staatsbürger fest; 9 von ihnen sitzen derzeit in Haft. Allen werden politische Straftaten vorgeworfen.

Mitte Juli 2017 sorgt die Inhaftierung von zehn Menschenrechtsaktivisten für Empörung. Sie waren bei einem Workshop zum Thema „Digitale Sicherheit und Informationsmanagement“ in Istanbul festgenommen worden. Unter ihnen ist auch der deutsche Medienrechtler Peter Steudtner. Der Vorwurf: Unterstützung einer Terrororganisation. (epd/sth/dpa)