Washington. Donald Trumps Wähler werden ungeduldig. Jetzt braucht er einen innenpolitischen „Erfolg“. Und opferte das Pariser Klimaabkommen.

Als Donald Trump im Januar seine Antrittsrede hielt, war das Entsetzen weltweit groß. Der Präsident der Vereinigten Staaten – ein Populist, Wutbürger und Demagoge. Heute weiß man, es war nur der Auftakt zu einem Trauerspiel. Die verantwortungslose Flucht aus dem Pariser Klimaschutzvertrag ist der vorläufige Tiefpunkt.

Die Liste der übertriebenen, verfälschten, aus dem Zusammenhang gerissenen oder schlicht erlogenen Argumente, die für den Ausstieg herangezogen wurden, ist lang. Nur ein Beispiel: Trump behauptet, China und Indien sei es erlaubt, Hunderte umweltschädliche Kohlekraftwerke zu bauen, Amerika dagegen nicht.

Tatsache ist: Nirgends enthält das Pariser Abkommen ein solches Verbot. Den einzigen Grund, warum in den USA die Kohle im Sinkflug ist, produziert der freie Markt. Durch Fracking gewonnenes Schiefergas ist billiger. Solar- und Windenergie boomen sowieso. Wer so unlauter redet, mit dem kann man nicht (nach-)verhandeln. Chapeau, dass der neue französische Präsident das unmissverständlich klargemacht hat.

Trump sieht die Welt als Arena

Um die ganze Schäbigkeit des Klimaschutzkiller-Auftritts Trumps zu ermessen, muss man die Ebene der ansteigenden Meeresspiegel, Temperaturbegrenzungen und CO2-Schadstoffmengen kurz verlassen. Trumps Kernbotschaft war eine andere. Er will die Axt an internationale Vereinbarungen legen. Die Bindekraft von Konstrukten, die dem Interessenausgleich auf globaler Bühne dienen, sind ihm suspekt. Sie schränken den „Dealmaker“ ein, der im letzten Moment die Gegenseite über den Tisch zu ziehen versucht. Nato-Partner und G-7-Mitglieder konnten sich gerade davon überzeugen.

Trump sieht die Welt als Arena, in der sich unterschiedlich befähigte Gladiatoren gegenüberstehen. Er will, dass Amerika das schärfste Schwert hat. Und im Zweifel auch einsetzt. „America First.“ Rücksicht auf die Schwachen? Nächste Frage.

Anhänger wenden sich in Scharen von ihm ab

Beim alles überlagernden Thema Klimaschutz ist diese ganovenhafte Haltung fatal. Trump skizziert Amerika als den dummen Onkel der Weltgemeinschaft, den alle auslachen, nachdem sie ihm in die Jackentasche gegriffen haben. Barer Unsinn. Es wäre Trumps Pflicht und Schuldigkeit, den CO2-Fußabdruck eines jeden Amerikaners zu verkleinern. Denn niemand auf dieser Erde verbraucht und vergeudet pro Kopf mehr Energie. Wer jetzt noch glaubt, Trump schrecke vor irgendetwas zurück, um seine zusehends miserable Stellung im eigenen Volk aufzuhübschen, dem ist kaum mehr zu helfen. Denn nur darum geht es wirklich.

Donald Trump benötigt dringend einen innenpolitischen „Erfolg“. Alles andere, sieht man von der Installierung eines erzkonservativen Juristen am Obersten Gerichtshof ab, ist bisher gescheitert. Die Reform der Krankenversicherung Obamas, die Steuersenkung, der Einreisebann für Muslime, der (nicht erfolgte) Ausstieg aus dem Handelsvertrag mit Kanada und Mexiko, der sozial unausgewogene Staatshaushalt, das große Programm zur Ertüchtigung der Infrastruktur – fast überall liefern Trump und die ihn widerwillig tragenden Republikaner Worthülsen, Peinlichkeiten oder verunglückte Gesetze. Von der FBI-Russland-Affäre ganz zu schweigen.

Trumps Anhänger, das zeigen die Umfragen, wenden sich in Scharen leise von ihm ab. Noch ein Wahlversprechen zu brechen, wollte sich der Anti-Politiker im Weißen Haus nicht leisten. Darum musste „Paris“ sterben. Wenn die „vergessenen Männer“ in den Rostgürteln von Michigan bis Pennsylvania, die ihn gewählt haben, endlich merken, dass sie davon rein gar nichts haben, könnte Trumps letzte Stunde geschlagen haben.