Paris. 50 Prozent Frauen, 45 Prozent Nicht-Politiker: Mit der Auswahl seiner Regierungsmannschaft setzt Macron auf die politische Erneuerung.

Das Tauziehen dauerte zweieinhalb Tage, doch nun steht die neue Pariser Regierungsmannschaft. Ihre Mitglieder wurden erstmals bereits vor ihrer Ernennung sowohl vom Finanzministerium als auch von der vor drei Jahren geschaffenen Transparenzbehörde „durchleuchtet“. So sollte sichergestellt werden, dass sie in keiner Hinsicht vorbelastet sind.

Wobei das Kabinett tatsächlich jenen Geist der „Erneuerung“ und „Offenheit“ repräsentieren könnte, den Frankreichs jüngster Staatspräsident Emmanuel Macron hervorheben will: Es ist parteiübergreifend, zur Hälfte mit Frauen besetzt und bietet neben zwölf Politprofis auch zehn Vertreter der zivilen Gesellschaft auf.

Macron bricht mit traditionell harter Links-Rechts-Struktur

Für die Sozialistische Partei (PS) wie für die bürgerlichen Republikaner, die seit Jahrzehnten die harte Links-Rechts-Konfrontation pflegen, ist diese neue Regierungsmannschaft eine Kampfansage. Nachdem der sich selbst in der Mitte verordnende Präsident am Montag mit Edouard Philippe bereits einen Konservativen zum Premierminister berief, holte er nun noch drei weitere bürgerliche Politiker ins Kabinett, unter ihnen Sarkozys Ex-Landwirtschaftsminister Bruno Le Maire, der das Wirtschaftsministerium übernimmt.

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    Weniger überrascht die Präsenz sozialistischer Spitzenpolitiker, die schon vor dem Jahresende dem damaligen Präsidentschaftskandidaten ihre Unterstützung aussprachen. So wurde unter anderem Hollandes Ex-Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian zum Außenminister ernannt und der Lyoner Bürgermeister Gérard Collomb zum Innenminister.

    Liberale Zentrumspolitiker wie Francois Bayroud (Justiz), die Europaabgeordnete Sylvie Goulard (Verteidigung) oder Marielle Sarnez (Europa) runden das Bild einer Regierung ab, die weit über den traditionellen Parteigrenzen stehen will.

    Schon Sarkozy und Hollande wollten diesen Mann

    Der frühere Fernsehmoderator Nicolas Hulot bekommt unter Emmanuel Macron das „Ministerium der ökologischen Wende“, das Umwelt- und Energieressort vereinen soll.
    Der frühere Fernsehmoderator Nicolas Hulot bekommt unter Emmanuel Macron das „Ministerium der ökologischen Wende“, das Umwelt- und Energieressort vereinen soll. © REUTERS | Stephane Mahe

    Unter den Persönlichkeiten aus der Zivilgesellschaft stechen zwei hervor, die beinahe jeder Franzose kennt und schätzt. So wurde dem Ex-Fernsehmoderator und wohl bekanntesten Umweltaktivisten des Landes, Nicolas Hulot, ein das Umwelt- sowie Energieressort vereinende „Ministerium der ökologischen Wende“ anvertraut.

    Sowohl Nicolas Sarkozy als auch Francois Hollande, Macrons Vorgänger im Elysée-Palast, hatten sich vergeblich bemüht, Hulot für ein Ministeramt zu gewinnen. Außerdem wurde die höchst populäre Laura Flessel, eine mehrfache Olympia- und Weltmeisterin im Degenfechten aus dem französischen Überseedepartment Guadeloupe, zur Sportministerin ernannt.

    Nationalversammlung muss Macrons Kabinett bestätigen

    Macron hatte bereits am Dienstag erklären lassen, dass sein Regierungskabinett aus Wunschkandidaten bestehen und auf Dauer ausgelegt sein werde. Doch über den zweiten Punkt entscheiden erst die Parlamentswahlen am 11. und 18. Juni. Nur wenn die Kandidaten von Macrons gerade einmal 13 Monate alter Bewegung „En Marche!“ in der neuen Nationalversammlung eine absolute oder relative Mehrheit erobern, können die soeben ernannten Minister im Amt bleiben.

    Auch deswegen ist das Wunschkabinett des Präsidenten erst einmal ein Wahlkampfkabinett. Ihm bleiben weniger als vier Wochen, um die Franzosen davon zu überzeugen, es mit ihrem Votum ebenso zu bestätigen wie die sozialliberalen Reformpläne Macrons.

    Die Karriere von Präsident Macron

    Europa im Blick: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron macht sich für eine Neugestaltung der Politik der Europäischen Union stark. Bilder seiner Karriere.
    Europa im Blick: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron macht sich für eine Neugestaltung der Politik der Europäischen Union stark. Bilder seiner Karriere. © REUTERS | POOL
    Emmanuel Macron ist der jüngste Präsident Frankreichs. Mit 39 Jahren wurde er zum Staatsoberhaupt gewählt. Die Stichwahl am 14. Mai 2017 entschied er klar für sich. Auch bei der Wahl zur Nationalversammlung im Juni erreichte seine Partei die absolute Mehrheit.
    Emmanuel Macron ist der jüngste Präsident Frankreichs. Mit 39 Jahren wurde er zum Staatsoberhaupt gewählt. Die Stichwahl am 14. Mai 2017 entschied er klar für sich. Auch bei der Wahl zur Nationalversammlung im Juni erreichte seine Partei die absolute Mehrheit. © Getty Images | Aurelien Meunier
    Hinter Macron steht die von ihm 2016 gegründete politische Bewegung „En Marche!“ (In Bewegung). Einen klassischen Parteiapparat hat er bislang nicht. Macron führte sein Wahlkampfteam wie ein Start-Up-Unternehmen.
    Hinter Macron steht die von ihm 2016 gegründete politische Bewegung „En Marche!“ (In Bewegung). Einen klassischen Parteiapparat hat er bislang nicht. Macron führte sein Wahlkampfteam wie ein Start-Up-Unternehmen. © dpa | Michel Spingler
    Der Arztsohn war bis 2012 gut bezahlter Investmentbanker bei Rothschild & Cie., dann holte ihn der damalige Präsident François Hollande als Berater in den Elysée-Palast. Von 2014 bis 2016 war er Wirtschaftsminister.
    Der Arztsohn war bis 2012 gut bezahlter Investmentbanker bei Rothschild & Cie., dann holte ihn der damalige Präsident François Hollande als Berater in den Elysée-Palast. Von 2014 bis 2016 war er Wirtschaftsminister. © REUTERS | FRANCOIS LENOIR
    Anschließend ist Macron aus dem Schatten seines Mentors im Elysée-Palast getreten, hat eine politische Blitzkarriere gemacht und den Sozialisten beerbt.
    Anschließend ist Macron aus dem Schatten seines Mentors im Elysée-Palast getreten, hat eine politische Blitzkarriere gemacht und den Sozialisten beerbt. © REUTERS | REGIS DUVIGNAU
    Macron ist unkonventionell, er will „weder rechts noch links“ sein.
    Macron ist unkonventionell, er will „weder rechts noch links“ sein. © REUTERS | REUTERS / JEAN-PAUL PELISSIER
     Er gilt als Mitte-Links-Politiker, seine Ausrichtung ist sozialliberal.
    Er gilt als Mitte-Links-Politiker, seine Ausrichtung ist sozialliberal. © REUTERS | BENOIT TESSIER
    Berührungsängste hat er jedenfalls nicht. Weder bei den französischen Bürgern, ...
    Berührungsängste hat er jedenfalls nicht. Weder bei den französischen Bürgern, ... © REUTERS | POOL
    ... noch bei Tieren.
    ... noch bei Tieren. © dpa | Eric Feferberg
    Manche nennen den Politjungstar den „französischen Kennedy“. Schon vor der Wahl war von einer „Macromania“ die Rede.
    Manche nennen den Politjungstar den „französischen Kennedy“. Schon vor der Wahl war von einer „Macromania“ die Rede. © Getty Images | Aurelien Meunier
    Verheiratet ist Macron seit 2007 mit Brigitte Macron. Die beiden kennen sich seit seiner Schulzeit.
    Verheiratet ist Macron seit 2007 mit Brigitte Macron. Die beiden kennen sich seit seiner Schulzeit. © dpa | Eric Feferberg
    Brigitte Macron war damals seine Französischlehrerin. Sie hat drei Kinder aus erster Ehe, zwei davon älter als Macron.
    Brigitte Macron war damals seine Französischlehrerin. Sie hat drei Kinder aus erster Ehe, zwei davon älter als Macron. © dpa | Christophe Ena
    Das ungewöhnliche Paar bringt Glamour in den Élysée-Palast.
    Das ungewöhnliche Paar bringt Glamour in den Élysée-Palast. © dpa | Yoan Valat
    Macron ist wie so viele andere Spitzenpolitiker Frankreichs Absolvent der Elite-Hochschule ENA. Doch er sieht sich nicht als Teil des politischen Establishments, sondern als Erneuerer, der Frankreich aufrütteln und modernisieren will.
    Macron ist wie so viele andere Spitzenpolitiker Frankreichs Absolvent der Elite-Hochschule ENA. Doch er sieht sich nicht als Teil des politischen Establishments, sondern als Erneuerer, der Frankreich aufrütteln und modernisieren will. © dpa | Eric Feferberg
    Der haushohe Sieg bei der Parlamentswahl gibt Macron ausreichend Rückhalt für sein Reformprogramm.
    Der haushohe Sieg bei der Parlamentswahl gibt Macron ausreichend Rückhalt für sein Reformprogramm. © Getty Images | Sylvain Lefevre
    Der achte Präsident der Fünften Republik will die französische Wirtschaft wieder in Schwung bringen.
    Der achte Präsident der Fünften Republik will die französische Wirtschaft wieder in Schwung bringen. © dpa | Valentin Flauraud
    Dafür plant er unter anderem eine Lockerung des Arbeitsrechts.
    Dafür plant er unter anderem eine Lockerung des Arbeitsrechts. © dpa | Etienne Laurent
    Ob das an seiner Beliebtheit kratzen wird?
    Ob das an seiner Beliebtheit kratzen wird? © REUTERS | POOL
    Macron, die mächtigste Frau Europas und der mächtigste Mann der Welt: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der US-Präsident Donald Trump sind zwei Spitzenpolitiker, an denen Macron seit seinem Amtsantritt ganz wesentlich seine Selbstdarstellung ausgerichtet hat.
    Macron, die mächtigste Frau Europas und der mächtigste Mann der Welt: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der US-Präsident Donald Trump sind zwei Spitzenpolitiker, an denen Macron seit seinem Amtsantritt ganz wesentlich seine Selbstdarstellung ausgerichtet hat. © REUTERS | REUTERS / POOL
    Auf dem EU-Gipfel in Brüssel (Belgien) am 28. Juni 2018 zeigte der selbstbewusste junge Staatschef demonstrativ die Nähe zu Merkel.
    Auf dem EU-Gipfel in Brüssel (Belgien) am 28. Juni 2018 zeigte der selbstbewusste junge Staatschef demonstrativ die Nähe zu Merkel. © dpa | Geert Vanden Wijngaert
    Auch den amerikanischen Präsidenten Donald Trump traf Macron 2017.
    Auch den amerikanischen Präsidenten Donald Trump traf Macron 2017. © Getty Images | Matt Cardy
    In Frankreich trifft Macron auch auf viel Widerstand mit seiner Politik. Hier protestieren in Paris Demonstranten gegen Macrons Plan für eine Justizreform.
    In Frankreich trifft Macron auch auf viel Widerstand mit seiner Politik. Hier protestieren in Paris Demonstranten gegen Macrons Plan für eine Justizreform. © dpa | Francois Mori
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