Ramallah. Bundespräsident Steinmeier stand bei seiner Reise nach Israel unter hohem Erwartungsdruck – und sorgte für eine politische Premiere.

Der Bundespräsident macht aus seiner Ungeduld keinen Hehl. Es sei jetzt endgültig Zeit, dass Israelis und Palästinenser wieder über einen dauerhaften Frieden verhandelten, mahnt Frank-Walter Steinmeier im Amtssitz des palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas in Ramallah. Abbas steht neben ihm im großen Saal, er nickt zufrieden, als Steinmeier sagt: „Es ist wirklich dringlich geworden, dass die Umsetzung der Vorschläge für eine Zweistaaten­lösung tatsächlich gelingen muss.“

Eben hat ihm Abbas mit Zuversicht von seinem Treffen mit dem amerikanischen Präsidenten Donald Trump in Washington berichtet. Der wird in zwei Wochen mit Spannung nicht nur in Israel erwartet, Trump hat sich Abbas zufolge auch in Bethlehem in den Palästinensischen Gebieten angesagt. Er habe Trump versichert, „dass wir bereit sind, mit ihm zusammenzuarbeiten und den israelischen Regierungschef (Benjamin Netanjahu) unter seiner Schirmherrschaft zu treffen, um Frieden zu schließen“, sagte Abbas.

Ringen um eine Lösung

Bahnt sich da eine neue Friedensinitiative an? Steinmeier zeigte sich erfreut über das Signal, er sieht „sehr interessante Zeiten“, seine Zuversicht aber hält sich erkennbar in Grenzen. Man habe schon oft interessante Ansätze für den Frieden in Nahost erlebt, die am Ende erfolglos geblieben seien, gibt er zu bedenken.

Frank-Walter Steinmeier (l.) beim Treffen mit dem palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas.
Frank-Walter Steinmeier (l.) beim Treffen mit dem palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas. © REUTERS | MOHAMAD TOROKMAN

Es ist der letzte Tag seines Nahost-Besuchs, der Bundespräsident ist im Zwiespalt. Steinmeier ist erleichtert, einerseits: Er hat die unerwartet heikle Mission in Israel gut gemeistert und die Differenzen offen, aber freundschaftlich angesprochen, ohne einen neuen Eklat zu riskieren. In der Delegation herrscht Zufriedenheit, mit diesem guten Ausgang war nicht unbedingt zu rechnen.

Aber jetzt in Ramallah ist der Präsident andererseits mit den hohen Erwartungen konfrontiert, die an die Deutschen im Ringen um eine Friedenslösung immer noch gerichtet werden. Abbas wünscht sich eine Vermittlerrolle der Deutschen, die als ehrliche Makler gelten. Der Palästinenserpräsident nennt Steinmeier einen „Freund“.

Unterstützer des Terrors

Es passt ins Bild, dass der Bundespräsident als erster hochrangiger Politiker Deutschlands einen Kranz am Grab des 2004 verstorbenen Palästinenserführers Jassir Arafat niederlegt. Arafat wurde 1994 gemeinsam mit Israels damaligem Regierungschef Izchak Rabin und Außenminister Schimon Peres mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Vielen Israelis galt er dennoch als Unterstützer des Terrors. Beim Empfang mit militärischen Ehren an der Seite von Abbas verneigt sich Steinmeier auch vor der palästinensischen Flagge.

Frank-Walter Steinmeier legte einen Kranz am Grab von Arafat nieder.
Frank-Walter Steinmeier legte einen Kranz am Grab von Arafat nieder. © REUTERS | MOHAMAD TOROKMAN

Und zuvor, bei einer Begegnung mit Krankenpflegeschülern, zeigt Steinmeier viel Verständnis für die schwierige Situation der überwiegend muslimischen Jugendlichen – die Arbeitslosigkeit ist hoch hier, das Leben im Schatten der israelischen Sperranlagen beschwerlich, wie sie berichten. Doch wie oft hat Steinmeier früher als Außenminister bei seinen Besuchen in den Palästinensergebieten schon neue Friedensverhandlungen gefordert und für eine Zweistaatenlösung plädiert? Er weiß um die beschränkte Rolle, die Deutschland und Europa im Dauerkonflikt des Nahen Ostens spielen können.

Trump als Vermittler

Größere Fortschritte sind nur zu erwarten, wenn US-Präsident Donald Trump tatsächlich den Anstoß für den Neustart des Friedensprozesses geben sollte. Doch was Trump wirklich will, darüber rätselt Steinmeier jetzt genauso wie seine Gastgeber. Trump hat Israels Premier Benjamin Netanjahu den Rücken gestärkt, aber zuletzt auch Abbas unerwartet freundlich empfangen. Es müsse zu einem Friedensabkommen kommen, das beiden Völkern erlaube, in Frieden und Wohlstand zu leben, hat Trump gefordert und sich als Vermittler angeboten. Abbas ist deshalb optimistisch, dass der Nahostkonflikt gelöst werden kann.

Aber ob Trump liefert, ist ungewiss. Doch ohne seine Initiative werden sich Israelis und Palästinenser kaum bewegen. Bei Netanjahu hat Steinmeier wieder – vergeblich - für eine Zweistaaten­lösung geworben. Und nun kippt auch auf der anderen Seite die Stimmung, Abbas schwächelt: Zwei Drittel der Palästinenser wollen seinen Rücktritt, 60 Prozent glauben nicht, dass die Zweistaaten­lösung eine Chance hat. Kommt ein neuer Vorstoß womöglich zu spät?

Menschen wollen Frieden

Solange neue Verhandlungen nicht in Sicht sind, setzt der Bundespräsident auf zivile Zusammenarbeit, die das Vertrauen zwischen Israelis und Palästinensern stärken soll. Abbas ermuntert, bei der Kooperation von Wissenschaftlern voranzugehen. Auf diese Weise seien Fortschritte möglich, glaubt er. Bestärkt sieht sich Steinmeier vom Besuch der israelisch-arabischen Begegnungsstätte Givat Haviva, wo junge Israelis und Palästinenser gemeinsam lernen.

„Sie sind erfolgreich, wo Politiker scheitern“, erklärt er den Verantwortlichen dort. Aber auch das Gespräch mit den Krankenpflegeschülern hat ihn ermutigt: „Die Menschen wollen den Frieden“, sagt Steinmeier zu Abbas, „und sie setzen mit ihren Aktivitäten ein eigenes Beispiel.“