Berlin. Kanzlerin Merkel, Außenminister Gabriel und SPD-Spitzenkandidat Schulz feiern Macrons Erfolg. Doch es gibt potenzielle Reibungspunkte.
Dass der unabhängige französische Präsidentschaftskandidat Emmanuel Macron in Berlin ein gern gesehener Gast ist, wurde bereits vor Wochen deutlich. Mitte März hatte ihn Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) empfangen. Außenminister Sigmar Gabriel lobte ihn nach einem Treffen über den grünen Klee.
Dementsprechend groß war die Erleichterung hierzulande über den Erfolg Macrons bei der ersten Wahlrunde am Sonntag. „Alles Gute für die nächsten 2 Wochen“, hatte Regierungssprecher Steffen Seibert im Namen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) getwittert.
Am 7. Mai findet die Stichwahl gegen die rechtsextreme Rivalin Marine Le Pen statt. Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) sagte am Rande eines Besuchs in der jordanischen Hauptstadt Amman: Macron habe den Mut, die Ideen und die Kraft, sein Land „aus der Lethargie zu führen“ und die Spaltung Europas zu überwinden.
SPD-Kandidat Schulz feiert bereits eine Reform der EU
SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz schwärmte bereits von seinem „zukünftigen Partner bei der Reform der Europäischen Union“. Derartige Bekenntnisse zu noch nicht abgeschlossenen Wahlen im Ausland sind eher selten. Daraus spricht die Genugtuung, dass sich der europafreundliche Kurs von Macron durchgesetzt hat. Sowohl die Rechtspopulistin Le Pen als auch der Linkspopulist Jean-Luc Mélenchon hatten scharfe Kritik an der Sparpolitik der EU geübt. Le Pen will sogar ihr Land aus der Eurozone führen und ein Referendum über den Ausstieg aus der EU starten.
Auch aus der Wirtschaft kam jede Menge positive Resonanz. „Frankreich hat sich für einen proeuropäischen Politiker als Topkandidaten ausgesprochen“, sagte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Dieter Kempf. „Das ist gut so.“ Macron mache sich für internationale Zusammenarbeit und einen offenen Welthandel stark.
„Für die deutschen Unternehmen ist wichtig, dass Frankreich als starker EU-Partner auch künftig gute und stabile Rahmenbedingungen für eine wettbewerbsfähige Wirtschaft bietet“, betonte auch der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer. Frankreich war 2016 der wichtigste Außenhandelspartner Deutschlands nach China: Das Handelsvolumen lag bei 167 Milliarden Euro. Der deutsche Markt ist das französische Exportziel Nummer eins und zugleich wichtigstes Lieferland.
Die Kandidaten der Frankreich-Wahl
Macron will deutsch-französische Beziehungen verbessern
Der deutsche Leitindex Dax erreichte am Montag sogar einen Rekordstand. „Setzt sich Emmanuel Macron auch beim zweiten Urnengang am 7. Mai durch, dürfte die deutsche Industrie durchatmen“, erklärte der Chefvolkswirt der Liechtensteiner VP Bank, Thomas Gitzel.
Macron will die deutsch-französischen Beziehungen intensivieren. Insbesondere bei Verteidigung und Wirtschaft schwebt ihm ein enger Schulterschluss vor. „In der Verteidigungs- und in der Sicherheitspolitik können wir eine deutsch-französische Kooperation starten, die Italien und Spanien – ja selbst Großbritannien – eingliedert“, sagte er kürzlich unserer Redaktion. „Europa ist immer dann vorangekommen, wenn eine Avantgarde mutig die Initiative ergriffen hat und die Mitgliedsstaaten um sich scharte.“ So sollen 5000 zusätzliche gemeinsame Polizisten die Schengen-Außengrenzen besser schützen.
Macron will ein öffentliches Investitionsprogramm auferlegen
Das heißt jedoch nicht, dass mit Macron die große deutsch-französische Euphorie ausbrechen würde. So hat der Präsidentschaftskandidat bereits deutlich gemacht, dass ihm der kräftige Handelsüberschuss der deutschen Wirtschaft ein Dorn im Auge ist. Die wirtschaftliche Stärke Deutschlands sei „in der jetzigen Ausprägung nicht tragbar“, unterstrich er. Hier müsse ein „Ausgleich“ geschaffen werden. Macron denkt hier zum Beispiel an üppige staatliche Investitionsprogramme – etwa in die Infrastruktur oder das Breitbandnetz, um das heimische Wachstum zu fördern und ein Gegengewicht zur deutschen Exportstärke zu errichten.
Für Frankreich hat Macron bereits ein öffentliches Investitionspaket in Höhe von 50 Milliarden Euro angekündigt. Rund ein Drittel davon soll in Fortbildungsmaßnahmen für Jugendliche und Arbeitslose fließen. Darüber würde der 39-Jährige künftig gern mit Merkel oder Gabriel diskutieren – das nächste Mal als Präsident.