Washington. Donald Trump hat sich bisher wenig in die Karten blicken lassen oder war wankelmütig in seinen Aussagen. Was plant er, auf wen hört er?
Der Akt, mit dem vor wenigen Wochen niemand gerechnet hatte, ist vollzogen. Seit Freitagnachmittag sitzt in Amerika Donald Trump an den Hebeln der Macht. Wie regiert der neue US-Präsident? Und mit wem? Was darf er? Und wer kann ihn bremsen? Eine Übersicht zum Start.
Sind Trump und sein Kabinett schon eine homogene Einheit?
Was das Privatvermögen angeht – ja. Mit zusammen 14 Milliarden Dollar stellt Trumps 21-köpfige Ministermannschaft das reichste Kabinett in der US-Geschichte. Wie sensibel für die Nöte der Armen und der Arbeiterschicht die zu 75 Prozent aus weißen Männern bestehende Republikaner-Garde ist, in der zum ersten Mal seit Langem kein Vertreter der wachsenden Latino-Gemeinde sitzt, bleibt abzuwarten.
Erst einmal müssen die Herren und Damen Minister den „Tüv“ im Senat überstehen. Die laufenden Anhörungen haben je nach Person höfliche Bewerbungsgespräch-Atmosphäre oder den Charakter von Spießrutenlaufen. Ein Grund: Selbst bei Kandidaten, bei denen das Durchwinken als sicher gilt, fallen eklatante Meinungsverschiedenheiten mit dem Chef auf.
Welche unterschiedlichen Ansichten gibt es im Kabinett?
Der Öl-Industrielle Rex Tillerson (Außenministerium) hält anders als Trump Russland für „gefährlich“. General James Mattis (Verteidigung) glaubt, dass man die Nato „erfinden müsse, wenn es sie nicht bereits geben würde“. Beide sind der Ansicht, dass man Bündnisse pflegen und daher den Atomvertrag mit dem Iran nicht wie von Trump avisiert stornieren sollte.
John Kelly (Heimatschutz) hält es für einen Irrtum, bei der Bekämpfung von illegaler Einwanderung allein auf den Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko zu setzen. Mike Pompeo (Geheimdienst CIA) schloss aus, dass unter seiner Führung die von Trump als „bewährt“ bezeichnete Foltermethode Waterboarding wieder eingeführt wird.
Jeff Sessions (Justiz), gegen den sich wegen Rassismusverdachts mehrere Landes-Justizminister ausgesprochen haben, will anders als Trump Muslime nicht generell an der Einreise in die USA hindern.
Wer entscheidet am Ende?
Formal natürlich Trump. Aber er hat auch jede Menge Berater in seinem engen Umfeld, die keinen Ministerrang besitzen und nicht den Eignungstest im Senat überstehen müssen. Schwiegersohn Jared Kushner und Lieblingstochter Ivanka gebühren Schlüsselrollen. Genauso dem rechtspopulistischen „Amerika zuerst!“-Ideologen Stephen Bannon und dem wegen seiner Islam-Feindlichkeit und Russland-Freundlichkeit umstrittenen Nationalen Sicherheitsberater Michael Flynn.
Auch Stabschef Reince Priebus, Verbindungsmann zum Kongress, ist wichtig. Trump lässt bisher offen, wie seine Marschrichtung konkret aussehen wird und wer sie am stärksten prägen darf. Biografen erkennen ein Muster: „Er hetzt die Leute gegeneinander auf, um zu sehen, wer am Ende noch steht.
Ist die Regierungsbildung bereits in trockenen Tüchern?
Nein. Trump hinkt bei der Besetzung von insgesamt 700 im Senat zustimmungspflichtigen Posten stark hinterher. Bisher wurden erst 30 Stellen besetzt. Die scheidende Regierung rechnet mit einem „holprigen Start“. Möglicherweise steht Trump am Montag de facto ohne funktionstüchtige Regierung da. Zumal bei einigen Kandidaten ein Straucheln nicht ausgeschlossen ist.
Was darf Trump eigentlich als Präsident – und wer könnte ihn bremsen?
Trump ist ab jetzt Staatsoberhaupt, Regierungschef und Oberbefehlshaber der größten Streitmacht der Erde in Personalunion. Er bestimmt die Richtlinien der Politik, ernennt und entlässt Minister, hat die Federführung in allen Verhandlungen mit dem Kongress. Auch bestimmt er die ideologische Linie neu zu besetzender Richter am Obersten Gerichtshof. Nach innen kann er im Parlament entwickelte Gesetze blockieren. Um ihn zu überstimmen, müssen Senat und Repräsentantenhaus eine Zweidrittelmehrheit aufbieten.
Außerdem kann Trump wie seine Vorgänger mit besonderen Anordnungen (executive order) Recht setzen. Die nicht regierende Partei sieht darin regelmäßig eine „imperiale Kompetenzüberschreitung“. Obama hat in acht Jahren 200 „executive orders“ verfügt, der Republikaner Ronald Reagan, Trumps großes Vorbild, fast 500.
Donald Trump legt seinen Amtseid ab
Nach außen hat die Verfassung Trump in der Frage von Krieg und Frieden für 90 Tage mit dem Privileg ausgestattet, auf eigene Faust einen Militäreinsatz anordnen zu können. Erst danach muss der Kongress gehört werden. Trumps Laufzeit als Präsident ist durch die Verfassung auf zwei mal vier Jahre begrenzt. Allerspätestens 2024 ist also Schluss. Dann wäre er 77.
Nur bei kriminellen Machenschaften hat das Instrument der Amtsenthebung (impeachment) eine Chance. Auch hier ist eine Zweitdrittelmehrheit des Parlaments notwendig. Weil die Republikaner in beiden Kammern die Mehrheit haben, kann Trump bis 2018 einigermaßen entspannt regieren.
Kann er Atomwaffen im Alleingang einsetzen?
Trump hat die uneingeschränkte Befehlsgewalt über die atomaren Waffenarsenale. Und in diesem Koffer steckt der Schlüssel für den Untergang der Welt: Kilogramm schwer, extra gesichert, schwarzes Leder außen, innen Metall, mit einer Antenne ausgerüstet, hergestellt von der Firma Zero Halliburton in Utah. Darin ein tragbarer Computer. Mit Zieladressen für den Abwurf von Atombomben.
Ein Offizier, stets in der Nähe Trumps, hat den Aktenkoffer (genannt: Football) ständig bei sich. Um ihn zu aktivieren, muss Trump den „Biscuit“ (Keks) einsetzen. Eine Scheckkarte mit einem Identifizierungscode. Damit wird die Verbindung zum Pentagon hergestellt. Niemand kann dort eingreifen, wenn der Präsident den Einsatz befiehlt – es sei denn, es wird gemeutert. Der Verteidigungsminister muss zustimmen, hat aber kein Vetorecht.
Womit wird sich Trump in den ersten 100 Tagen beschäftigen?
Mit der Demontage von Obamas Vermächtnis. Trump wird in den kommenden Wochen schnell eine stärkere Grenzsicherung anordnen, vielleicht auch einen Aufnahmestopp für Flüchtlinge aus Syrien. Zu den ersten Amtshandlungen gehört auch der endgültige Stopp des Freihandelsabkommens TPP mit Asien.