Berlin. Das NPD-Verbot ist gescheitert, die Rechten feiern. Ein Schlag ins Gesicht all jener, die unter ihnen leiden. Die Politik hat versagt.

Immerhin ist Malu Dreyer noch von sich selbst überzeugt. Das Verbotsverfahren gegen die NPD sei „konsequent“ gewesen, sagte die Bundesratspräsidentin, und der Weg nach Karlsruhe war richtig.

So klingen Rückzugsgefechte. Denn der Weg nach Karlsruhe führte zur nächsten Niederlage. Das Gericht war nicht überzeugt – kein einziger der sieben Richter. Zum zweiten Mal scheiterte bei den Verfassungsrichtern ein NPD-Verbotsverfahren. Das ist eine Blamage.

Urteil ist ein Schlag ins Gesicht

Im Gerichtssaal postierten sich nach der Verkündung des Urteils die NPD-Spitzen vor den Kameras, feierten den Sieg über das „System“, das sie bekämpfen. Die Bühne gehörte gestern den Falschen. In diese politische Falle tappten Union, SPD und Grüne mit dem gescheiterten Verfahren. Der gefährliche Nachhall kann auch in ein selbstbewussteres und weiterhin steuerfinanziertes Auftreten der NPD gerade in manchen ostdeutschen Gemeinden münden.

Und so ist das Urteil der Verfassungsrichter auch ein Schlag ins Gesicht für all diejenigen, die in manchen Regionen den Attacken und Drohungen der Rechtsextremen ausgesetzt sind. Genau diese menschenverachtenden und anti-demokratischen Ziele der NPD zeichneten die Richter ausführlich in ihrer Urteilsbegründung nach. So viele Seiten an Belegen für Hass wurden selten in diesem Gerichtssaal verlesen.

Erneutes Verfahren bleibt politischer Aktionismus

Doch für ein Verbot reichten diese „Einzelfälle“ nicht. Zu schwach sei die NPD. Zugespitzt: Die Neonazis sind zu jämmerlich, um Demokraten gefährlich zu werden. Verfassungsrechtlich jedenfalls.

Als die Länder 2012 mit dem erneuten Versuch eines NPD-Verbots vor Gericht zogen, waren die Bilder der mordenden Terrorgruppe NSU noch frisch, die Debatte um Konsequenzen aus dem Staatsversagen hitzig. Die Regierungen taten einiges, um Verfassungsschutz und Polizei zu reformieren. Sie führten eine Neonazi-Datei ein, schafften schärfere Dienstvorschriften für die Behörden. Wichtige Maßnahmen. Das erneute angestrebte NPD-Verbot blieb in der Rückschau eher politischer Aktionismus.

Justiz muss Härte zeigen

Die Karlsruher Richter wollen keine Gesinnung verbieten – solange sie nicht die Säulen der Grundordnung gefährdet. Das ist nachvollziehbar. Ihr Ansatz, Extremisten mit Argumenten oder nach Straftaten mit Polizei und Justiz zu bekämpfen, ist richtig. Razzien gegen die „Weiße Wölfe Terrorcrew“ und Verfahren gegen einzelne Gruppen wie die „Old School Society“ sind wichtige Signale.

Doch trotz der Sanktionen kann der Staat die Gewalt von rechts nicht unter Kontrolle halten. Hassparolen im Internet verbreiten eine Kultur der Aggression. Die Übergriffe gegen Asylunterkünfte sind drastisch gestiegen, die Täter werden zu selten rechtlich belangt. Vor allem hier muss die Justiz mehr Härte zeigen.

AfD ist mächtiger als die NPD

Der Kampf gegen Extremismus wäre auch mit einem Verbot der NPD nicht beendet gewesen. Die Asylpolitik der Bundesregierung hat die Gesellschaft polarisiert, einst unpolitische Nachbarn zeigen sich offen für die Parolen der Rechtsextremen. Dort wachsen neben der NPD längst neue Kräfte, etwa die Hardcore-Truppe vom „III. Weg“ oder „Die Rechte“. Und rechts in der Parteienlandschaft breitet sich die AfD aus.

Viele ihrer Akteure streben nach konservativer Politik, doch manche fischen im radikalen Milieu. Vor allem diese Rechtsaußen-Kräfte in der „Alternative“ muss im Blick behalten, wer sich gegen fremdenfeindliche Politik einsetzt. Denn anders als die NPD ist die AfD mächtig genug, um Einfluss auf die Grundordnung zu nehmen. Nicht nur in einzelnen ostdeutschen Gemeinden. Sondern auch im Zentrum der Demokratie.